laut.de-Kritik

Faustkämpfe mit Großkatzen waren gestern.

Review von

Eine kurze Reise zurück in das Jahr 2010: Damals veröffentlichten Pulled Apart By Horses ihr selbstbetiteltes Debütalbum, und Frontmann Tom Hudson sang noch davon, wie er einst einem Löwen in den Rachen boxte. Dazu spielten er und seine Kollegen eine aggressive Mischung aus Post-Hardcore, Alternative und Indie, die auch den Hörern ganz schön eine gelangt hat. Das grandiose "High Five, Swan Dive, Nose Dive" mit Math-Rock-Einfluss und irrwitzigen Rhythmuswechseln sollte sich jeder Unwissende doch bitte mal in die passende Playlist ziehen. "I'll make you dance with my balls on fire!"

Sieben Jahre später baumeln die Eier gut geschützt und bei adäquater Temperatur im Schritt. Man muss sich wohl doch irgendwann Gedanken um den Nachwuchs machen, was auch Faustkämpfe mit Großkatzen ausschließt. Das fünfte Album "The Haze" kommt weitaus weniger anarchisch daher als der rohe Erstling. Von den zwölf Tracks drängt sich keiner in den Vordergrund. Als Lehrer würde man vor einem Dutzend Schüler stehen, die bei einer Frage abwartend auf ihre Tische stieren.

Der Sound von Pulled Apart By Horses bleibt geprägt von rifflastigen Tanznummern mit Hardcore-Anleihen. Das geht immer noch gut nach vorne, wirkt ohne die markanten Ausraster aber leider auch austauschbarer. Es scheint fast so, als würde sich das Quartett selbst limitieren. Der Opener und Titeltrack spult in drei Minuten das Punk-101 ab und macht dabei durchaus Laune, bleibt aber im Gedächtnis wie neue Namen auf einer Party im Vollrausch. "The Big What If" fängt den holprigen Einstieg immerhin mit einem schmissigen Chorus wieder auf, und auch Tom Hudsons Urschrei sitzt hier an der richtigen Stelle.

Genau dort wäre wohl auch ein Schild mit der Aufschrift "Letzte Tankstelle vor dem nächsten Highlight" angebracht, denn ab jetzt bewegt sich das Album durch tristes, abgegrastes Alternative-Terrain. Songs wie "Prince Of Meats" oder "Neighbourhood Witch" eignen sich bestens als Plattenladen-Beschallung, brechen bei größerer Aufmerksamkeit aber unter dem Gewicht der Déja-Vu-Akkorde und den "Yeah-Yeah-Yeahs" ein. Die Formation produziert keinesfalls mieses Material, die Songs sickern bloß substanzlos und ohne echte Aushängeschilder mühsam durch die Boxen.

Erst das tragende "Lamping" beendet die Durststrecke schließlich mit einem lässigen Gitarrenlauf und zurückgelehntem Beat. Ironischerweise finden Pulled Apart By Horses ihre Stärke in den ruhigeren Momenten wieder. Und wer bei "Flash Lads" intuitiv "Major Tom (Völlig Losgelöst)" von Peter Schilling anstimmen will, soll sich bitte mal melden. Solche Lichtblicke bleiben aber auch in der zweiten Albumhälfte rar gesät. "Brass Castles" spricht schon zwischen dumpfen Chords die unterschwellige Drohung "It isn't over 'til it's over" aus, bis die LP sich dann doch widerwillig gen Ende schleppt. In "Dumb Fun" gibt Hudson vielleicht noch einen Tipp preis, um die Erfahrung dieses Albums zu verbessern: "I got so high / That I can see myself looking back at me."

Zurück bleibt ein enttäuschendes Album einer Band, die ihre brachiale Energie schwer vermissen lässt, zumal neue Impulse ebenfalls fehlen. Dafür reihen sie Riff an Riff aus dem Heavy-Baukasten aneinander und vergessen dabei, ihrem Sound den eigenen Stempel aufzudrücken. So wirken sie wie eine blasse Version ihrer selbst, die sich nun in einem Pool von gesichtslosen Alternative-Bands wiederfindet. Hoffen wir, dass sie für die nächste LP das Suspensorium wieder ablegen und ein paar Raubtiere in den Schwitzkasten nehmen.

Trackliste

  1. 1. The Haze
  2. 2. The Big What If
  3. 3. Hotel Motivation
  4. 4. Prince Of Meats
  5. 5. Neighbourhood Witch
  6. 6. Lamping
  7. 7. Flash Lads
  8. 8. Moonbather
  9. 9. What's Up Dude?
  10. 10. Brass Castles
  11. 11. My Evil Twin
  12. 12. Dumb Fun

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