laut.de-Kritik

Mit zuversichtlichen Tönen für eine gerechtere Welt.

Review von

Paul Weller blieb im Verlauf seiner rund 30-jährigen Solokarriere immer beweglich und für Veränderungen offen. "On Sunset" aus dem letzten Jahr stellte eine Soundreise durch verschiedene Genres dar. Das ändert sich auch nun mit "Fat Pop (Volume 1)" nicht, nur setzt der Brite mehr auf Kürze und Kompaktheit.

Der Beginn fällt gewöhnungsbedürftig aus. "Cosmic Fringes" wirkt mit seinen stotternden Beats, funkigen Talking Heads-Akkorden und stürmischen Rock-Einschüben mehr wie eine beiläufige Skizze als wie ein ausgearbeiteter Song. Ähnlich funktioniert "True", das Weller im Duett mit Lia Metcalfe von der Liverpooler Band The Mysterines singt. Die verleiht dem Stück eine gewisse Lässigkeit, während sich der 'Godfather of Mod' zu dröhnenden Gitarren immer wieder in bowieske Glam-Rock-Sphären aufschwingt. So langsam öffnet sich die Scheibe stilistisch.

Das anschließende Titelstück hat mit jazzigem Schlagzeug, schwülen Flöten- und Elektronikklängen sowie beschwingtem Händeklatschen etwas recht Urbanes und löst somit ein, was der Name verspricht. Beseeltere 60s-Pop-Töne schlägt der "Changingman" in "Shades Of Blue" an, das er zusammen mit seiner Tochter Leah zum Besten gibt. Mehr Eleganz darf es in "Glad Times" sein, wenn zu nächtlichen Soul-Sounds die Streicher majestätisch durch den Raum schwirren. Die ziehen sich auch durch "Cobweb / Connections", das mit energischen Gitarren – und Pianoakkorden, leichten Flamenco-Einschüben und warmen Chor-Gesängen etwas Sonniges ausstrahlt.

Eine gewisse Zuversicht hält das Album zusammen, das der Brite während der ersten Lockdown-Monate zum Teil mit Mitgliedern seiner Band schrieb und das durch den Einfluss von Stammmusikern wie Drummer Ben Gordelier, Gitarrist Steve Cradock und Bassist Andy Crofts sowie zahlreicher Gastmusiker/innen und Backgroundsänger/innen nach und nach Gestalt annahm.

In "Testify" streut er zu psychedelischen Querflötensounds und druckvollen Gitarren- und Drum-Klängen immer wieder ein lässiges "shoo-doo-be-doo" ein. "Get up and testify", heißt es zuvor, was ein Gospel-Chor kraftvoll erwidert. Dem fröhlichen Reigen schließt sich auch Andy Fairweather Low an. In "That Pleasure" solidarisiert sich Weller zu warmen Streichern und Backgroundchören, lockeren Funk-Tönen sowie hämmerndem Piano mit der Black Lives Matter-Bewegung und ruft zu Frieden und Gleichberechtigung auf.

Im folgenden "Failed" betont er seine britpoppige Seite. Der Song schunkelt mit leichtfüßigen Gitarren- und Schlagzeuggrooves munter in die Gehörgänge. "Moving Canvas" erweist sich danach als typischer Blues-Rocker, aufgelockert durch heitere Soul-Bläser. In den letzten beiden, etwas zurückgelehnteren Tracks "In Better Times" und "Still Glides The Stream" setzt sich der "Godfather of Mod" für eine gerechtere Welt ein. Im erstgenannten Stück zieht er mit seinen Crooner-Qualitäten zu optimistischen Saiten-Akkorden, weitläufiger Orgel und harten Becken-Schlägen am Schlagzeug alle Register. Zwischendrin trötet noch ein Saxofon in bowiesk schräger Manier vor sich hin.

Es ist der Höhepunkt eines Werkes, das nach einem Musiker klingt, der noch Energie für mindestens zehn weitere Alben besitzt. Bei Wellers momentanem Veröffentlichungstempo sollte eine Fortsetzung nicht all zu lange auf sich warten lassen, aber bis dahin haben wir eine Platte, die inmitten der Impfstoff-Euphorie mit ihrer lebensbejahenden Freude genau die richtigen Töne anschlägt.

Trackliste

  1. 1. Cosmic Fringes
  2. 2. True
  3. 3. Fat Pop
  4. 4. Shades Of Blue
  5. 5. Glad Times
  6. 6. Cobweb / Connections
  7. 7. Testify
  8. 8. That Pleasure
  9. 9. Failed
  10. 10. Moving Canvas
  11. 11. In Better Times
  12. 12. Still Glides The Stream

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