laut.de-Kritik

Eine mächtige Stimme mit dunklem Timbre.

Review von

Dass sie eine gute Solo-Sängerin abgeben würde, hat Rhiannon Giddens bei den Carolina Chocolate Drops unter Beweis gestellt. Zwar ist sie dort nicht immer alleine am Mikrofon, doch wenn sie es ist, bleibt ihre Stimme hängen.

Nach ihrem vielbeachteten Auftritt bei "Another Day, Another Time: Celebrating The Music of 'Inside Llewyn Davis'" im September 2013 war Organisator T Bone Burnett so begeistert von ihr, dass er vorschlug, ein Soloalbum zu produzieren. Gesagt, getan – wenige Monate später hatten sie eine Liste an Stücken bereit und Musiker in Los Angeles und Nashville, die die Sessions begleiten sollten, unter ihnen Gabe Witcher (Fiddle) und Paul Kowert (Bass) von den Punch Brothers, Mandolinist Mike Compton, Background-Sängerin Tata Vega, Bassist Dennis Crouch, Perkussionist Jack Ashford von den Funk Brothers und Gitarrist Colin Linden.

Da sie als Songwriterin noch zu wenig Erfahrung besitzt, erzählt Giddens im Interview, habe sie sich für Stücke entschieden, die von bemerkenswerten Frauen eingesungen wurden. So soll das Album auch eine Hommage an jene Musikerinnen darstellen, die sie dazu inspiriert haben, selbst eine Sängerin zu werden.

Die meisten Lieder wählte Giddens selbst, Burnett ergänzte das eine oder andere. So den Opener "Last Kind Words", der von der kaum bekannten Sängerin Geeshie Wiley stammt, die ihn zu Beginn der 1930er Jahre aufgenommen hatte.

Ein Text mit einprägsamen Bildern, der von Krieg ("Lord, the last kind words I heard my daddy say / If I die, if I die in the German War / I want you to send my body, send it to my mother, lord"), Tod, Liebe und Enttäuschung handelt. Eine bluesige, leicht verzerrte E-Gitarre und eine gezupfte Mandoline begleiten Giddens mächtige, mit einem dunklen Timbre versehene Stimme. Blues vom feinsten.

Doch Giddens (und Burnett) können weitaus mehr als das. "Don't Let It Trouble Your Mind" ist ein frühes Stück Dolly Partons, hier mit Alt-Country-Flair umgesetzt. Odettas "Waterboy" sorgte bei "Another Day, Another Time" und kurz vor Veröffentlichung des Albums bei David Letterman für Furore. Hier ist gut herauszuhören, dass Giddens eine Ausbildung am Konservatorium genossen hat.

Patsy Clines "She's Got You" bietet wieder leichtere Kost (und die klasse Zeile "I've got the records / she's got you"), "Up Above My Head" die mitreißende Mischung aus Gospel und Rock'n'Roll, die die späteren Stücke von Sister Rosetta Tharpe prägen.

Höhepunkt des Albums ist jedoch der Titeltrack, die Übersetzung eines Liedes aus der Feder Charles Aznavours, das zum Repertoire Nina Simones gehörte. Die begleitete sich natürlich am Klavier, doch die hier dargebotene, R'n'B-angehauchte Begleitung passt ebenfalls sehr gut.

"Black Is The Color" klingt mit Beatbox-Einlagen schon fast hip hoppig, "Round About The Mountain" ist durch Klassik-Anleihen etwas zu dick aufgetragen. Dafür sorgt Libby Cottens "Shake Sugaree" wieder für folkige Schunkelstimmung.

Zum Schluss beweist Giddens mit dem irisch angehauchten "O Love Is Teasin'" die außergewöhnliche Bandbreite ihrer musikalischen Kenntnisse und mit dem abschließenden "Angel City", dass sie auch schreiben kann - es ist das einzige eigene Stück auf dem Album.

Wie immer bei Burnett klingen die Arrangements nicht aufdringlich, dennoch filigran gestrickt. Sie sorgen für eine intensive Atmosphäre, die Giddens' Stimme sehr gut zur Geltung bringt.

Das beachtenswerte Debüt einer beachtenswerten Sängerin also, die sich traditioneller Musik verpflichtet fühlt und auch in dieser Richtung weiterhin tätig sein will. Hier zeigt sie, dass sie auch anders könnte. Wenn sie wollte.

Trackliste

  1. 1. Last Kind Words
  2. 2. Don't Let It Trouble Your Mind
  3. 3. Waterboy
  4. 4. She's Got You
  5. 5. Up Above My Head
  6. 6. Tomorrow Is My Turn
  7. 7. Black Is The Color
  8. 8. Round About The Mountain
  9. 9. Shake Sugaree
  10. 10. O Love Is Teasin'
  11. 11. Angel City

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