Ein Trip durch Kaliforniens Folk-Rock-Szene der Sixties: Vor beeindruckender Naturkulisse dreschen rührige Musik-Rentner olle Kamellen.

Los Angeles (rnk) - Der Dokumentarfilm "Echo In The Canyon" von Andrew Slater führt in die kailfornische Folk-Rock-Szene der Sixties zurück. Künstler wie Brian Wilson und Tom Petty geben in Interviews bereitwillig Auskunft über eine magische Zeit.

"Ich glaube immer noch daran, dass Musik die Welt verändern kann. Vielleicht nur in kleinen Schritten, aber ich werde immer daran glauben, und das lasse ich mir nicht nehmen", sagt ein abgesehen von den grauen Haaren erstaunlich jugendlich wirkender Graham Nash zu einem wie immer sehr ernsthaften Jakob Dylan.

Der Sohn von Bob Dylan und Wallflowers-Sänger interviewt Musiker, die in den Jahren von 1965 bis 1970 den Boom der kalifornischen Folk-Musik in die Welt brachten und sogar am Thron der allmächtigen Beatles rüttelten. Die hörten "Pet Sounds" von den Beach Boys, und Paul McCartney fragt sich bestimmt heute noch, was zum Teufel die verrückten Amerikaner in dem legendären Laurel Canyon geraucht haben, um Meilensteine wie "Good Vibrations" zu erschaffen.

Die Wiege der kalifornischen Folk-Musik

Hier, in einem Tal in den Hollywood Hills, steht also die Wiege der neuen kalifornischen Folk-Musik. Ein Ort, wo Künstler wie die Byrds ein Zuhause fanden und ihre ätherischen Songs mit Rockmusik verbanden. Kaum ein heute noch bedeutender Künstler aus dieser Ära schlug nicht dort seine Zelte auf. Das Namedropping in "Echo In The Canyon" ist gewaltig: Tagsüber die The Mamas & The Papas treffen, später rüber zu Brian Wilson schlendern, und abends mit den Flying Burrito Brothers jammen. Das sind alles wunderbare Geschichten einer vergangenen Epoche, über die alle Protagonisten natürlich gerne plaudern.

Leider, und das ist ein großer Schwachpunkt der Doku, erfährt man dabei wenig Neues. Dass die Beatles Einfluss auf die amerikanische Szene hatten und umgekehrt, ist längst bekannter Popkultur-Stoff und wird auch von Charmebolzen Ringo Starr nicht dramatisch neu erzählt. So magisch einem die Zeiten auch vorkommen, der Film fängt den Geist einfach nicht ein. Wenn Jakob Dylan nicht wortkarg den Erzählungen seiner Interviewpartner lauscht, fährt er in den überflüssigen Zwischen-Sequenzen mit einem Oldtimer und grummeliger Miene durch L.A. Wie sein Vater Bob verzieht er dabei keine Miene und wirkt, als wohne er nicht im Golden State, sondern in einem verregneten Fischerdorf in England.

Ein letzter Gruß von Tom Petty

Die Laune bessert sich, wenn er Promi-Freunde wie Beck in seine Wohnung einlädt. Die scheinen nicht einmal textsicher und lesen ungelenk vom Zettel ab. Sie stehen dazu dermaßen im Vordergrund, dass der Titel "Jakob & Friends" besser gepasst hätte. Immerhin wirken sie später bei einem Nostalgie-Event in Orpheum Theater wesentlich motivierter und legen ein launiges Set mit den immer wieder ominpäsenten Dylan-Sohn hin. Normale Zeitzeugen bleiben außen vor. Immerhin ist es einer der letzten Aufnahmen von einem gut gelaunten Tom Petty, er starb 2017.

Außer wirklich schönen Flugaufnahmen und der natürlich immer noch großartigen Musik bleibt so erstaunlich wenig hängen. Wie einem Touristik-Video sieht man rührige Musik-Rentner vor einer wirklich beeindruckenden Naturkulisse ein paar alte Kamellen kauen. Die Seele, die Magie des Ortes und seiner Zeit fängt der Film mit seiner weichgespülten Wohlfühl-Atmo nicht wirklich ein.

Kurzweil für den Film-Abend

Aktuell gibt es in den USA eine vierstündige TV-Dokumentation namens "Laurel Canyon", die bereits für Furore sorgte.

Die Schattenseiten des Hippie-Traums beschreibt das Buch "Weird Scenes Inside the Canyon" ausführlich. "Echo In The Canyon" bleibt als Eyecandy und kurzweilige Feelgood-Doku für den Filmabend in Erinnerung. Musiknerds werden sich hingegen darüber ärgern, dass Regisseur Andrew Slater so wenig aus dem Thema herausholte.

"Echo In The Canyon" ist seit dem 8. Juni digital verfügbar.

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