Die Beginner gehen ins Studio, die Beastie Boys kämpfen für ihr Recht, die Atzen verschlägts nach Nevada und Massiv flambiert Thilo Sarrazin.

München (max) - Der berufliche Ehrenkodex, der persönliche Stolz oder wahlweise die pure Abgestumpftheit in dieser Sache untersagt es einer Hip Hop-Schreibkraft eigentlich, auch nur noch ein einziges weiteres Wort über ein mögliches Erscheinen von "Detox" zu verlieren. Aber so knapp am Anfang, so als Einstieg in die wöchentliche Kolumne, da wollen wir das noch mal eben durchwinken.

Wie nämlich hiphop.de aufgrund des folgenden Handy-Videos von Just Blaze orakelt, liefert der Einwurf "Four Twenty!" seitens Dr. Dre einen klaren Hinweis auf den 20. April 2011 als Erscheinungsdatum der Platte:

Wie der Urheber des Filmchens jedoch schlussendlich noch prophetisch anmerkt, werden wir in 2011 gegebenenfalls auch Zeuge einer Einhorn-Erscheinung werden. Alles klar.

Beginner 2011

Weniger nebulös, sondern sehr konkret äußert sich hingegen Eißfeldt in einem jüngeren Interview zu den Plänen, sich in 'Zwanzigelf', wie man neuerdings sagt, an die Arbeit zu einem neuen Beginner-Album zu machen.

Wen jetzt Ambivalenzen à la "Neue Beginner-Platte? Ja gerne!", aber "Womöglich mit Instrumenten, Gesang und so? Nein danke!" befallen, dem spielt folgende Aussage des musikalisch heute durchaus umtriebigen MCs in die Hände: "... wenn ich sowas mach', dann hab ich Bock auf Rap." - und er meint damit das klassische Setup: Beats, Cuts und Wortsport.
Erscheinen wird der Nachfolger zur 2004er LP "Blast Action Heroes" allerdings dann wohl eher erst in 'Zwanzigzwölf':

Fight For Your Right Revisited

Deutlich angestaubter ist die Kiste, die die Beastie Boys dieser Tage reanimieren: Auf dem honorigen Sundance Film Festival debütiert genau heute der 30-minütige Kurzfilm "Fight For Your Right Revisited". MCA alias Adam Yauch zeichnet als Regisseur verantwortlich und trumpft mit einer beachtlichen Latte Hollywood auf.

So stand neben zig anderen Stars und Sternchen auch Frodo - bzw. Elijah Wood - als einer der beiden (?) Ad-Rocks vor der Kamera, während die echten Beastie Boys wiederum drei Cops mimen - "Sabotage" lässt grüßen. Zum Inhalt ist noch nicht viel bekannt, die Notiz "After the boys leave the party ..." legt aber nahe, dass der Halbstünder den Nachgang zum Original-Party-Video von 1986 ausleuchtet. Es dürfte nicht allzu lange dauern, bis das Teil die Runde im Netz macht - watch out. Schauspieler Seth Rogen zu seiner Rolle als Mike D im Interview mit MTV:

Die Atzen in Amerika

Filmische Ambitionen greifen aber auch unter deutschsprachigen Rap-Kameraden aller Couleur um sich. Während Bushido sein Leinwand-Debüt bereits hinter, Sido das seinige noch vor sich hat, backen andere Zunftgenossen ihre - zwar kleineren, aber nicht zwingend trockeneren Brötchen: So bieten zum einen die Atzen mit dem ersten Teil ihres YouTube-Features "Die Atzen in Amerika" eine pittoreske Mischung aus unaufgeregter Komik, surrealistischem Synchronsound und schrulliger Story - ich bin gespannt, wie das hier weiter geht:

Politisches Wattwandern

Noch deutlich mehr Aufwand in Sachen Inszenierung, Kulisse und Postproduktion hat indes der Ad-hoc-Berliner Massiv in den Teaser zu seinem kommenden Album "Blut Gegen Blut 2" gesteckt. Dort, wo er vor zwei Wochen noch eine possierliche Schlagzeug-Einlage absolvierte, greift der Mann nun auf gewohntes Instrumentarium zurück.

So formt sich der dreigeteilte Ausblick aus einer brachial hochstilisierten Einer-Für-Alle-Pose, unter deren Schussweste das Herz einer Löwenmutter schlägt, positioniert den Akteur irgendwo zwischen Rick Ross, Rambo und unzurechnungsfähig und zitiert am laufenden Band die Filmgeschichte. Eine Prise politische Provo-Banalitäten - in der brandaktuellen Variation mit einem flambierten Sarrazin - krönt das Ganze.

Nun ja. Was man dem Werk jedenfalls nicht absprechen kann, ist die kinematografische Qualität, die mich hie und da an die visuellen Kunstgriffe eines Specter für Aggro Berlin erinnert - auch wenn das Überraschungsmoment einer solchen Ästhetik im Deutschrap-Kontext inzwischen merklich geschrumpft ist:

Doch es scheint zu funktionieren - zumindest die Welt Online springt auf den lodernden Sarrazin an.

Außerdem

Der nicht an vorderster Front für seine Storytelling-Qualitäten bekannte Farid Bang überrascht in "Teufelskreis", der Vorab-Single zu seinem am 18. Februar erscheinenden Album "Banger Leben Kürzer", mit Inhalt und keinem einzigen Diss.

Die Swollen Members laden "Fans, Family and Friends" noch bis zum 10. Februar zum Cover-Artwork-Contest für den Re-Release ihres kompletten Back-Katalogs.

Umfassende Bodybuildung gehört bei einer gewissen Sparte Rap inzwischen längst zum guten Ton, beziehungsweise zum integren Image. Meines Wissens bezog allerdings bis dato niemand seine musikalische raison d'être aus der sportlichen Ambition. Der Stuttgarter Voodoo belehrt mich mit "Gewicht", das schon 2009 erschien, nun rückwirkend eines Besseren.

Letztlich sei - nicht zuletzt aufgrund akuter Inflation - noch auf den "Old Person's Guide to 'No Homo'" hingewiesen: "One of my favorite things about hip hop is our everlasting love of language. One of my least favorite things about hip hop is our everlasting fear of being gay." Word.

Track der Woche

Weils inzwischen 25 Jahre her ist und die Geschichte ja, wie erwähnt, ganz aktuell eine Renaissance erlebt, sei hier noch mal das Original-"Fight For Your Right" von 1986 gespielt. Ein wildes Teil, in jeder Hinsicht:

Ich, Maximum Brandl und sie, Yo Mama Fromm, sammeln und kredenzen wöchentlich Diverses aus dem Kopfnicker-Universum. Anträge, Blumen oder Punchlines an dani@laut.de oder max@laut.de.

Fotos

Massiv

Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny) Massiv,  | © Al Massiva (Fotograf: Ondro Ovesny)

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66 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Hm, ich glaube wenn ich zwölf wäre, würde ich das Promo-Video von Massiv ganz toll finden.

    Es gibt leider auch dort Sachen, die mich grundlegend srören:

    1. Wie kann man in einem Lied nachdenklich, vielschichtig(!) und versöhnlich klingen, dann kurze Zeit später blutend und rotäugig in der Badewanne sitzen, Tod und Gewalt predigend - und sich dabei insgesamt nicht irgendwie seelen- oder sinnlos vorkommen?

    2. Ich habe das Gefühl, das Massiv sich das Recht herausnimmt (und das ist generell legitim) für Muslime in verschiedenen Bereichen dieser Welt zu sprechen. WENN dem so ist, wie kann er dann tatsächlich saufend und Zigarre rauchend durch Videos ziehen? Die wenigsten Muslime, die ich kenne, von Aleviten einmal abgesehen, würden das tolerieren oder gar begrüßen.

    Allerdings würden meine muslimischen Bekannten Massiv auch nicht zum Vorbild nehmen.

  • Vor 13 Jahren

    immerhin hat er ein wenig abgenommen. das ist ja auch was.

    wenn ich ehrlich bin, beeindruckt mich die inszenierung bzw die professionalität der filmischen mittel schon. das ist ja schon so ein bisschen tarantino goes wedding und spricht am ende sogar die gegner auf der ästhetikebene an (hallo frau riefenstahl, möchte man ausrufen!).

    und die al bano/romina wower einlage ist nun wirklich große komik. ich hab bei dem mann stets da gefühl, dass er im sog. echten leben ein sehr angenehmer und sympathischer typ sein könnte.
    wenn er mal vergisst, evil taha zu mimen, sieht der gesichtsausdruck doch eher aus wie bei einem golden retriever in verkleidung.

    ....jetzt werde ich den ohrwurm nicht mehr los.....fuck......