Oasis meets The Stone Roses: Wenn sich zwei Indie-Legenden ansagen, ist die Halle rappelvoll.

Berlin (dp) - John Squire (The Stone Roses) und Liam Gallagher (Oasis)- wie kam das eigentlich zusammen? Alles begann 2022, als der Stone Roses-Gitarrist einen Gastauftritt bei Liam spielte und dem Oasis-Frontmann nebenbei ein paar Songideen vorstellte.

Man fand einen gemeinsamen Nenner und heraus kam ein wirklich gutes Album, das so heißt, wie es klingt: Liam Gallagher & John Squire. Und so wundert es kaum, dass die Berliner Columbiahalle binnen kürzester Zeit restlos ausverkauft war, nachdem die beiden britischen Indie-Legenden ihr Kommen angekündigt hatten.

Auf der Platte tobt sich Squire musikalisch virtuos aus, während Gallagher das macht, was er immer tut: Kehlig, ein bisschen gelangweilt und ohne Dynamik die mitunter recht tumben Texte abarbeiten. No hate - denn etwas anderes wollte man von ihm auch gar nicht hören! Seit der Veröffentlichung Anfang des Jahres hatten die Fans nun genügend Zeit, sich die eingängigen Songs gut einzuprägen, um sie auch lautstark mitsingen zu können.

Jake Bugg kämpft mit Bugs

Als Support agiert gestern Abend der immer jugendlich wirkende Jake Bugg, der gleichwohl mit plärrender Gitarre und Intonationsproblemen zu kämpfen hat. Bejubelt wird er trotzdem, das Publikum wirkt ausgesprochen entspannt drauf und freut sich sichtlich über den Auftritt des sympathischen Musikers aus Nottingham.

Definitely maybe

Gegen 21 Uhr wird es auf der Bühne dann dunkel. Nur ein wenig rotes Licht dringt aus den Scheinwerfern und lässt erahnen, dass sich im Schatten etwas tut. Plötzlich taucht Liam auf, sichtlich gut drauf - zumindest aus Sicht der ersten Reihen. Ihm folgt John Squire, der sich vor seinem plexigläsernen Pedalboard einrichtet. Die Fans weiter hinten müssen bis zum zweiten Song "One Day At A Time" warten, um einen ordentlichen Blick auf die Protagonisten zu erhaschen, erst dann geht das Licht an.

Zunächst startet der Gig jedoch mit dem textlich infantilen "Just Another Rainbow". "Red and orange, yellow and green / Blue, indigo, violet". Jetzt, da das Publikum die Farben des Regenbogens kennt, ist es Zeit für das erste Gitarrensolo - und Squire macht absolut keine Gefangenen. Er ist der eigentliche Star des Abends, Gallagher wirkt im Gegensatz dazu eher wie ein Sidekick.

Der Gitarrist bearbeitet sein Instrument in feinster Manier, überrascht im Set mit immer ausgefeilteren Soli und scheint vollkommen dissoziiert von seiner Umgebung. Das Publikum ist genau deswegen hier, staunt aber trotzdem Bauklötze. Jimi Hendrix, Led Zeppelin – Squire packt sie alle am Schopf und macht seinen eigenen Zopf daraus. Da stört es kaum, dass man sein Gesicht selten wirklich sieht, denn der Blick bleibt gesenkt, die dunklen Haare verdecken das Gesicht. Was man zwischendurch mitkriegt, erweckt einen fast jugendlichen Anschein. Nicht gerade selbstverständlich: Squire hat die 60 längst überschritten. Den Blues scheint er deswegen nicht zu haben, aber im Blut, da hat er ihn definitiv.

So fresh, so clean

In Sachen Freshness steht Liam in nichts nach. Der sieht gesund aus, ein bisschen grantig, wie es sich für den skandalträchtigen Musiker gehört. Aber wesentlich besser als zu seinen ungesündesten Zeiten. Gallagher hält sich vornehm im Hintergrund und räumt Squire den Raum ein, den er verdient. In der Konsequenz bedeutet das aber auch: Liam hat oft nichts zu tun – auch die heiß geliebten Macaras bieten wenig Kurzweil, wenn sich Squire in einem weiteren, minutenlangen Solo ergeht.

Vielleicht wirkt das Duo genau deswegen so wenig homogen auf der Bühne. Interaktion gibt es nicht, jeder bleibt für sich und konzentriert sich auf seinen Part. Das funktioniert zwar sehr gut, aber eben nicht zusammen. Gallaghers Stimme klingt hervorragend, er fügt sich in den Blues ein, wobei seine Stärken eindeutig bei Songs wie "You're Not The Only One" liegen, die am Ende doch stark an Oasis erinnern.

Der Sound kommt astrein, die Titel klingen, nicht zuletzt aufgrund der tollen Liveband, wirklich klasse, aber so richtig mag der Funke nicht bis in jeden Winkel der vollkommen überfüllten Columbiahalle überspringen. Positiv stechen hier "Make It Up As You Go Along" und der Publikumsliebling "Mars To Liverpool" hervor.

Ein bisschen mehr fürs Geld

Das reguläre Set besteht aus zehn Songs - kongruent zum gemeinsamen Album. On top spendieren Gallagher und Squire noch eine unmotivierte Coverversion des Rolling Stones-Klassikers "Jumpin Jack Flash" und nach weniger als einer Stunde ist der Spaß schon wieder vorbei. Echauffieren tut sich darüber aber keiner – man wusste schließlich, worauf man sich einlässt. Trotzdem, knapp 80 Euro für ein so kurzes Konzert ist nur etwas für echte Fans.

Von Désirée Pezzetta.

Fotos

Berlin, Columbiahalle 2024 Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire.

Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Oasis meets The Stone Roses - zwei Indie-Legenden live on stage: Liam und John Squire., Berlin, Columbiahalle 2024 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta)

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