laut.de-Kritik

Hyperaktiver Kindergartenpop ohne Tiefgang.

Review von

High-Energy-Dancepop liefern die Jungs laut Beipackzettel. Eine riesige Fanbase auf MySpace und YouTube dienen als Hauptreferenzen. Im Fahrwasser von Bands wie Panic! At the Disco und Fall Out Boy bewegt sich das Ami-Quartett, man verehrt laut eigener Aussage vor allem The Postal Service. In der Genealogie des Gitarristen und des Sängers Mason finden sich viele Schauspieler, aber keine Musiker. Mir schwant Böses.

Mit "Seventeen Forever" gelingt den Jungs ein - Achtung Ironie - Einstand nach Maß: Hochfrequenter Keyboardkleister hüpft aus den Boxen, dazu ein schauriger Wechselgesang zwischen gehaucht aber schief und tough aber überdreht. Wer braucht schon wuchtige Drums, satte Gitarren und analoge Sounds, wenn die Mucke eh digital übers Handy kommt und vom S-Bahn-Knattern übertüncht wird? Eigentlich müsste folgender Warnhinweis auf der Hülle angebracht sein: 'Nicht geeignet für Leute über 16 Jahren.' Bin ich zu alt für diese Musik?

Eine Textzeile wie "The beat is humping" ist blanker Hohn angesichts dieser Produktion. Sowieso pendeln die Lyrics zwischen Poesiealbumsprüchen und pubertären Problemen, Herzschmerz und Notgeilheit. Beweise gefällig? "I'm thinking of ways that I could get inside" (was wohl der hauseigene Psychoanalytiker dazu sagt), "I wish we were older" (die ganzen jungen Groupies machen einem einen Strich durch die Rechnung) … die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Könnte ich mir die Textzeile "Girl, I'm so in love with you" patentieren lassen, ich wäre für den Rest meines Lebens finanziell saniert.

Metro Station kommunizieren ihre Songs mit Standardpop-Elementen, vorhersehbaren Akkorden und billigen Kirmessounds, die dem Dieter-Bohlen-Gedenk-Plug-In für 2,50 Euro entnommen sind. Warme Sounds? Fehlanzeige! Die Komprimierung bewegt sich am Rande der Schmerzesgrenze. Interessanter Einsatz von Sounds und Instrumenten? Nie gehört. Keine Dynamik, alles nach Schema F. Wo bleibt die Abwechslung? "Jeden Abend spielen sich bei unseren Konzerten unglaubliche Szenen ab", wird Gitarrist Miles Cyrus zitiert. Na immerhin.

Traurig, wenn ausschließlich kleinste Songfragmente positiv auffallen: Das Interlude von "Control" offenbart einen gewissen Charme, ebenso gelungen die mit einem Harmonizer belegte Gitarre zu Beginn von "Now That We're Done". Auch die Catchyness der "Shake It"-Melodie ist nicht von der Hand zu weisen und erklärt wenigstens im Ansatz, wie die Band auf MySpace diesen phänomenalen Bekanntheitsgrad erlangen konnte. Der Schlenker zu Rap- und Beat-orientierten Elementen in "Tell Me What To Do" ist zwar billig gemacht, wirkt aber im Vergleich zu dem Vorherigen fast schon innovativ.

Referenzen wie Dashboard Confessional und New Order arbeiten mit anständigen Harmonien und spannenden Songstrukturen. Sie beherrschen ein Sounddesign, dass an sich schon die Bezeichnung Komposition verdient. Hier hingegen findet keine Entwicklung, kein ordentlicher Songaufbau und kein sinnvolles Einflechten der Stimmen in den Gesamtsound statt.

Metro Station liefern perfekt auf die Hörgewohnheiten ihrer juvenilen Zielgruppe zurechtgestutzte Fließband-Arrangements, Slogan-schwangere Lyrics, eine aalglatte, komprimierte Produktion und schrottige Sounds. Zudem offenbaren sie keinerlei Feingefühl für unterschiedliche Genres, geschweige denn dass die Verortung in der Sparte Dancepop gelingt. Keine Frage: Ich bin mit 25 zu alt für diesen Scheiß!

Trackliste

  1. 1. Seventeen Forever
  2. 2. Control
  3. 3. Kelsey
  4. 4. Shake It
  5. 5. Wish We Were Older
  6. 6. Now That We're Done
  7. 7. True To Me
  8. 8. Tell Me What To Do
  9. 9. California
  10. 10. Disco
  11. 11. After The Fall
  12. 12. Shake It (The Lindbergh Palace Remix)

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