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Markus Berges - "Die Köchin von Bob Dylan"

Es gebe eine Fantastilliarde Bücher über ihn, die bereits erschienen oder in der Mache seien. "Also möchte ich jeden, der mich jemals getroffen, gesehen oder gehört hat, dazu ermutigen, zum Stift zu greifen. Wer weiß, vielleicht kommt dabei ein großartiges Buch heraus", schrieb Bob Dylan 2011 sarkastisch in einer seiner seltenen öffentlichen Stellungnahmen.

Zu den besseren Werken zählt das vorliegende. Wobei der Barde aus Duluth in Minnesota darin ebenso wenig die Hauptrolle spielt wie seine Titel gebende Köchin. Zentrale Figur in Markus Berges' zweitem Roman ist Florentinius Malsam, der mit seiner Familie als "Volksdeutscher" in der Ukraine unter Stalins Herrschaft schwer zu leiden hat. Ergreifend schildert der Sänger, Gitarrist und Songschreiber von Erdmöbel den Hunger und die Erniedrigungen vor dem zweiten Weltkrieg, während die Nationalsozialisten die Ukraine besetzen und Malsam nach einer kurzen Verschnaufpause das Leben zerstören.

Seine Frau und seine Tochter flüchten nach Deutschland, er selbst, offiziell als SS-Mann gefallen, baut sich eine neue sowjetische Identität auf. Der Zufall will es, dass er nach einem Schlaganfall plötzlich wieder Deutsch spricht und seine Enkelin gerade in der Ukraine weilt, wo sie besagten Barden aus Duluth in Minnesota mit Feinkost verwöhnt, während er hier ist, um einen Oligarchen mit einem Privatkonzert zu beglücken.

So treffen einerseits die sowjetische und die russische Familie aufeinander, andererseits unterhalten sich die einsamen Seelen Dylans und der Köchin angeregt in Anton Tschechows Anwesen auf Yalta. Schöne erzählerische Momente, die noch zu einem Zeitpunkt erschienen sind (im März), als Dylan lediglich eine alt gewordene Legende auf Neverending Tour war, noch keine alt gewordene Legende auf Neverending Tour mit Nobelpreis. Unter den Fantastilliarden Büchern, die bereits erschienen und noch erscheinen werden, gehört dieses tatsächlich zu den lesenswerteren.

Markus Berges, "Die Köchin Von Bob Dylan". Rowohlt, 288 Seiten, 19,95 Euro. Wertung: 4/5.

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