laut.de-Kritik

Fifty Shades of Winter.

Review von

Der DJ und Ambient-Komponist Marsen Jules zeigte sich bereits mit den letzten Werken "Beautyfear" und "The Endless Change Of Colour" in absoluter Hochform. Mit dem aktuellen Album "The Empire Of Silence" setzt er konzeptionell noch einen drauf und krönt sein klangliches Schaffen mit einem hochgradig ästhetischen Instrumental-Zyklus.

Schon der Titel weist dem Hörer den audiophilen Pfad. Jules kreiert der Polarwelt ein anmutiges Denkmal. Frost, Licht und die Stille dieser ewigen Landschaften stehen nicht nur Pate, sondern finden in der Musik des Dortmunders ihre Ton gewordene Entsprechung. Heraus kommt ein wahres Fest für Ambient-Fans und Synästhetiker. Die Platte klingt genau so, wie das hervorragende Coverbild aussieht.

Nicht nur Kate Bush weiß, dass die indigenen Völker der Inuit und Yupik "50 Words For Snow" haben. Jules nutzt diesen Umstand phantasievoll als Vehikel für seine Soundscapes. Jeder einzelne Track entspricht im Detail seiner jeweiligen Erscheinungsform in der Eskimo-Sprachkultur. Das fängt bei einer bloßen Idee von Schnee ("Penstla") an und hört erst bei der Erwartung künftigen Schnees - Schnee von morgen ("Ylaipi") - auf. Zwischen beiden Polen erschafft er in der Tat ein musikalisches Imperium der Stille.

Alle Stücke haben eines gemein: Sie pflanzen dem Hörer ein präsentes Empfinden gleißenden Lichts und zerrender Kälte ein. Beide Assoziationen bilden ein ebenso stoisches wie unerbittliches Fundament, das sich als weißer Faden durch die gesamte Platte zieht. Zusammen bilden diese acht Note gewordenen Eisblumen ihren eigenen Mikrokosmos. Eine Klanglandschaft, so eisig wie das Land immerwährenden Winters nördlich der Mauer von Westeros.

Die einzelnen Eiszapfen unterscheiden sich für das ungeübte Ambient-Ohr auf den ersten Blick kaum voneinander. Das sieht bei näherer Betrachtung jedoch anders aus. In jedes seiner Instrumentals webt der sensitive Jules Nuancen ein, die ihre jeweilige Grundstimmung variieren. Die wiederholte, intensive Beschäftigung mit diesen Liedern lohnt sich beträchtlich. Wer hier mit Ausdauer am Ball bleibt, erhält als wohlverdienten Lohn seine Fifty Shades of Winter.

Als besonderen Anspieltipp möchte ich jedem mein persönliches Lieblingsstück - "Katiyana" (Nachtschnee) - ans Herz legen. Es klingt genau so berührend, wie sein wundervoller Titel es verheißt. Das Echo eines stummen Schreis, der bereits vor Äonen verklang und längst eins wurde mit dem ewigen Eis.

Mit "The Empire Of Silence" ist Marsen Jules endgültig in der Ikonen-Liga der Flächenkomposition angekommen. Er kann jedem Altmeister locker das stille Wasser reichen. Weiterhören mit Enos frühlingshaftem Stilleben "LUX" und Harold Budds spätem Meisterwerk "The Room".

Trackliste

  1. 1. Penstla
  2. 2. Tlaslo
  3. 3. Kayi
  4. 4. Skriniya
  5. 5. Katiyana
  6. 6. Naklin
  7. 7. Chahatlin
  8. 8. Ylaipi

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