Massiv im Thrashmetal-Duktus, Tatwaffe im Dauerfeuer-Modus, Kollegah als iPhone-App und Sidos Rundumschlag zum neuen Jahr.

München (max) - Dass die ehemalige Speerspitze des Deutschrap der vergangenen Dekade sich im neuen Jahrzehnt veränderten Herausforderungen zu stellen hat, ist mittlerweile bekannt. Die Ära mit der Aufschrift "Aggro Berlin" dämmert in blassem Abendrot am Firmament der Wahrnehmung, und so sieht man - wenige Ausnahmen bestätigen das - allerlei Protagonisten eben jener Epoche sich stilistisch ins Hier und Jetzt herüberentwickeln.

Ein beliebter Griff ist dabei derjenige in die Rockband-Trickkiste: Wo sich vormals jahrelang düster programmierte Synthie-Beats auf einem grimmigen Bassgerüst zum Takt vollautomatischer Handfeuerwaffen breit machten, hält heute immer häufiger Klampfe, Schlagzeug und ein Schuss ausgelassene Rockstar-Attitüde Einzug.

Auch der in vielerlei Hinsicht als Ausnahmeerscheinung zu bezeichnende Rapper Massiv setzt sich im Rahmen der Promo-Arbeit für sein in Kürze erscheinendes Album "Blut Gegen Blut 2" entsprechend in Szene - und auch dabei macht der Mann wieder eine sehr eigenwillige Figur:

Ich darf die diensthabende Poststelle an dieser Stelle bitten, das Album zu Reviewzwecken beizeiten unserem Hackschnitzel-Fachmann Edele zukommen zu lassen.

Tatwaffe: Dauerfeuer!

Generell beliebter weil notwendiger wird in Musikerkreisen der Gang zur Selbstvermarktung und der direkten Kontaktaufnahme mit der Klientel erachtet. Ich jedenfalls kann mich an keine Zeit erinnern, in der man als kleines Fan-Würstchen von seinen Helden häufiger mit Gratis-Material, Behind-the-Scene-Dokus, Prelistening-Streams und Einsichten in den künstlerischen Prozess hofiert wurde. Die Qualität all dieser Giveaways sei dahin gestellt, denn ewig währt der Spruch vom geschenkten Gaul.

Ein aktuelles Projekt dieser Kategorie haben derzeit der Firma-MC Tatwaffe und sein alteingesessener DJ-Kollege Rick Ski am Start: Unter dem Namen "Dauerfeuer" veröffentlichen die beiden seit dem 1. Januar und noch bis zum Ende des Monats täglich und exklusiv zwischen 20.08 Uhr und 8.08 Uhr des Folgetags einen neuen Free-Track. Tagsüber gibts dann jeweils ein Video-Feature:

Funk Ex Machina

Lesern, für die Hip Hop sich nicht ausschließlich am Monitor abspielt, die überdies Aspekten wie Beatboxing, Tanz und künstlerischer Inszenierung etwas abgewinnen können und obendrein auch einen Samy Deluxe nicht von der Bühnenkante stoßen würden, sei die Veranstaltung "Funk Ex Machina" vom 19. bis 23. Januar im Hamburger Kampnagel empfohlen:

"Der US-amerikanische Hamburger Choreograf Johnny Lloyd entwirft mit Samy Deluxe, fünf Tänzern (darunter Robozee, Prince und Joel Gläfke), Musikern und einem 20-köpfigen Beatbox-Chor eine futuristische Welt in Bewegung. Aus einem dominanten System aus Sounds und regulierten Bewegungen lösen sich einzelne Individuen wie Zellen zur Formation der sozialen Gegenbewegung. Durch die Mittel des Hip Hop, durch individuelle Stimmen und Körper ohne repräsentative politische Partei entsteht das, was Hip Hop zur weltweiten Bewegung gemacht hat: Der künstlerische Siegeszug durch die Umwertung und das Re-Sampling der herrschenden Codes. FUNK EX MACHINA ist ein mikroskopischer Blick auf die Möglichkeit der Utopie durch die Kunst am Beispiel des Hip Hop."

Alle weiteren Infos findet man bei Interesse hier.

There's an app for that

Für diejenigen, die den Rahmenbedingungen digitaler Displays ungern abschwören, bietet sich indes der neueste Streich aus dem Hause Selfmade an: Damit die teilweise legendären Punchlines eines Kollegah nicht so schnell in Vergessenheit geraten, sich im Gegenteil noch weiter verbreiten, kommen die Düsseldorfer mit einer so simplen wie guten Geschäftsidee um die Ecke: Man packt rund 100 Zitate des Künstlers in eine 79 Cent teure iPhone-App, welche die Bonmots auf Wunsch des Users dann direkt in dessen Facebook- oder Twitter-Profil postet. Nicht mehr und nicht weniger.

In diesem Zusammenhang sei auch noch auf dieses amüsante Fundstück hingewiesen. Der Weg zum Ruhm ist halt manchmal auch von selteneren Pflänzchen gesäumt ...

"Nur Opferseiten berichten über den angeblichen Fler vs. Sido Twitter-Beef."

Nachdem ein gewisser Herr dies so eindeutig bemerkt hat, sei an dieser Stelle auf eine mehrere Seiten umfassende Reportage zu besagten Kindereien verzichtet und stattdessen in bester Täter-, bzw. Fahrerflucht-Manier nur der Stein des Anstoßes präsentiert:
Sidos ganz persönlicher Jahresrückblick 2010 nämlich, welcher für die entsprechende letzte Doubletime leider einen Tick zu spät kam, aber so überraschend gut und wohldosiert bissig ist, dass er hier nicht fehlen darf. (Auch wenn Kollegin Fromm Sidos Featuregast Haftbefehl nach wie vor nix abgewinnen kann.)

Na, da freuen wir uns doch alle auf ein ertragreiches, abwechslungsreiches und unterhaltsames Jahr 2011! Da fällt mir ein: Wer Interesse hat, das vergangene Deutschrap-Jahrzehnt noch einmal en detail und mit dem notwendigen Abstand Revue passieren zu lassen - allerdings wie ich an notorischer Printmedien-Ignoranz leidet -, dem seien die beiden ersten Artikel der dreiteiligen Abhandlung "Deutschrap 2000 - 2010" in der taufrischen Online-Ausgabe der JUICE empfohlen:
Um die Jahre 2000 bis 2003 geht es an dieser Stelle, gefolgt von dem Feature zur eingangs erwähnten Aggro-Ära zwischen 2003 und 2007. Teil drei erscheint bestätigten Insider-Informationen zufolge dann ebenfalls in Kürze.

Track Der Woche

Ohne lange Begründung und einfach nur, weil es für alle Zeiten eines der ganz großen Alben bleiben wird: Masta Ace' "Disposable Arts" von 2002, hier mit "Dear Diary".

Ich, Maximum Brandl und sie, Yo Mama Fromm, sammeln und kredenzen wöchentlich Diverses aus dem Kopfnicker-Universum. Anträge, Blumen oder Punchlines an dani@laut.de oder max@laut.de.

Fotos

Samy Deluxe, Sido und Co

Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Simon Langemann) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © laut.de (Fotograf: Chris Springer) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Selfmade (Fotograf: Laion) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Samy Deluxe, Sido und Co,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny)

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