laut.de-Kritik

Ob Axl Rose dagegen ansingen sollte?

Review von

"4" – mehr gibts eigentlich kaum zu sagen über das neue Album von Slash featuring Myles Kennedy & The Conspirators. Es ist eben das vierte Album des Elite-Kollektivs und klingt ganz genau so, wie man sich das vorstellt. Hardrock, nicht für den Kopf, sondern für Bauch, Füße und Frisur, voller Spielfreude, spaßigen, aber nicht sonderlich einprägsamen Riffs und jeder Menge Soli. Der größte Unterschied zu den Vorgängern besteht im Sound und der Philosophie im Studio. Auch der ist marginal.

Aufgenommen hat die Band – Slash, Kennedy, Rhythmusgitarrist Frank Sidoris, Bassist Todd Kerns und Drummer Brent Fitz – diesmal im RCA Studio A in Nashville, prägende Location des sogenannte 'Nashville Sounds', wo Leute wie Dolly Parton und B.B. King Recording-Sessions absolvierten. Als Produzent waltet dort mittlerweile hauptsächlich Dave Cobb. Dessen Portfolio reicht von High Class-Acts wie Lady Gaga ("A Star Is Born") bis Psychedelic-Underground (hört All Them Witches' "Sleeping Through The War"!). Nun verpasste er Slash einen roheren Sound als zuletzt; offensichtlich so gewollt, aber nicht durchgehend überzeugend.

Nahezu alles spielte die Band live ein, laut Slash inklusive Soli und Vocaltakes. Der Tightness der Band tut das freilich keinen Abbruch, eher im Gegenteil: Die Spontaneität in Slashs Spiel kommt gut zur Geltung, ebenso wie der Groove der Musiker untereinander. Man lausche zum Beispiel "Whatever Gets You By". Songs dagegen, die nicht gerade zu den inspiriertesten Kompositionen zählen, wie die plätschernde Ballade "Fill My World" und der manifestierte Dienst nach Vorschrift "April Fool", hätten von etwas mehr Politur und nachträglich ausgefeilten Vocallines wahrscheinlich profitiert.

Zudem gerät der Mix oft matschig, worunter in erster Linie Myles Kennedy leidet. Bei "C'est La Vie" droht seine Stimme in den laut aufgedrehten Gitarren zu versinken. Dass der Sänger dennoch (und trotz der melodischen Plattitüden in "Fill My World") übers ganze Album betrachtet einen stärkeren Eindruck hinterlässt als Slash selbst, manifestiert seinen momentanen Ausnahmestatus in der Rockwelt. Dass der Closer "Fall Back To Earth" als eins der Albumhighlights heraussticht, liegt zum Beispiel vor allem an Kennedys dynamischer Qualität. Axl Rose tut sich wahrscheinlich keinen Gefallen, dagegen auf einem angeblich in Arbeit befindlichen Guns N' Roses-Album anzusingen.

Die genannten Punkte stören freilich bloß, wenn man wirklich was zum Nörgeln sucht. "4" ist weit davon entfernt, deshalb ein schlechtes Album zu sein. Gerade, wenn man auf Slash und seinen Stil steht. Der Opener "The River Is Rising" kondensiert mit Uptempo-Riffing und heroischen Hooklines die Energie einer Rockshow in vier packende Minuten. Die entsprechenden Posen kommen von selbst, auch weil Kennedy gen Robert Plant schielt. "Actions Speak Louder Than Words" repräsentiert die lockere Seite des Rock'n'Roll und swaggert mit Cowbell und Schellenkranz die Sonnenbrille herbei. Dagegen stehen doomige Ansätze in "Whatever Gets You By" und "Spirit Love", wo Slash statt Gegniedel lieber auf muskulöse Riffs setzt.

Kurzum: "4" ist vertontes Rockstartum und lässt das Publikum wenigstens für die Dauer des Albums daran teilhaben.

Trackliste

  1. 1. The River Is Rising
  2. 2. Whatever Gets You By
  3. 3. C'est La Vie
  4. 4. The Path Less Followed
  5. 5. Actions Speak Louder Than Words
  6. 6. Spirit Love
  7. 7. Fill My World
  8. 8. April Fool
  9. 9. Call Off The Dogs
  10. 10. Fall Back To Earth

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