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Karl Bartos "Der Klang der Maschine"

Worum geht's?

Studierter klassischer Musiker landet wie die Jungfrau zum Kinde in einer Band, die ab den Siebzigern wegweisende elektronische Musik macht. Mit seinen drei Kollegen von Kraftwerk stößt Karl Bartos in Gefilde vor, die so noch nie von Musikern beackert wurden. Aus einem losen Haufen formte sich die 'klassische' Besetzung mit Ralf Hütter, Florian Schneider, Wolfgang Flür und Karl Bartos. Das Buch zeichnet den Weg des zweiten von links der Kraftwerk-Bühnenbesetzung nach.

Skandalöses aus dem Inneren des Kling Klang-Studios sucht man hier vergebens. Bartos geht es nicht um effekthascherische Details der streng abgeschirmten Klang-Schmiede. Vielmehr konterkariert er etwas das unnahbare Bild der Düsseldorfer Band und schildert, wie in unzähligen Sessions die Musik der Gruppe entstand. Höflich und keineswegs verbittert resümiert Bartos musikalische, zwischenmenschliche und auch geschäftliche Aspekte der Kraftwerk-Geschichte. Wohlwissend, dass er dem Schatten der "eletronischen Beatles" auf Lebzeiten niemals wird entfliehen können.

Wer hat's geschrieben?

Karl Bartos, Jahrgang 1952. Über seinen Geburtsort Berchtesgaden führt die Geschichte des Musikers ins Rheinland, wo er erst eine Ausbildung als Fernmeldetechniker durchläuft, ehe er seiner Berufung nachgeht und eine klassische Ausbildung als Schlagzeuger absolviert. Von dort aus geht es mit Kraftwerk um die Welt, nachdem Hütter und Schneider am Konservatorium anrufen und sich nach einem geeigneten Schlagzeuger erkunden. 1991 trennen sich die Wege von Bartos und der Mensch-Maschine. Im Anschluss versucht der Musiker ein eigenes künstlerisches Profil herauszubilden. Dem Leser wird recht deutlich vor Augen geführt, dass auch der Co-Autor eines Welthits wie "Die Roboter" schauen muss, wie er am Ende des Tages seine Schäfchen ins Trockene bringt.

Wer soll's lesen?

In erster Linie Kraftwerk-Fans, die ein neuer Blickwinkel des inneren Kling-Klang-Studio-Zirkels interessiert. Im Gegensatz zu Wolfgang Flürs bitterer Abrechnung mit seinen Ex-Kollegen in "Ich War Ein Roboter" spart sich Bartos das Nachtreten. Relativ emotionslos bringt er seine Enttäuschung über den mangelnden 80er-Output Kraftwerks und das etwas seltsame Geschäftsgebaren Hütters und Schneiders zum Ausdruck.

Das beste Zitat:

Über den Videodreh zu "Schaufensterpuppen": "Doch schließlich waren wir mit den Lyrics im Club angekommen und fingen an zu tanzen. Und wie. Florian – der Meister der Pirouetten und geschüttelten Barmixerhände – bleibt todernst. Unglaublich, aber wahr: Ralf und Wolfgang lächeln, wie es im unsichtbaren 'Drehbuch' steht. Und ich ... naja, lassen wir das. Es war halt die Disco-Periode, und ich gab alles ..."

Der Klang der Maschine*, Karl Bartos, Eichborn, 640 Seiten, 26 Euro.

Wertung: 4/5. Text von Alexander Cordas

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