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PLATZ 11: "Diamond Dogs" (1974)

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Die Spiders vom Mars werden 1974 vom Hof gescheucht, Bowie mag nicht mehr Ziggy sein. Einen echten Ausweg hat er aber noch nicht gefunden. Stattdessen steigert er seinen Schwanengesang auf den Glam-Rock in einen apokalyptischen Größenwahn. Zwischen Genialität und Überdruss verliert er sich inmitten urbanem Chaos, Kubrick- und George Orwell-Verweisen. Das überladene Werk, aus dem eigentlich ein Musical entstehen sollte, ruckelt an allen Ecken. Das ausufernde "Sweet Thing / Candidate / Sweet Thing (Reprise)" steht dem rotznäsigen "Rebel Rebel" entgegen. Der Funk "1984" erinnert mehr an Isaac Hayes oder "Die Straßen Von San Francisco" als an Orwell. Mit "Big Brother" findet sich hier auch die Blaupause für jeden Suede-Song. In seiner verschnupften Maßlosigkeit pfeift Bowies achtes Album auf jegliche Geschlossenheit, zieht aber genau daraus seine Faszination.

Anspieltipps:

"Sweet Thing / Candidate/ Sweet Thing (Reprise)", "Rebel Rebel" und "Diamond Dogs".

Besser weiträumig umfahren:

"Chant Of The Ever Circling Skeletal".

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1 Kommentar mit 2 Antworten

  • Vor 8 Jahren

    "Diamond dogs" ist der ewige Geheimtipp unter den großen Bowie-Platten. Inspiriert von Orwell packt er eine dystopische, endzeitliche und zutiefst emotionale Dunkelheit aus, in dessen degenerierter Landschaft Romantik oder gar Liebe konstant ums bloße Überleben kämpfen. So nimmt er 1974 bereits alle Kaputtheit vorweg, die spätere Genrewerke a la "Mad Max" und Co ausmacht. Für das entsprechend aus allen Fugen geratene Soundbild tauschen die Musiker teils ihre Instrumente. Schon Bowies dilettierendes Sax ist eine Show. Songwriterisch ist die Platte bärenstark. Neben Hits wie "Rebel Rebel" gibt es großartige Momente wie "1984" oder "Big Brother". Doch ewiger Anspieltipp und eine seiner besten Sternstunden ist das dunkel pochende Herzstück "Sweet Thing/Candidate/Sweet Thing". Wer diesen dreiteiligen song liebt, hat Bowie bis ins Mark verstanden.