laut.de-Kritik

Kölscher Klang-Terror hat auch seine melodischen Momente.

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Die Kölner Tanz-Sause MIT sind schon lange gern gesehene Dauergäste auf englischen Bühnen, und die EP "Deine Eltern" hat alles zum Beben gebracht. Jetzt haben die drei Jungs endlich ihren Longplayer auf Haute Areal veröffentlicht, mit "Coda" macht das Trio noch mal lautstark auf sich aufmerksam.

Ursprünglich hatten sich Tamer, Felix und Edi 2005 zusammen getan, um als eine Art Kollektiv aufzutreten, überfüllte Läden zu rocken und dann irgendwann plötzlich wieder verschwinden. Schön, dass sie das auch in Zukunft tun werden, denn von Verschwinden kann hier nicht die Rede sein. Die Elektro-Punks legen jetzt erst richtig los.

"Coda" beginnt mit einem klangvollen "Beispiel", das sich als taktvolles Intro entpuppt, in dem Schlagzeug und Rhythmus-Bewegungen dominieren, bis der Track mit Edis Stimmgewalt zum Höhepunkt gelangt. Während sie mit ihren EPs noch etwas schräger und durchgeknallter unterwegs waren, gibt es auf "Coda" sehr viele entspannte Momente im Synthesizermodus.

Edi schreit seltener impulsiv ins Mikro und singt nun mehr von liebevoller Zweisammkeit ("Zwei") in harmonischer Klangästhetik. Mehr Haltung, mehr Disco, mehr Punk! Verständliche Parolen, noch besser zum MITsingen. "Lieg auf der Straße oder tanze" heißt es da in "Genau An Diesem Abend" und "Voll Herzlichkeit bei der Arbeit" in "Merz".

Es wäre natürlich totaler Schwachsinn zu sagen, die drei seien erwachsen geworden. MIT sind immer noch blutjunge Talente, Anfang zwanzig. Sie haben ganz einfach einen Haufen Musiker getroffen, mit denen sie sich austauschen konnten. So haben sie in Namosh Arslan einen Gleichgesinnten gefunden, der es versteht, ihre musikalischen Vorstellungen im Studio auch umzusetzen.

Tamer und Felix sind nach Berlin gezogen und haben sich dort mit dem Elektromusiker angefreundet. Neben den kuscheligen Einlagen steckt der Tanzbär nach wie vor auch in "Coda". Und die geballte Lust, seine Körperglieder zu bewegen, merkt man spätestens bei "Gebaut", es erinnert an imposante Stücke wie "Was War Es".

Neben Rumpel-Schlagzeug, Moog und Bass bleiben Edis exzentrische Vocal-Ausbrüche ein wichtiges Merkmal von MIT. Er ist neben Thomas Mahmoud ein weiterer kölscher Rebell, der nicht nur auf der "Schäl Sick" die Gefahren der Welt erblickt. Während Thomas jetzt eher Berlin unsicher macht, hält Edi in Köln die Stellung.

Leider ist das kölsche Sound-Gewitter nach zehn Songs schon wieder vorbei, aber dann packt man sich halt noch die EPs und Single-Veröffentlichungen dazu und sollte diese rockende Klangvariation immer dabei haben. Bis zum nächsten ausverkauften Konzert: Dann liegt es an dir, dich zu bewegen.

Trackliste

  1. 1. Beispiel
  2. 2. Zwei
  3. 3. Park
  4. 4. Gibt Es Denn Keine Anderen Gründe
  5. 5. Gebaut
  6. 6. Kleur
  7. 7. Genau An Diesem Abend
  8. 8. Merz
  9. 9. Rauch
  10. 10. Coda

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LAUT.DE-PORTRÄT Mit

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1 Kommentar

  • Vor 16 Jahren

    Endlich haben "Mit" es geschafft eine ganze Platte zu veröffentlichen, doch mit dem wilden Electropunk der Ep`s (Deine Eltern, Goodbook, Was war es) hat "Coda" nur noch bedingt zu tun. "Mit" haben den musikalischen Fokus verschoben und sich weiterentwickelt. Punk wird nur noch klein-, dafür Electro ganz groß geschrieben. Den Vergleich mit "Von Spar" müssen sie sich zwar immer noch gefallen lassen (Was vor allem an der Stimme des Sängers liegt; die auf Coda jedoch nur sehr reduziert eingesetzt wird), als Ripp-off kann man die Band jedoch nicht bezeichnen. Auch wenn mir spontan noch ein paar andere Bands einfallen, die im Sound von "Mit" ihre Spuren hinterlassen haben (NMFahner und LCD Soundsystem, zum Beispiel). "Zwei" lässt einen sogar an eine elektronische Version von "Mutter" denken (!!!). Generell wird kaum noch geschrien, sondern hauptsächlich gesungen.
    Alles in allem also nicht wirklich neu, aber trotzdem eine große Überraschung und eine geniale Platte, da es der Band geliengt, trotz bekannter Zutaten, etwas ziemlich einzigartiges zu erschaffen. Wie heißt es so schön in "Genau an diesem Abend": "Lieg auf der Straße oder tanze!" Die Wahl fällt nicht schwer.