laut.de-Kritik

Schöne deutsche Musik ohne extra Zuckerguss.

Review von

Mit Maike Rosa Vogel ist es so eine Sache. Beim ersten Hören klingt das, als würde draußen vorm Fenster eine alte Protesttante sitzen und dir ihre Meinung geigen. Doch spätestens, wenn Maike im ersten Track "Du Kannst Alles Sein" die Gitarre auspackt und sich ihre Jugenderinnerungen von der Seele schrubbelt, packt es einen oder eben nicht. Beides ein bisschen geht nicht. Denn auch in ihren Texten hält sie nichts von halben Sachen. Mit einer ordentlichen Portion Ehrlichkeit und einer kleinen Prise Ironie besingt sie das Müssen und Können und das wahre Leben.

Auch der Titeltrack "Nur Fünf Minuten" erzählt von ungreifbarer Freiheit und dem Willen, sich dem allgemeinen Zwang zu entziehen: "Ein Hoch auf einfach mal nach draußen gehen und erst später fragen wieso / Anstatt drinnen mit den anderen bin ich lieber mal aufs Klo". Maike Rosa Vogels Texte strotzen nur so von Individualismus und Eigensinnigkeit, dass es manchmal fast wehtut. Die meisten Songs auf "Fünf Minuten" handeln von eben dem Gefühl, einfach mal zu machen und nicht extra danach fragen zu müssen.

So auch "Raum Voller Spiegel" und "Weizenfelder". Ob spontane Balleteinlagen zu romantischer Klaviermusik oder verdrehte Liebeserklärungen. "Ich hab dir von mir aus eine Weile zugeschaut./ Hab mich umgedreht und bin abgehauen. / Ich bin immer noch verliebt in dich, du bist immer noch der Richtige für mich.", singt Maike zu unterdrücktem Klavier und verzagtem Mundharmonikagepuste. Aus jeder Textzeile spricht die Romantikerin, die an alles Gute glaubt. So besingt sie zum Beispiel auch den bevorstehenden "Weltfrieden", für den sie sich scheinbar selbst schon mal die Formel aufgeschrieben hat.

Ihr herzerreißenden Lieder sind meist beeinflusst von den aufmüpfigen Texten der Hamburger Schule und machen "Fünf Minuten" zu einem Manifest gegen die Langeweile, die Trostlosigkeit und die menschliche Gefühlskälte ("Ich Bin Ein Hippie"). Es geht meist um Liebe und um die Welt um sie herum.

In Sachen Zwischenmenschlichkeiten spricht vor allem "Las Vegas" wahre Bände, wenn Maike Rosa Vogel in kongenialen Wortspielereien von Bessenheit und unvergesslich schönen Momenten erzählt: "Du bist die Neon-Schrift, die mich nicht schlafen lässt / flackert nachts durch meine Jalousien. Du bist die Rock'n'Roll-Band, die für mich spielt / ich will immer nur das eine Lied / das mit den Uuhs und Woh-Ows.".

Wenn man so viel über das Leben nachdenkt, dürfen natürlich auch die Schattenseiten nicht fehlen. So geht es in "Ich Hab Dich Mal Sehr Geliebt" um Aufopferung und einen bitter-süßen Blick zurück oder in "So Leute Wie Ich" um die gnadenlose Realität des Lebens eines Künstlerpaars am Existenzminimum. Dabei steckt in jedem Ton ein bisschen Autobiografie, zu dem sie sich offen bekennt. Vielleicht liebt ihr Mentor und Produzent Regener sie deswegen so sehr.

Maike Rosa Vogel ist keine von den vielen Singer-Songwritern, bei denen man bei manchen Texten vor überromantisierter Scham im Erdboden versinken will. Nein, sie ist eine Liedermacherin. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn ihre Musik ist echt und erzählt von schönen Dingen, ohne sie mit extra Zuckerguss zu verzieren, damit sie noch süßer schmecken. Denn sie sind auch so eine Köstlichkeit.

Trackliste

  1. 1. Du Kannst Alles Sein
  2. 2. Für Fünf Minuten
  3. 3. Raum voller Spiegel
  4. 4. Weizenfelder
  5. 5. Weltfrieden
  6. 6. Kein Wort Ist Wahr
  7. 7. Ich Bin Ein Hippie
  8. 8. Undercover
  9. 9. Ich Hab Dich Mal Sehr Geliebt
  10. 10. Ein Arm Um Einen Anderen
  11. 11. So Leute Wie Ich
  12. 12. Las Vegas
  13. 13. Abkommen

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LAUT.DE-PORTRÄT Maike Rosa Vogel

"Meine Lieder handeln eigentlich immer von mir. Meistens schreibe ich dann, wenn ich etwas aus mir rauskriegen möchte – egal ob positiv oder negativ.

2 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    For funf Minuten ..
    hatte ich keine Angst vor gar nichts
    das ist keine im deutschen übliche Ausdrucksweise !
    Eher vielleicht in der USA.
    Daher möchte ich die hier im Comment angepriesene "hohe Textlichkeit" zumindest mal in Frage stellen.
    Aber ich bin natürlich auch dafür, die freien Labels zu unterstützen.

  • Vor 11 Jahren

    Kann mich mit dem sprachstil von ihr auch nicht so wirklich anfreunden - sympathisch ist sie mir aber alle mal. Macht wahrscheinlich ihre schöne Stimme und die Einfachheit ihrer Musik.

    Sie hat auch mal mit Konstantin Gropper n ziemlich guten Soundtrack für die Doku "Whores' Glory" beigetragen. Ist n Blick wert :)

    "Where we meet"
    http://www.youtube.com/watch?v=ZPlkOzD_90U