laut.de-Kritik

Eleganter Pop mit 60er-Appeal und bissigen Texten.

Review von

"Tägliche Landschaft" begeistert mit seinem luftigen Mix aus elegantem Pop mitsamt charmantem Sechziger-Jahre-Appeal, zusammengehalten durch mal amüsante, mal bissige Texte. Der Opener "Sinnloses Leiden" etwa sinniert effektiv mid-sxties-instrumentiert über krisengeschüttelte Erkenntnisse unharmonischer Zweisamkeit.

Im folgenden "Haut" zeigt sich Väterchen Pop von seiner ganz großen, emotionalen Seite: Mit großer Geste im unwiderstehlichen Refrain bekennen Ruben Cossani die eigentliche Wahrheit der (einst) geliebten Schönen gegenüber hinter dem allseits üblichen "Mir geht's gut"-Smalltalk-Gefasel: "Doch das ist nicht wahr / Meine Träume sind auf Sand gebaut / Ich trink' zuviel / Und lach' zu laut". Des Problems Lösung liegt auf der Hand: "Ab morgen geht's voran / Dann streich' ich dich aus meinem Plan".

Wehmütig-melancholisch berührt das schlank instrumentierte "Einmal In 10 Jahren". Ebenso wie "Besser Jetzt" jonglieren die Titel "Drüberschlafen" und "Halbes Herz" gekonnt-verspielt mit Anleihen an Kompositionen aus der Feder eines Burt Bacharach. Beat und zeitgemäßer Sixties-Elemente gehen stets eine beschwingt-gefühlvolle Pop-Ehe ein. "Nur" Pop? "Nur" Rückgriff auf die melodischen und musik-stilistischen Schönheiten der sechziger Jahre?

Aber nicht doch! Der famose "Zwillingsbruder" zeigt erneut die große Bandbreite der Band, hier mit aufregenden Jazz-Facetten. Thema, Text und Musik gehen eine unwiderstehliche, glanzvolle Fusion ein. Ich weiß, was du letzte Nacht getan hast, ist der Vorwurf - doch nein, es war nicht ich, es war mein "Zwillingsbruder / Der, wenn es dunkel wird / Die Contenance verliert". Welch glänzende Ausrede, wenn das persönliche Anstands-Baby wieder einmal unauffindbar in einem dunklen Alkohol-Brunnen versank!

Und erst die clevere, herzheischende Single-Auskopplung "Mitgefühl": Erneut Leben, Lieben und Leiden, gefasst in einfühlsame Lyrics, mit kluger und wissender Hand unwiderstehlich nach den großen Refrain-Sternen greifend. "Erspar mir dein Mitgefühl / Für wen vergeudest du deine Tränen / Erspar mir dein Mitgefühl / Du hast ohnehin nichts mehr zu geben", bekennen Ruben Cossani, unterlegt mit Midtempo-Beats und warmen Streichern.

Auf Albenlänge finden sich hie und da plötzlich auftauchende Psychedelic-Elemente des Summer of Love, und im Falle "Wir Wollten Einmal" geschickt eingestreute "Sloop John B."-Beach Boys-Zitate. "Ausgerechnet Annika" bricht das Album beschließend die Cossani-Herzen nachdenklich-sentimental, doch auch mit manch amüsanter Pointe versehen.

Trackliste

  1. 1. Sinnloses Leiden
  2. 2. Haut
  3. 3. Einmal In 10 Jahren
  4. 4. Besser Jetzt
  5. 5. Ich Kämpf Mich In Dein Herz Zurück
  6. 6. Mitgefühl
  7. 7. Drüberschlafen
  8. 8. Wir Wollten Einmal
  9. 9. Halbes Herz
  10. 10. Erinnern
  11. 11. Romy Schneider
  12. 12. Zwillingsbruder
  13. 13. Acapulco Airport
  14. 14. Piroschka
  15. 15. Ausgerechnet Annika

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6 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    Auf Grund des Artikels doch wirklich mal reingehört und muss sagen...

    geht in meinen Augen überhaupt nicht.

    Statt an die Beach Boys oder ähnliches muss ich wiederholt an Echt denken. Vorallem wenn bei "Wir wollten einmal" die Pauken einsetzen ist "Du trägst keine Liebe in dir" nicht all zu fern.

    Leider nicht mein Fall.

    Gute Nacht

  • Vor 16 Jahren

    Gute Nacht! Also.

    Guten Morgen! :)

    Wenn Echt, dann besonders bei "Haut". van Dyke hat ja auch "Du trägst..." damals geschrieben.

    Aber Geschmäcker sollen ja gern verschieden sein! :)

  • Vor 16 Jahren

    Das stimmt :)

    Und das soll ja bekanntlich auch ganz gut so sein.

  • Vor 15 Jahren

    Ich stimme zu: Sowohl die Intonation als auch die Texte erinnern bisweilen sehr an "Echt". Die Musik finde ich aber großartig. Sehr zitat-lastig (die Hälfte aller Songs bzw. bestimmter Parts erinnern diffus an Beatles-Songs oder ganz überdeutlich an die Beach Boys: gleich 2 x Sloop John B!; manchmal werden auch nur winzige Songfragmente bei Bowie oder dem erwähnten Bacharach kopiert, aber immer stimmig). Das spricht aber auch für diese Musik: Beinahe alle Titel sind Ohrwürmer, die zum unbeschwerten Mitsingen einladen; gnadenlos gutes Songwriting trifft auf technisch perfekte Arrangements. Das Ganze kommt dann auch noch richtig frisch rüber. 1A! Muss aber erwähnen, dass ich diesen 60s "Baroque Pop" sehr gerne höre.

    Sehr lustig auch das letzte Lied, hier vereint sich alles: Kommt daher wie ein verschrobener Udo-Jürgens Song und ist dabei textlich teilweise fast schon zu parodistisch, gleichzeitig ist´s aber ein melodisch schöner, cleverer Abschluss des Albums.

    Also: Tolle Melodien, super Produktion, guter Gesang - manchmal etwas merkwürdige bzw. belanglos daherkommende Texte. Is´ zumindest meine Meinung. :lol:

  • Vor 15 Jahren

    Eine der schönsten hiesigen Platten dieses Jahr bisher. Live sind die Jungs noch besser, vor allem kommt das eben angenehm nicht so Bierernste prima rüber.

    Als "Extras" gibt es da u. a. noch einen tollen Begemann-Song: "Schade, das Du nicht halb so toll bist, wie ich am Anfang dachte". Hoffentlich erscheint der auch mal auf CD. :)

  • Vor 13 Jahren

    Hier gibt es bis 30.07.2010 ein Ru­ben Cossa­ni Al­bum zu ge­win­nen: livedome.com