Die neue Single beweist, dass der größte Vorreiter des Latin Traps zur Zeit auch global in die Top 5 gehört.

Daikiti Beach (ynk) - Bad Bunny dominiert die Welt zwischen Reggaeton und Latin Trap nicht erst seit gestern. Aber obwohl Kritiker-Respekt und Anhängerschaft von Release zu Release wachsen, wirkt er weiterhin aus den großen Debatten über den State of Art spürbar ausgeklammert. Warum? Wer "X 100Pre" oder "YHLQMDLG" gehört hat, weiß, dass der Mann klanglich, stimmlich und kompositorisch derzeit zu den größten Figuren im Kosmos aller Hip Hop-Subgenres gehört. Wer sich wirklich auf seine Musik eingelassen hat, weiß, dass das Klischee, aller Latin Trap klänge gleich, nicht zutrifft.

Eigentlich gibt es nur eine Erklärung: Aus Engstirnigkeit, aus Komfortzonen-Gemümmel oder wegen seines dämlichen Namens haben sich viele Hörer nie richtig an Bad Bunny herangetraut. Aber es wird Zeit, das zu ändern: Just letzte Woche erschien mit "Daikiti" eine neue Lead-Single, die nicht nur kommerziell einen Meilenstein für ihn darstellt, sondern auch musikalisch einen wunderbaren Einstiegspunkt. In diesem Sinne, besser spät als nie:

Als allererstes fällt der Synth-Ton ins Auge. Ein flüchtiger, sanfter Klang, der schon auf Robert Miles' "Children" so verwendet und Dutzende Male gesamplet wurde. Er füllt die hohen Register des Instrumentals mit nokturnalem, futuristischem Ambiente, während Produzent Tainy eine untypisch stark gefilterte Reggaeton-Drumline und eine matt gleitende Bass-Melodie völlig ins untere Ende des Frequenzbereich verbannt. Das Resultat ist die Blende aus Synthwave-Lichtermeer und Insel-Groove, die Bad Bunny schon auf "Otra Noche En Miami" brillant ausgespielt hat.

Er ist eben der Puerto-Ricanische König der Sad-Banger. Emo, androgyn und stimmlich mit einer Wucht ausgestattet, um selbst die schwerelosesten Trap-Beats zu absoluten Ohrwürmern zu erden. Besonders im Kontrast zu den etwas zu hohen Vocals von Feature Jhay Cortez zeigt sich hier seine Stärke als Vocalist. Ersterer darf den Song zwar eröffnen, wirklich Fahrt nimmt die Nummer aber erst auf, wenn Bad Bunny selbst mit seinem typischen Flow den Beat kommandiert, wie es kein zweiter könnte.

Trotzdem gibt das Wechselspiel zwischen den Beiden, gerade wenn sie gegen Ende harmonieren, dem Song Tiefe. Wenn in den Refrains eine zusätzliche Ebene Sub-Bass einsetzt, aszendiert die Produktion. Der Build-Up durch die intriganten Key-Läufe in der Bridge bis hin zum letzten Refrain ist ein besonderes Highlight. "Daikiti" ist eine tödliche Jam, die futuristisch und noir, aber auch melancholisch und high gleichzeitig anmutet. Vocals, Produktion, Ästhetik und Komposition: All das findet auf einem so hohen Level statt, dass es absurd wäre, Bad Bunny weiterhin nicht ernst zu nehmen.

Aber nicht nur musikalisch setzt der Rapper hier ein Ausrufezeichen. Auch kommerziell schlägt "Daikiti" ein wie eine Bombe. Letzte Woche stieg der Song auf Platz 8 der Billboard-Charts ein. Abgesehen von seinem eigenen Drake-Feature "Mía" markiert das das erste Top Ten-Debüt eines Latin-Songs, zumal ohne genrefremde Unterstützung. Weiterhin dominiert die Nummer die globalen Charts massiv und hält sich auch im Streaming konstant. Sie wird in den kommenden Wochen also eher wachsen als fallen. Es ist außerdem anzunehmen, dass das kommende - und nach seinen Angaben letzte - Bad Bunny-Album womöglich einen Impact haben wird, der für sein Genre präzedenzlos sein wird.

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