laut.de-Kritik

Schlägt die Brücke zwischen gewohntem Sound und frischen Klängen.

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Northern Lite sind eine thüringische Institution. Ihre Mixtur aus Elektronik und klassischem Rock-Setup klang immer ausgewogen und durchdacht, wenn doch auch in den letzten Jahren das Rocksegment ein wenig die Überhand gewann. "Letters & Signs Part Two" baut diese Tendenz und den Hang zur Struktur weiter aus. Stakkato-Zackbumm ist da aber keineswegs ein Muss: Vorsichtig instrumentierte Balladen wie "Honey Bee" unterstreichen den Willen zur Weiterentwicklung. Zudem kommt die charismatische Stimme von Leadsänger Andreas Kubat viel besser zur Geltung, wenn sie nicht gegen die brüllende Rhythmusgitarre ansingen muss.

Doch keine Bange, die Technofraktion kommt nicht zu kurz. "Hardcore Porn" knüpft an alte NL Smasher wie "Treat Me Better" an. Ein trancig anmutender Synthie vibriert fiebrig nervös vor sich hin. Von Breakbeat-Zitaten durchbrochen, erfährt der Track fast einen hymnischen Charakter. Der Text ist allerdings - vorsichtig ausgedrückt - ein wenig banal. "Home" kann da schon eher mit lyrischen Auswüchsen aufwarten. Ein prägnanter Depeche-ModeSynthie spielt dazu eine sehr eingängige Melodie, die nicht in Monotonie mündet. Dieser Umstand ist warmen Gitarrenparts geschuldet, die das Arrangement des Songs auflockern.

Northern Lite haben neben der Electro-Rock-Abteilung immer auch eine große Fangemeinde in der Darkwave bzw. Industrial-Szene gehabt. Diese wird sich besonders über "We All Must" freuen, das ordentlich die Arpeggio-Sau über den Dancefloor treibt. Neben der hypnotischen Wiederholung des Refrains hinterläßt das Stück allerdings keine nachhaltigen Spuren. Staub zu Staub. Um so mehr die Rhythmus-Sektion, die bei anderen Stücken viel Abwechslung bietet. "Begging You" ist hier mein Favorit, da hier weniger auf 4/4 Marsch-Beats gesetzt wird. Ein zurückhaltender Big-Beat Track, der von dem Zusammenspiel von Kubats Stimme und der seines weiblichen Konterparts, Maria Antonia Paula Schmidt, lebt. Die Dame kennt man von der ebenfalls aus dem Freistaat stammenden Band "Chapeau Claque". "Begging You" profitiert von der Dialektik zwischen weiblicher und männlicher Stimme und entwickelt sich so zum Favoriten des Albums.

"Run" wirkt im Vergleich dazu ein wenig belanglos, trotz der Verstärkung der bereits erwähnten Chapeau Claque. Obwohl der Song mit aufwändigem Streichereinsatz mehr klotzt als kleckert, mutet er eher wie ein Lückenfüller an. "In Japan" versöhnt wiederum mit sanften Klängen, die nicht ins Seichte abdriften und interessante Harmonie-Alternativen anbieten. Kubat, Bohn (Keyboards) und die Gitarristen Ringo Fire und Valerian Herdam schlagen auf "Letters & Signs Part Two" (meist) gekonnt die Brücke zwischen ihrem gewohnten Sound und frischen Klängen und Arrangement-Ansätzen.

Trackliste

  1. 1. In Japan
  2. 2. Wicked Mess
  3. 3. Run (Feat. Chapeau Claque) (Album Version)
  4. 4. Home
  5. 5. Say My Name
  6. 6. Begging You
  7. 7. Turn Up The Bass
  8. 8. We All Must
  9. 9. Honey Bee
  10. 10. Let Yourself Go

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