Elvis Costello "Unfaithful Music"
Mittlerweile ist man es ja gewohnt, dass Rockmusiker in Buchform nicht das gelingt, was einen klassischen Song ausmacht: sich kurz zu fassen. Elvis Costello stellt mit seinen Memoiren "Unfaithful Music" vermutlich einen neuen Rekord auf.
Doch gelingt es ihm nach wenigen Seiten, den Leser zu fesseln, schließlich hat er sich einen Namen für seine ungewöhnlichen wie vielschichtigen Texte gemacht. Eher assoziierend als chronologisch lässt er Karriere, Liebschaften, Exzesse und besondere Momente Revue passieren, fließend wechselt er von Sarkasmus zu Selbstkritik und zu liebevollen Porträts der Menschen, die er mag. Johnny Cash oder Paul McCartney sind bei ihm auch nur Sterbliche, Helden findet er auch immer wieder im Alltag. Wie etwa seinen Großvater, der Trompete in Schiffsorchestern spielte, die zwischen New York und Manchester pendelten, oder seine Großmutter Veronica, die ein leidvolles Leben ertragen musste und über die er mit McCartney ein Lied schrieb.
Dass er selbst zu den bekanntesten Musikern weltweit zählt, scheint Costello eher zu verwundern und spielt im Werk keine große Rolle. Auch wenn es die eine oder andere interessante Gegebenheit ermöglicht. Etwa mit Bob Dylan an der Hotelbar vor einem gemeinsamen Auftritt. "Wir sprachen kurz über alte Songs und vergessene Alben, während der Regen vom Dach rann. Dann sagte Bob: 'Ich muss dir etwas vorlesen', griff in die Tasche und zog eine Papierrolle wie eines der alten Londoner Bustickets hervor. Er entrollte sie und fing an, einen Text zu rezitieren, bei dem es sich nur um eine besonders grausige Passage aus dem Alten Testament oder um Zeilen aus einem Screamin' Jay Hawkins-Song handeln konnte", erzählt Costello etwa.
Mit vielen Bildern, die in den Text integriert sind, gehört "Unfaithful Music" zu den besten Musiker-Autobiographien überhaupt. Und ist auch für Leser interessant, die sich sonst nicht für Costello interessieren. Sofern sie den Mut aufbringen, das dicke Buch in die Hand zu nehmen.
Elvis Costello, "Unfaithful Music", Berlin Verlag, 784 Seiten, Hardcover, deutsch, 29,99 Euro. Wertung: 5/5.
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