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"Isch hab Notbremse"

"Aber anders als du denkst", wie gesagt, nur die zweitdümmste Headline der Woche. Die Krönung habe ich ja schon eingangs zitiert: "Isch hab Notbremse". Damit macht die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen Artikel über Kollegah auf. Autor Jan Weile erbringt da gleich zu Beginn seinen Sachkundenachweis: "Beim Gangsta-Rap geht es dauernd um Authentizität und 'street credibility', aber wenn jemand die Texte kritisiert, heißt es, das sei ja nur Rollenprosa (Lyrik kann man es meist beim besten Willen nicht nennen)." Da weiß man immerhin sofort, woran man ist.

Wie danach zu erwarten stand, vereint der Text auch wieder alle Reizworte in einem Topf: Gangster und Drogen und Prostituierte und Haftbefehl und Böhmermann und Homophobie und Sexismus und Bushido und Antisemitismus und Salafismus und am Ende wundere ich mich, dass ich nach jahrzehntelangem exzessiven Rap-Konsum noch immer nicht Allahu-Akbar-schreiend die nächstgelegene Synagoge gesprengt habe, nachdem ich gerade von der Jahreshauptversammlung der Zuhälter-Gewerkschaft kam. Alter! Können wir Hip Hop noch immer nicht differenziert betrachten? Wenigstens ein bisschen? Bitte?

Den Aufhänger für diese Tirade lieferte das an Lächerlichkeit nur schwer zu überbietende Tauziehen um den Auftritt oder Nicht-Auftritt von Kollegah und Farid Bang beim Hessentag in Rüsselsheim. Der wurde inzwischen ja schon so oft zu- und wieder abgesagt, dass man sich in den Augen der jungen Zielgruppe, die man damit für die angestaubte Veranstaltung ködern wollte, schon nachhaltig zum Horst gemacht hat.

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4 Kommentare

  • Vor 7 Jahren

    Differenzierte Betrachtung: Bushido ist der Lakai einer Großfamilie der seine Frau unsanft angefasst hat, Kollegah ist am Ende seiner Kunstfigur angekommen und rappt 18 min lang über Karottenpenetration, Farid wiederum jammert direkt los sobald kritik sachlich wird.

  • Vor 7 Jahren

    Haha, auch die FAZ kriegt es nicht hin. Schon beachtlich wie sehr und wie lange sich die Medien sträuben sich in Sachen HipHop und Rap Ahnung anzulesen, bzw. mal einen schreiben zu lassen der Plan hat.

    Aber immer schön auf erhaben machen.

  • Vor 7 Jahren

    Verständlich, dass einem sowas als Journalist nahe geht. Aber diese ganzen Medien begraben sich doch langsam aber sicher selbst. Zeitung lesen ist im Jahr 2017 nur noch ein triviales Hobby. Selbst Menschen, die in Positionen sind, in denen man "über das Geschehen in der Welt" informiert sein sollte, überfliegen oft nur noch die headlines. Alles andere ist Zeitverschwendung, wenn man nicht explizit darauf steht.
    Insofern verliere ich so langsam mein Interesse daran, was irgendein unqualifizierter Hansel bei einem aussterbenden Medium so von sich gibt. Es wirkt inzwischen nur noch albern und anachronistisch.

  • Vor 7 Jahren

    Ich habe ja durchaus Respekt vor Leuten, die journalistisch was draufhaben und gut schreiben können etc, das heißt aber nicht, dass diese Menschen auch zu jedem Thema die richtigen Worte finden.. und wenn man keinen anderen hat, der sich auskennt, sollte man das ganze lieber bleiben lassen. Wirft ein schlechtes Bild auf die Zeitung für mich und viele andere Raphörer als potentielle Käufer.Scheinen wohl viele noch ein Problem damit zu haben, dass der einst so verlachte HipHop die Charts und Medien dominiert und fester Bestandteil unserer heutigen Welt geworden ist. Da muss man dann eben ab und an die Stories vom bösen Rüpelrapper Bushido raushauen, um sein Weltbild zu bewahren