Am Mittwoch brachten Larkin Poe die volle Dröhnung Southern Rock in die Hauptstadt.

Berlin (jmb) - Ganz in weiß gekleidet sehen sie fast ein bisschen so aus wie Engel, aber ich könnte schwören, dass sie an irgendeiner Kreuzung einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und ihre zarten Seelen gegen harte Rock-Skills eingetauscht haben: Am Mittwoch brachten Larkin Poe den Berliner Live-Musik-Club Huxleys Neue Welt zum Qualmen. Neben den Schwestern Rebecca und Megan Lovell gehören noch Tarka Layman (Bass) und Kevin McGowan (Schlagzeug) zum Southern Rock Quartett. Ihre "Blood Harmony"-Tour führte sie bereits quer durch die Staaten und Europa. Der Gig in Berlin ist ihre letzte Station in Deutschland.

Vor einigen Wochen berichtete ich vom Inhaler-Konzert, das ein vorwiegend weibliches Publikum aufwies. Bei Larkin Poe beobachte ich das Gegenteil: In den vorderen Reihen drängen sich auffallend viele Männer fortgeschrittenen Alters. Der Jubel kommt zwar nicht dem Gekreische bei Boyband-Konzerten gleich, aber ich vermute, dass auch hier heimlich alle ein bisschen in die beiden Frontfrauen verliebt sind. Wer könnte es ihnen verübeln? Mit einem entwaffnenden Lächeln schäkern Rebecca und Megan miteinander und mit dem Publikum. Die Chemie stimmt.

20 Uhr geht es los: Die kanadische Vorband The Sheepdogs heizt mit Allman Brothers- und Lynyrd Skynyrd-Vibes ein, lange Haare und Bärte inklusive. Ihre energetischen Gitarrenriffs sorgen für euphorische Stimmung. The Crowd goes wild.

Doch die pentatonischen Feuerwerke sind nur ein Vorbote der Rock-Eruption, die Larkin Poe auslösen. Mit "Strike Gold" machen sie den Auftakt. Megan spielt Lapsteel-Gitarre auf virtuosem Level und Rebeccas rauchige Stimme gibt dem leidenschaftlichen Blues-Rock das gewisse Etwas. Mal stampft der Rhytmus gemütlich vor sich hin, mal treibt er wie ein Frachtzug voran. Ich kannte Larkin Poe bislang vor allem wegen ihrer Songs "Bad Spell" und der emanzipatorischen Rocknummer "She's A Self Made Man". Schon die Studioversion der beiden Songs ist umwerfend, doch live legen Larkin Poe noch mal ordentlich drauf. Die heftigen Gitarrenskills der beiden Frontfrauen kommen einer spirituellen Erfahrung gleich, die man nur dann wirklich verstehen kann, wenn man es selbst erlebt hat.

Die beiden Schwestern wuchsen im Norden des US-Staates Georgia auf. Ihr ausgereifter Sound ist tief verwurzelt in Americana, Gospel und Country. Mit "Georgia Off My Mind" verneigen sie sich vor ihren musikalischen Einflüssen und geben dem Klassiker "Georgia on My Mind" ihren eigenen Twist. "Preachin' Blues" und "Holy Ghost Fire" greifen die religiöse Kultur der Südstaaten auf. In dieselbe Kerbe schlägt "Back Down South", das sie mit dem Spiritual "Amen" ausläuten.

Für drei Songs legen die Girls ihre E-Gitarren beiseite und greifen zu Akustikgitarren, McGowan begleitet sie dabei mit einer kleinen Trommel und singt mit, Layman tauscht den E-Bass gegen einen Kontrabass. Neben der ruhigen Ballade "Might as Well Be Me" und "Southern Comfort" geben sie ein akustisches Cover von Elton Johns "Crocodile Rock" zum Besten. Dabei fordern sie alle auf, die Hook mitzusummen. "Kommt schon, ihr kennt die Melodie" ruft Rebecca. Die Mitmach-Motivation ist an dieser Stelle etwas verhalten. Vielleicht liegt es daran, dass viele die Melodie doch nicht so gut kennen wie gedacht. Zumindest ging es mir so. Anders sieht es beim Closer "Bolt Cutters & The Family Name" aus: Die Schwestern geben eine einfache Melodie vor und dieses Mal singen alle begeistert mit. Mit der Delta-Blues-Zugabe "Deep Stays Down" begebn sich Larkin Poe auf eine musikalische Reise ins tiefste Louisiana.

Als die Band die Bühne verlässt, ertönt Shania Twains "Man! I Feel Like A Woman" aus den Lautsprechern, das sicher als Vorbild für Larkin Poes "She's A Selfmade Man" diente: "Like it or not I don't give a damn. Lord have mercy, I'm a self-made-man." Amen.

Setlist:

  1. Strike Gold
  2. Kick the Blues
  3. Summertime Sunset
  4. Georgia Off My Mind
  5. Preachin' Blues (Son House Cover)
  6. She's A Self Made Man
  7. Blue Ridge Mountains
  8. Back Down South
  9. Might as Well Be Me
  10. Southern Comfort
  11. Crocodile Rock (Elton John Cover)
  12. Holy Ghost Fire
  13. Bad Spell
  14. Wanted Woman - AC/DC
  15. Bolt Cutters & The Family Name

Zugabe:
Deep Stays Down

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