Bundesjustizministerin Brigitte Zypries knickt vor der Lobby der Musikindustrie ein und wehrt sich nicht mehr gegen die "Kriminalisierung der Schulhöfe".

Berlin (joga) - Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat die sogenannte Bagatellklausel aus dem Regierungsentwurf für die Urheberrechtsnovelle gestrichen. Damit würde auch das Recht auf die Privatkopie, das Anfang 2003 mit dem Verbot, Kopierschutzsysteme auszutricksen, bereits geschwächt wurde, weiter eingeschränkt. Auch wenn Zypries in einer heutigen Pressemitteilung das Gegenteil behauptet.

Mit einer deutlichen Verschärfung des Urheberrechts auch in Bezug auf P2P-Netzwerke gibt die Justizministerin offenbar dem wachsenden Druck der Labels nach. Doch auch die Union soll vehement gegen die Bagatellklausel gekämpft haben. Zuletzt hatte sich der Kulturstaatsminister Bernd Neumann ganz offen auf die Seite der Industrie gestellt, den sogenannten Verbraucherschutzminister hält ohnehin die Vogelgrippe in Atem.

Mit der Bagatellklausel hatte Zypries ursprünglich die "Kriminalisierung der Schulhöfe" verhindern wollen, wie sie selbst sagte. Geht der Entwurf in seiner jetzigen Fassung durchs Parlament, drohen künftig aber nicht nur dem Schüler, der seine Kumpels mit kopierten CDs versorgt, Haftstrafen von bis zu drei Jahren, sondern auch dem einmaligen oder seltenen Nutzer von MP3-Tauschbörsen.

Verboten wäre das Mixtape für die Freundin ebenso wie die Kopie fürs Auto - zumindest dann, wenn sie von einer "rechtswidrig hergestellten" oder einer "rechtswidrig genutzten" Vorlage stammt. Damit die Industrie ihre Rechte auch durchsetzen kann, plant die Regierung weitgehende Auskunftspflichten für Internet-Provider, die dem Rechteinhaber Namen und Adressen von "Verdächtigen" nennen müssten.

Zu Recht weist heise online darauf hin, dass künftig nur noch Staatsanwälte Verfahren gegen Tauschbörsen-Nutzer wegen Geringfügigkeit einstellen könnten. Viele Staatsanwaltschaften sehen sich selbst aber bereits mit Anzeigen gegen Filesharer überschüttet und dadurch weitgehend lahm gelegt.

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Im Kampf um die künftige Fassung des Urheberrechts versuchen derzeit europaweit beide Seiten, Boden gut zu machen. Noch ist die Industrie besser organisiert als die Interessenvertretungen der Verbraucher.

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