In der ZDF-Talkshow "Kerner" gestand David Brandes gestern, tausende Platten aufgekauft zu haben, damit seine Schäfchen in den Charts weiden können. Die Empörung darüber und die Rücktrittsforderungen an Gracia seien dagegen viel Wirbel um Nichts.

Hamburg (mma) - Das gestrige Geständnis in der "Johannes B. Kerner"-Show brachte endgültige Gewissheit: Bros Music-Boss David Brandes ließ für Chartsplatzierungen regelmäßig CDs seiner Künstler aufkaufen. Sein Schützling Gracia Baur, ebenfalls in der Sendung zu Gast, wusste von den Manipulationen nach eigenen Angaben nichts. Was sie ihrem Produzenten und Gönner Brandes allerdings nicht übel nimmt, man werde auch weiterhin künstlerisch zusammen arbeiten.

Um die 22-jährige Sängerin in die Hitliste zu befördern, gestand Brandes, wurden von acht professionellen Beauftragten bis zu 2000 CDs gekauft. Konkret existiere für die Ausführung der Aufkäufe eine Art Drei-Wochen-Plan. In der ersten Woche trügen die Beauftragten den größten Batzen CDs aus den Läden, in der zweiten ein bisschen weniger und in der dritten fast gar nichts mehr, ging der Produzent ins Detail. Er sieht sich allerdings in einer langen Tradition von Betrügern: "Diese Leute sind entgegen der öffentlichen Annahme für einige Labels unterwegs und kaufen da alle möglichen Sachen zusammen", beschreibt er das bestehende Netzwerk. Und: "Dieses Thema ist so alt wie die Charts selbst. Ich find's moralisch okay."

Kleinen Plattenfirmen wie Bros Music bliebe gar keine Alternative zum Hamstern, wollten sie im Musikgeschäft profitabel arbeiten. Ansonsten entstünde ein großer Wettbewerbsnachteil - gegenüber wem genau, wollte Brandes aber auch auf Nachfrage nicht verraten. Dem Spektakel zugeschaltet war Ulrike Altig, Geschäftsführerin des Chartsermittlers Media Control. Altig erklärte, dass man "Klumpungen" in den Verkäufen gesichtet und zunächst nur die "normalen" Verkäufe für die Charts berücksichtigt habe. Die Brandes-Produkte gerieten auf eine so genannte "Watch-List". Warum Media Control dennoch wenige Tage später die betreffenden CDs komplett aus den Charts verbannte, blieb schleierhaft.

Brandes' Rechtfertigungsversuche, er sei beileibe nicht der einzige Übeltäter im Business, hatte Altig deutliche Worte entgegen zu setzen: "Ich habe so etwas in meiner ganzen Laufbahn noch nie erlebt." Die Alarmglocken hätten in Baden-Baden überhaupt nicht mehr aufgehört zu schrillen. Es sei ein einmaliger Akt in der Geschichte, der ihr in 28 Jahren noch nicht untergekommen sei, so Altig. Dennoch: Charts-Manipulationen seien heute durchaus an der Tagesordnung. Ulrike Altig sprach von einem täglichen "Tanz ums goldene Kalb".

Auf die Sendung reagiert der NDR heute zumindest teilweise mit Aktionismus und erteilt eine Art Platzverbot: David Brandes gehört nicht länger zur deutschen Delegation in Kiew. Er muss sich die Eintrittskarte für die Veranstaltung also selbst kaufen. Der Start von Gracia und Vanilla Ninja bleibt davon aber unberührt. "Gracia hat die Abstimmung der Zuschauer am 12. März 2005 für sich entschieden und es deshalb verdient, in Kiew aufzutreten", findet Unterhaltungschef Jürgen Meier-Beer nach wie vor. Der Schweizer Sender DRS zieht dagegen handfeste Konsequenzen. Der Vertrag mit Brandes, der auch Vanilla Ninja zum Finalticket verholfen hat, ist aufgelöst.

Gracia selbst klammerte sich bei Kerner ohnehin weiter an ihre Teilnahme beim Eurovision Song Contest. "Ich habe an dem Abend, an dem ich den Vorentscheid gewonnen habe, genau wie alle anderen Künstler ohne irgendwelche Vorteile auf der Bühne gestanden". Bei der Veranstaltung sei nachweislich "nicht beschissen oder gemogelt" worden. Auch ihren Manipulationsvorwurf an Kollegin Jeanette in der Bild streitet sie ab. "Ich würde nie wagen, so etwas zu behaupten." Sie sei falsch zitiert worden und habe nur behauptet, dass sie von solchen Machenschaften in Verbindung mit Jeanettes Manager gehört habe.

Zu ihrem Produzenten hält Gracia dagegen weiterhin eisern, obwohl sie aufgrund der Situation manchmal "der Verzweiflung nahe" sei. Ob dies denn auch private Gründe hätte, wie der investigativ forschende Kerner aus "der Jugendzeitschrift Yam" erfahren haben wollte, kommentierten beide Parteien hingegen nicht. In der Bild-Zeitung verkündet Brandes' Noch-Ehefrau derweil, die Affäre zwischen den beiden sei im Heimatort des Produzenten ein offenes Geheimnis.

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