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Platz 7: Boy (1980)

Ihr Debütalbum hört zwar auf den Namen "Boy", der hierfür notwendige Plattenvertrag mit Island Records wurde allerdings 1979 nach einem Konzert in der Mädchentoilette des Lyceum in Dublin unterschrieben. Grund: Es war schlicht der hellste Raum im Gebäude. Der Startschuss für eine der größten Karrieren der Rockgeschichte beginnt also auf dem stillen Örtchen - gibt es eine bessere Vorlage für U2-Hater? Allerdings gab es davon 1980 noch keine, denn U2 waren einfach nur Halbstarke aus der Provinz (Dublin), die in London erstmal niemand ernst genommen hat. Auch deshalb sollte Manager Paul McGuinness, der Colonel Parker von U2, bald auf die Idee kommen, für die Band immer etwas zu kleine Hallen zu buchen, so dass ihre Shows regelmäßig ausverkauft sind. Den Hype entfachen drei Singles und Ende 1980 vorliegendes Debütalbum, das sich deutlich von ihren späteren Hits unterscheidet.

Dass U2 schon bald zu einem "Sunday Bloody Sunday" fähig sein würden, verrät maximal das eine oder andere Riff von The Edge. Ansonsten spiegelt "Boy" eine Band, die sich kurz zuvor noch ganz ernsthaft The Hype nannte, im Findungsprozess. Es bezieht seine Faszination weniger aus dem Songwriting, als aus einem räudigen und unverbrauchten Charme, den U2 später nicht mehr reproduzieren konnten bzw. wollten. Als Produzent tritt erstmals Steve Lillywhite in Erscheinung - eine Notlösung, da sich der von U2 favorisierte Martin Hannett nach Ian Curtis' Tod nicht imstande sieht, den bereits zugesagten Job auszuführen. Als Hommage an den Joy-Division-Sänger beschreibt Bono später die Vorabsingle "A Day Without Me", ein fahriges Stück, von dem außer dem Lead-Riff wenig in Erinnerung bleibt, und auch textlich stolpert Bono noch etwas ungelenk durch die Gegend ("Whatever the feelings I keep feeling / What are the feelings you left behind"). In "Another Time Another Place" spielt The Edge quasi dasselbe Break wie in "I Will Follow".

Allerdings: Ein Debütalbum, das mit einem furiosen The Clash-Rocker wie "Out Of Control" beginnt, kann danach nur Federn lassen. Auf "Boy" hört man eine angriffslustige No-Name-Band zwischen Unbeholfenheit ("Stories For Boys") und Wut ("Twilight"), garniert mit der Arroganz der Jugend: Die frühe Single "11 O'Clock Tick Tock" (produziert von Martin Hannett) wurde einfach weggelassen. Spuren ihrer Post-Punk-Vorbilder Wire und Punkrock à la The Skids mischen U2 hier, auch dank Lillywhites Experimentierfreude, zu einem eigenen Gebräu: Im zur Hälfte instrumental angelegten "Into The Heart" folgen The Edge und Clayton einem finsteren, atmosphärisch aufgeladenen Pfad, bevor Bono mit Unterstützung von Larry plötzlich einen Refrain rauskrakeelt, den es hier an und für sich gar nicht gebraucht hätte, der aber für einen kurzen Moment deutlich macht, wie viel Hymnen-Potenzial in diesem Mann steckt. So bedrohlich wie in "An Cat Dubh" klingen sie danach nie wieder. Amerika tauschte das Cover mit dem unbekleideten sechsjährigen Jungen aus Angst vor Pädophilie-Vorwürfen aus.

Anspieltipps:

"I Will Follow", "Out Of Control", "An Cat Dubh"

Besser weiträumig umfahren:

"Stories For Boys", "Shadows And Tall Trees"

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