laut.de-Kritik

Das Metal Musical zu Disneys "Frozen".

Review von

Willkommen zurück in Sonata Arcticas Winter Wonderland. Der Schnee glitzert, flauschige Wölfe heulen in romantischer Szenerie den Mond an, und kalt ist es bloß, wenn man die Decke weglegt, das Kaminfeuer löscht und vergisst, den Punsch aufzuwärmen. Aber keine Sorge: Die Komfortzone muss auf "Talviyö" (Winternacht) niemand verlassen – weder Hörer noch Band.

Mit "Message From The Sun" fasst die finnische Melodic Metal-Instanz zusammen, wofür sie seit Jahren steht. Eingängige Melodien, Epik, ein Power Metal-Unterbau, der eher wie ein Federbett als nach Hartstahl klingt, getragen von Tony Kakkos unverkennbarer Stimme und dazu Texte wie aus einem öffentlich-rechtlichen Familienfilm. Tony singt vom "circle of life" und wiederholt den Refrain so oft, dass wirklich jeder ihn noch während des ersten Durchlauf mitsingen kann. Nicht besonders aufregend, aber ziemlich sicher die nächste Bandhymne.

Wegen seiner prototypischen Qualitäten wirkt "Message From The Sun" wie der Prolog zum Album. Der eigentliche Spannungsbogen beginnt erst danach: Winterliche Windböen heulen, dann startet "Whirlwind" mit einem atmosphärischen, rhythmisch coolen Metalriff. In der fast siebenminütigen, gut strukturierten Komposition ist genug Zeit, dieses später wieder aufzugreifen und gekonnt weiterzuspinnen. Weil die Nummer sogar ziemlich umkitschig ausfällt, könnten Sonata Arctica damit neue Hörer außerhalb ihres Stammkreises gewinnen.

Weitere Überraschungen bleiben aber aus. Für die Power-Ballade "Cold" waten die Finnen nicht bloß durch meterdicken Schnee, sondern vor allem durch eine meterdicke Zuckerschicht. Während man Tony beim Anschmachten einer Person, die ihn in kalten Winternächten warmhalten soll, zuhört, entsteht unweigerlich das Bild eines Metal Musicals zu Disneys "Frozen" im Kopfkino. In einer Nebenrolle zu sehen: Ghosts Tobias Forge als unheiliger Nikolaus. Das folgende "Storm The Armada" könnte fast eins zu eins aus seiner Feder stammen.

Etwas aus dem Rahmen fällt "Ismo's Got Good Reactors". Rein instrumental betonen Sonata Arctica hier die Folk-Einflüsse in ihrer Musik. Schunkelrhythmus und einer Korpiklaani-Fidel nachempfundene Keyboard- und Gitarrensoli weisen den Weg zur Alm. Weg von einfachen Freuden hin zu erstaunlicher Komplexität gehts kurz vor Schluss noch mit dem Epos "The Raven Still Flies With You". Hier verbindet die Band ihre typisch weiten Melodiebögen mit überraschenden Prog-Metal-Zwischenspielen. Die bleiben zwar im Ausmaß moderat, funktionieren als Würze aber allemal, bevor das Album sinnlich mit dem träumerischen "Garden" ausklingt.

Zum Schluss mobilisiert Tony nochmal seine ganze lyrische Kraft und beschwört Freunde, Familie und am liebsten noch die ganze liebe Welt zum friedlichen Ringelreihen mit Akustikgitarre, Piano und himmlischen Synthesizern. "My life, my everything in the beautiful garden / Sunshine, friends, glass of wine / If this is a dream, my wish is to dream seven lifetimes." Hach, ist das schön.

Später gibts noch einen ganzen Garten voller Träume, Träume an deiner Seite, Träume, die in der Sonne glänzen und Nachwuchs. So abgedroschen das alles auch klingt: Nach einer Stunde in Sonata Arcticas wohlig warmem Winterversum geht man gerne darin auf.

Trackliste

  1. 1. Message From The Sun
  2. 2. Whirlwind
  3. 3. Cold
  4. 4. Storm The Armada
  5. 5. The Last Of The Lambs
  6. 6. Who Failed The Most
  7. 7. Ismo's Got Good Reactors
  8. 8. Demon's Cage
  9. 9. A Little Less Understanding
  10. 10. The Raven Still Flies With You
  11. 11. The Garden

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