laut.de-Kritik

Die Schönheit dieses Techno-Albums ist schwer greifbar.

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Das englische Verb "to shed" bedeutet unter anderem "etwas loswerden". In diesem Sinne gebraucht, führt es beim Berliner Technoproduzenten Shed jedoch gänzlich in die Irre. Auf seinem Debütalbum zeigt er sich als Musiker mit Sinn für Tradition. Einflüsse aus der Techno-Erfinderstadt Detroit sind auf "Shedding The Past" nicht zu überhören.

Gleichzeitig umkreist die elf Tracks des Albums eine kräftige Portion isolationistische Postmoderne. "Shedding The Past" ist aufgrund dieser Voraussetzungen sicherlich alles andere als ein Massenprodukt. Zwar erscheint das Album auf Ostgut Ton, dem Label des zurecht gehypten Berliner Club Berghain. Aber selbst eingefleischte Technofreunde dürften mit den meisten Tracks so ihre Schwierigkeiten haben.

Das liegt in erster Linie daran, dass sie in den seltensten Fällen den zielstrebigen Drang zum Dancefloor unterstützen. "Shedding The Past" ist kein Album, das mit einfach kalkulierten Sounds und Effekten arbeitet. Seine Schönheit ist rauh und nicht im ersten Moment zu erfassen. Deshalb dauert es auch eine gewissen Zeit, bis sich die Wirkung der Stücke entfaltet. Dann jedoch strahlen Tracks wie die melancholisch schöne Nummer "The Lower Upside Down" umso heller.

Dazwischen gibt es mit "That Beats Everything" auch vergleichsweise konventionelle Kost für den Club. Straighter Four-To-The-Floor-Beat, angereichert mit manischen Handclaps, abgerundet durch ein paar gespenstische Sounds - Insiderstoff, nichts weniger.

Wilde Begeisterungsstürme wird man als DJ mit diesem Track sicherlich nicht auslösen. Wer jedoch ein paar intensive Momente in sein Set einflechten möchte, der dürfte auf "Shedding The Past" mehr als einmal fündig werden.

Am Ende bleibt zu attestieren, dass die Einflüsse aus Detroit überaus präsent sind. Dennoch ist "Shedding The Past" nicht retro. Das Album lebt im Hier und Heute. Insofern trifft "to shed" vielleicht doch den Kern der Sache. Dann nämlich, wenn man es als "sich häuten" übersetzt und versteht.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Boose-Sweep
  3. 3. Another Wedged Chicken
  4. 4. Flat Axe
  5. 5. Lower Upside Down
  6. 6. Slow Motion Replay
  7. 7. Waved Mind/Archive Document
  8. 8. Archive Document/That Beats Everything!
  9. 9. Ithaw
  10. 10. Estrange
  11. 11. Ostrich-Mountain Square

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