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Das Ringen um korrekten Umgang

Drittens - dass ich das irgendwann schreiben würde, hätte ich auch nicht gedacht! - könnten wir ausnahmsweise einmal damit aufhören, auf dem Kollegen Oliver Marquart herumzuhacken? Ich finde es äußerst armselig, diesem offensichtlichen Ringen um einen korrekten Umgang mit einem beschissen ernsten Thema ständig mit dem Vorwurf zu begegnen, es sei "bigott" oder lediglich ein "Aufspringen auf den Hype", weil Marquart respektive rap.de "doch selber dies und das gefeiert/befeuert/promotet haben, das auch nicht korrekt ..." bla, bla.

Mir ist jemand, der dazu lernt, hundertmal lieber, als jemand, der unverrückbar auf seinen Ansichten beharrt. Jemand, der auch mal zugeben kann, dass er sich geirrt hat, sticht den, der sich für unfehlbar hält, jederzeit um Längen. Mir ist, ehrlich gesagt, auch eine Inkonsequenz, die man sich dann halt bewusst machen muss, lieber, als die (ohnehin reichlich unglaubwürdige) Behauptung, immer und zu jeder Zeit einem Prinzip treu zu sein. Wer schafft das schon? Und der Versuch (!), etwas an bestehenden, für inakzeptabel befundenen Verhältnissen zu ändern, ist auf jeden Fall wertvoller, als rein destruktives, ätzendes Niedermachen der guten Absicht.

Deswegen freu' ich mich, wenn Kollege Marquart einen Beitrag leistet, auch wenn ich mit ihm oft genug nicht einer Meinung bin. Und ich muss Jule Wasabi nicht für eine Koryphäe in Rap-Hintergrundwissen halten, um ihr, zumal selbst von Übergriffigkeiten betroffen, die Erkenntnis "Rap muss umdenken" zuzutrauen, die sie in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung formulieren durfte.

Die taz findet lobende Worte für die Berichterstattung in den Rapmedien, das passiert auch nicht alle Tage: "Die Einsicht, dass Sexismus strukturell ist, kommt spät, doch vielleicht ist die Berichterstattung anlässlich der Vorwürfe gegen Gzuz und Bonez MC der letzten Tage ein kleiner erster Schritt in Richtung #raptoo."

Danke, weitermachen.

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Doubletime Gzuz verteilt Maulkörbe

Wer berichtet, kriegt Post vom Anwalt. Rockstah wird Komiker, Fler Wahlhelfer, Xatar Wohltäter. Übrigens: Von Salat schrumpft tatsächlich der Bizeps.

3 Kommentare mit 4 Antworten

  • Vor 4 Jahren

    Das heißt, bald ist Conscious- und Rap-Rap wieder in? Hätte nix dagegen.

  • Vor 4 Jahren

    Deiner Bewertung der Lage würde ich gar nicht widersprechen, aber wie soll ein solches #metoo im Deutschrap konkret funktionieren, wenn sich die Rap-Medien wie im Gzuz-Fall sofort von Post vom Anwalt einschüchtern lassen, alle Artikel dazu löschen und sich stattdessen ins Allgemeine und Kryptische begeben? Die Rap-Hörer, denen etwas mehr Problembewusstsein in dieser Frage dringend guttun würde, sind ja in der Regel keine FAZ- oder taz-Leser. Die Chance, dass sie auch mal eine andere Sicht der Dinge als die vom Künstler gewünschte mitkriegen, ist dann deutlich geringer. Deshalb habe ich z. B. mich ja kritisch zu Marquarts Aufruf geäußert und nicht, weil ich es widersprüchlich finde, dass er auch schon Künstler mit fragwürdigen Inhalten gefeiert und promotet hat.

    • Vor 4 Jahren

      Da sind die Herrschaften bei den "Rap-Medien" halt einfach saublöd. Wenn die sich von jedem dahergelaufenen Anwalt ins Bockshorn jagen lassen, sind sie nicht nur saublöd, sondern haben auch kein Rückgrat. Oder sie formulieren ihre Berichte halt einfach saublöd, so dass jeder Winkeladvokat ihnen einen Strick drehen kann.

    • Vor 4 Jahren

      ... oder sie haben einfach keine kohle, keine nerven und keine manpower für einen rechtsstreit, den man trotz allem auch erstmal führen müsste.

    • Vor 4 Jahren

      Das mag schon sein. Ich finde aber, dass man sich dann den Vorwurf gefallen lassen muss, dass man lieber den bequemen Weg gegangen ist und sich ein paar Schulterklopfer von Gleichgesinnten abgeholt hat, statt ein Risiko einzugehen und womöglich einen Präzedenzfall zu schaffen, der auch bei Kollegen zu mehr Mut in solchen Dingen führen könnte.

  • Vor 4 Jahren

    Deinen Glauben daran, dass jemand wie Marquart sich ändert, oder solche Beiträge wirklich aus einem "guten Willen" schreibt, würde ich gerne teilen. Aber 10 Jahre Deutschrap-Clickbaiting sind ein ungutes Vorzeichen. Und meinungsstarke Diskussionsbeiträge sind auch keine gesellschaftliche Veränderung, sondern erstmal nur Meinungen, die in den Äther geblasen werden. So wie dieser Beitrag