laut.de-Kritik

Ein 'Stay at home'-Companion zur rechten Zeit.

Review von

Zuhause bleiben ist jetzt seit geraumer Zeit die soziale Handlungsmaxime. Klar, man will sich dran halten, aber man lernt eben auch, dieses 'Zuhause' irgendwann weniger bequem zu finden. Dann wird aus dem Ort, an den man sich vom richtigen Office aus hin wünscht, das Home Office, von dem aus man sich ins Büro träumt. Einfach, um mal wieder rauszukommen. Jeden Tag starren einen aus den Fotorahmen die selben strahlenden Fratzen aus Vorpandemiezeiten an, während man am heimischen Schreibtisch versucht, Freizeit und Job strikt voneinander zu trennen. Im schlimmsten Fall hat man Mitbewohner*Innen, über deren wohldosierte Präsenz man sich sonst freut, die einen aber bei ständiger Anwesenheit ziemlich nerven. Dann fehlen noch die Freizeitaktivitäten, die sonst dafür sorgen, das Stresslevel im Zaum zu halten.

'Zuhause' ist also derzeit für viele ein ziemliches Reizwort und das lässt die Namenswahl des neuen Rhye-Albums einigermaßen mutig wirken. Zumal Michael Milosh, der hinter dem Projekt steckt, sich weniger mit dieser neuen Bewertung des Konzepts Zuhause beschäftigt, als vielmehr seinem neuen Heim in Los Angeles Tribut zollt, das er 2019 nach ständigem Reisen mit seiner Partnerin bezog. Dennoch präsentiert sich das Album als idealer 'Stay at home'-Companion, denn Milosh vereint heimeligen Kuschel-R'n'B mit Disco-Einwürfen, lädt zum Runterkommen und Tanzen ein, ist aber die Art Tanzmusik, die man eh am liebsten alleine zelebriert. Schauspieler Aaron Taylor-Johnson macht das im Video zum Highlight-Song "Black Rain" vor, einem minimalistischen und dennoch sehr ästhetischen Clip, der Rhyes Musik erstaunlich gut widerspiegelt.

Zwar wollen die Chorgesänge vom Danish National Girl's Choir von "Intro" und "Outro" sich nicht so recht in den Albumkontext einfügen und der Song "Need A Lover" fällt durch den Verzicht auf einen Beat auch eher negativ auf, der Rest der Stücke weiß aber zu überzeugen. Das liegt vor allem an den smoothen Basslines, mit denen Milosh seine Tracks unterfüttert. Oft braucht es gar nicht mehr als einen simplen Beat und das Gegrummel des Basses, um die Stücke zum Laufen zu bringen. Dabei besticht das Album aber auch durch die wahnsinnig saubere Produktion und die liebevolle Verzahnung der verschiedenen Instrumente.

Der erste Höhepunkt gelingt bereits mit "Come In Closer". Der Song beginnt recht reduziert mit Piano und Miloshs androgynem Gesang, dieser Säusel-Stimme, die den Stücken immer etwas Unaufdringliches verleiht, als wollte er mit seiner Musik bloß niemanden nerven. Der Song öffnet sich immer weiter, gönnt sich später auch noch launige Streichermotive und funktioniert durch die Ruhe, die er dabei vermittelt, ganz wunderbar.

Verschiedene hörbare Einflüsse ziehen sich durch das Album. "Helpless" erinnert etwa an Roy Ayers. Das Stück wird von einer kaum hörbaren Hi-Hat ganz zart angeschoben. Milosh nennt Quincy Jones als Inspiration. Die simplen Synthie-Melodien, wie etwa in "Hold You Down", könnten auch von Mac DeMarco oder dessen Kumpel Conan Mockasin stammen. Im letztgenannten Track beweist Milosh aber auch sein gutes Händchen für ansprechende Hooks, die sich ganz sanft in die Struktur einfügen. "Sweetest Revenge" erinnert in der zweiten Hälfte an die zurückgenommenen Stücke der ersten beiden Daft Punk-Platten, "Holy" gegen Ende an den Soundtrack der Videospiel-Reihe "Halo".

Zwar wird es immer mal wieder recht melancholisch, so auch in "Fire", das von bezauberndem Klavierspiel getragen wird, aber "Home" gerät nie zu düster. Durch die Elektronik-Elemente behalten die Stücke, "Need A Lover" ausgenommen, immer einen guten Flow und so gerät die dritte Rhye-Platte zu einer angenehmen Wohlfühl-Musik, die gut dabei helfen kann, entspannter durch die nächsten Wochen zu kommen.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Come In Closer
  3. 3. Beautiful
  4. 4. Safeword
  5. 5. Hold You Down
  6. 6. Need A Lover
  7. 7. Helpless
  8. 8. Black Rain
  9. 9. Sweetest Revenge
  10. 10. My Heart Bleeds
  11. 11. Fire
  12. 12. Holy
  13. 13. Outro

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