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5 Fragen an The Damned

Was würdest du heute tun wenn du was Anständiges gelernt hättest?

Captain Sensible: Ja, was wäre gewesen, wenn mich The Damned nach dem Vorspielen damals nicht genommen hätten, das frage ich mich oft. Die Wirklichkeit hat mir mein Leben geraubt. In erster Linie hat sie mich davor bewahrt, mich mit einer Anstellung herum zu plagen, oder genauer gesagt, mit Arbeitslosigkeit. Pleite zu sein ist im Kapitalismus nicht empfehlenswert. Ich habe mal bei der British Rail gearbeitet, als England noch ein konkurrenzlos gutes Schienennetz hatte. Das haben typisch dumme konservative Regierungen dann logischerweise zugrunde gerichtet, weshalb mir alle heutigen Eisenbahner leid tun, die mit der Wut der Fahrgäste klar kommen müssen. Ich selbst bin so undiszipliniert, dass ich für einen sogenannten normalen Job wohl gar nicht geschaffen bin. Daher bin ich einfach nur glücklich, dass es heutzutage noch Menschen gibt, die die Musik von The Damned mögen und sie kaufen.

Wer ist schuld, dass auf Festivalplakaten so wenig Musikerinnen stehen? Die Festival-Veranstalter, die Fans oder die Musikkultur als Ganzes?

Im Punk wimmelte es damals von fantastischen Künstlerinnen: X Ray Spex, Chrissie Hynde, The Slits, Nina Hagen usw. War der Schnitt damals 50/50? Wahrscheinlich nicht. War es ein Thema? Wahrscheinlich nicht. Schau mal in die klassische Musik, wo sind die weiblichen Komponisten? Oder im Rock'n'Roll der 50er Jahre? Der Drang, diesen Weg einzuschlagen, scheint wohl in erster Linie Typen anzuziehen, erst recht, wenn du kein blöder Angeber mit Muskeln und Sixpack bist.

Mit welchem Künstler*in würdest du gerne kooperieren?

Wir haben auf "Evil Spirits" mit Tony Visconti gearbeitet, mein Ziel ist erreicht. Natürlich war er brillant, aber auch seine Marc Bolan-Anekdoten waren lustig, mit dem The Damned ja auch mal zusammen gearbeitet haben. Kannst du dir vorstellen, dass dieser Glamrock-König 1978 wirklich The Damned als Vorband engagiert hat? Unfassbar. Aber um deine Frage zu beantworten: Ich bin kein so guter Kollaborationspartner, das passt nicht richtig zu mir. Kann möglicherweise damit zu tun haben, dass ich sehr gute Ohren habe und schnell ungeduldig werde, wenn Leute nicht auf den Punkt spielen. Aber meine Helden sind eh fast alle schon gegangen: Mark Hollis war ein totales Genie. "Spirit Of Eden" ist ein so mutiges Album, dass das Talk Talk-Label damals zur Weißglut gebracht haben muss. Michael Rother von Neu! habe ich live im Melkweg Amsterdam gesehen, sehr gut. Genau wie Jeff Lynne.

Welche Platte ist total überbewertet?

Haha, wie viel Zeit haben wir? 90 Prozent der Musik im Radio ist absoluter Müll. Vielleicht 95. Die Jugendlichen von heute tun mir leid, weil sie diese komprimierte, mit Autotune versehene Mainstream-Plastikscheiße ertragen müssen.

Eure verrückteste Fan-Erfahrung?

Tourneen sind heute völlig anders als in unseren Anfangstagen. Damals erfuhren die Leute nur aus Musikzeitschriften, was live abging. Heute ist das Netz voller Gossip, alle Setlists, wer was wann auf der Bühne gesagt hat, wer seine Frau betrügt, wer dick geworden ist - du weißt schon alles, bevor die Band in deiner Stadt ist. Aus diesem Grund verzichten wir bei The Damned auf einstudierte Sets und wiederholen auch keine Song-Ansagen vom Vortag. Jedes Konzert ist anders und birgt wenigstens ein Element von Gefahr, denn das ist das Wesen von Livemusik. Was die Fans angeht, ich fand die Beziehung zwischen Künstler und Fan immer komisch. Oder fragst du deinen Klempner nach einem Autogramm, sobald er deine Dusche repariert hat? Warum also einen Musiker fragen? Wir sind nichts besonderes, wir haben nur einen etwas anderen Beruf.

Die britische Punkrock-Institution The Damned veröffentlichte gerade eine große Anthologie ihres Schaffens auf zwei CDs und drei LPs namens "Black Is The Night".

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