laut.de-Kritik

Da steppen Obama, Merkel, der Papst und Philipp Rösler.

Review von

Bombast bietet eine wunderbare Spielwiese. Unzählige Bands erbauen sich um ihn mit diversen Variationen, einem Augenzwinkern oder dem Gegenüberstellen zu ruhigen Momenten eine ganze eigene Welt. Aber nicht Muse. Die Band um Grumpy Cat Matthew Bellamy kennt nur noch eine Marschrichtung. Am 6. Juli 2013 kamen sie nicht etwa zum Spaß nach Rom. Nein, Muse meinen es todernst.

Wem das überambitionierte "The 2nd Law" nicht gefallen hat, kann von diesem Livemitschnitt gleich die Finger lassen. Die Songs stammen zum größten Teil von diesem zusammengeklauten Knorz und seinem Vorgänger "The Resistance". Und nein, wenn man sich quer durch die Musikgeschichte stibitzt, ohne auch nur einen Funken eigene Identität einfließen zu lassen, gilt dies keineswegs als Hommage.

Gerade mal sieben Stücke (bzw. fünf auf der CD) der ersten vier Longplayer finden auf "Live At Rome Olpymic Stadion" Einzug. Für die alten Schätze greift man also lieber weiterhin zu den eh weitaus gelungeneren Mitschnitten "Hullabaloo: Live At Le Zenith, Paris" und "Haarp".

Die Liveversionen krallen sich allesamt mit beiden Händen an den Studioaufnahmen fest. Neuarrangements oder Improvisationen bleiben den Briten weitestgehend fremd. Pfeffern wir die fade CD also zur Seite und widmen uns gleich der DVD.

Ein ekstatisches Publikum bindet die gigantische Bühne in ein Meer von Smartphones. Treffsichere großartige Visuals, exzellente Beleuchtung und ein bisschen zu wenig Pyrotechnik stellen Muse die ganz große Bühne bereit. Leider wissen diese dem Spektakel nur wenig entgegenzusetzen.

Anstatt sich Mühe zu geben und sich optisch ein wenig anzupassen, latschen sie lustlos und in Alltagsklamotten ins Rampenlicht. Howards Strampelanzug in den Zugaben sowie Bellamys rote Hose stellen die überschaubare Ausnahme dar. Dass der Sänger und Gitarrist nicht noch mit seinen Hauspuschen auf die Bühne schlurft, grenzt fast an ein Wunder. Ein wenig mehr Mühe, Lametta und Federboa wäre bei dem sie umgebenden Überschwang durchaus drin gewesen.

Dafür führt Bellamy vom ersten "Supremacy"-Ton an seine Rockerschnute über die Bühne spazieren. Beschäftigt er sich nicht gerade mit singen, bleibt uns dieses trotzige Duckface auch über den Rest der Spielzeit erhalten. Er zeigt sich durchgehend bierernst und von jeglicher entwaffnender Selbstironie befreit. Ein staubig trockener Steuerfachangestellter mit Stubbelhaaren, dem man versehentlich eine Gitarre umgeschnallt hat, so wirkt er zumindest. Ein Biedermann in der Verkleidung eines Rock'n'Roll-Stars.

Mit einem gläsernen Flügel, einem Megaphon oder dem Laufsteg, der zur Mitte des Publikums führt, ergeben sich Muse sämtlichen Liveklischees. Zu "Undisclosed Desires" läuft der Brett, der Bell, der Amy durch das Publikum, wie einst der Roland, der Kaiser durch die ZDF-Hitparade. Einer Maschine gleich arbeitet sich die Band durch ihr Programm. Routiniert spielen sie ihre Songs herunter, ohne für den Augenblick zu brennen. Am oberen Ende der Perfektion findet sich die Langeweile.

Immerhin produzieren sie dabei, vor allem dank der Mithilfe des alles zusammenhaltenden und fast unsichtbaren Keyboarder und Gitarristen Morgan Nicholls, eine erstaunliche Menge Lärm. Ihm ist es zu verdanken, dass der Livesound mit dem Gigantismus der Studioaufnahmen mithalten kann.

Zu "Panic Station" tanzen auf den überdimensionalen Bildschirmen Obama, Merkel, Hollande, der Papst und irgendwas, das in dieser schlechten Animation verdächtig nach Philipp Rösler aussieht. Während "Animals" teilt sich das Bild in zwei und ein Kurzfilm zeigt die ekelhaften Fratzen der Banken- und Aktienwelt. Am Ende eilt der schleimige Hauptdarsteller des Films auf die Bühne, schmeißt die Fuffies durch den Club und schreit: BO, BO!

"Follow Me" verliert live netterweise etwas von seinem Will.I.Am-Anstrich. Viel besser macht es diesen käsigen "I Will Survive"-Abklatsch aber auch nicht. Das Dubstep-Experiment "The 2nd Law: Unsustainable" taugt nach einem Jahr schon nur noch für den Abspann und die Extras. Das Muse dann ausgerechnet bei "Survival" auf einen echten Chor verzichten und diesen vom Band einspielen, kommt einer verpassten Chance gleich. Sie suchen den Bombast. Wenn sie diesem aber gegenüber stehen, wissen Muse nichts damit anzufangen und vergeben jeden sich bietenden Elfmeter.

Highlight bleibt das schmuddelige und in den Extras versteckte "Stockholm Syndrome". Ohne Überarbeitung und mit gröberen Bildern regt sich in dem Track noch Leben. Das absolut verzichtbare und als Film angekündigte "The Road" stellt sich als Bühnenrumschieberei im Zeitraffer dar. Vergebene Zeit, in der von Muse nichts zu sehen ist und sich auch sonst niemand zu Wort meldet.

Reißt der Größenwahn von "Live At Rome Olypmic Stadion" zuerst noch mit, geht er mit der mehr und mehr zum Vorschein kommenden Gleichförmigkeit der Lieder verloren. Muse zeigen sich unfähig, feine Nuancen in ihre Vorführung einzubauen. Spätestens mit dem für sich genommenen großartigen "Hysteria" wirkt das Schauspiel befremdlich und leidenschaftslos.

"Knights Of Cydonia", das einst auf "Black Holes And Revelations" deutlich herausstach, geht hier als Berg unter Bergen unbemerkt unter. Keine Spur von Feinheiten, Schattierungen und Spontanität, um das Monstrum Muse weiterhin am Leben zu erhalten. Im durchkalkulierten Blockbuster fehlt den drei Jungs vom Recyclinghof die Seele, um die leere Darbietung auszufüllen.

Trackliste

CD

  1. 1. Supremacy
  2. 2. Panic Station
  3. 3. Resistance
  4. 4. Hysteria
  5. 5. Animals
  6. 6. Knights Of Cydonia
  7. 7. Explorers
  8. 8. Follow Me
  9. 9. Madness
  10. 10. Guiding Light
  11. 11. Supermassive Black Hole
  12. 12. Uprising
  13. 13. Starlight

DVD

  1. 1. Intro
  2. 2. Supremacy
  3. 3. Panic Station
  4. 4. Plug In Baby
  5. 5. Resistance
  6. 6. Animals
  7. 7. Knichts Of Cydonia
  8. 8. Explorers
  9. 9. Hysteria
  10. 10. Feeling Good
  11. 11. Follow Me
  12. 12. Madness
  13. 13. Time Is Running Out
  14. 14. Guiding Light
  15. 15. Undisclosed Desires
  16. 16. Supermassive Black Hole
  17. 17. Survival
  18. 18. The 2nd Law: Isolated System
  19. 19. Uprising
  20. 20. Starlight
  21. 21. Stockholm Syndrome (Las Vegas)
  22. 22. Unsustainable (Las Vegas)
  23. 23. Liquid State (Dallas)
  24. 24. The Road (The Film)

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Muse

Mit Muse hat die englische Musiklandschaft seit 1999 einen neuen Stern am Himmel. Die drei Jungs aus Devon sind wütend, melancholisch, depressiv und …

33 Kommentare mit 83 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    selten so einen stuss gelesen..muse machen so seit jahren livekonzerte und werden deshalb geschätzt. wer das nicht mag mag halt nicht muse. aber so ein wenig neutralität wäre durchaus gut zu gesichte stehend für das laut.de redaktionsteam, bzw. dem rezipienten gemäßer, der kritik nicht gleichsetzt mit schlechtkritzeln.

  • Vor 9 Jahren

    selten so einen Schwachsinn von Rezension gelesen. Beruf verfehlt.

    ein NIcht-Muse-Fan

  • Vor 9 Jahren

    Hmm... Mehrmals durchgelesen...kann's nicht nachvollziehen. 1.) Mega parteiisch, das hat nichts mit professioneller Rezension zu tun, 2.) Ein Autor der offensichtlich weder die Konzeption von "The Resistance" noch die von "The 2nd Law" kapiert hat. Ich schätze der werte Herr Autor hat auch Konzepte wie "The downward spiral" von den Nine Inch Nails also auch die Manson'sche Trilogie aus den 90-ern nicht "wertschätzen" können. Laut.de Team ich bin mehr als enttäuscht, dass ihr offensichtlich weder Qualität noch künstlerische Ausdrücke werten könnt. Und das schreibt jemand, der kein großer Muse-Fan ist ;)