laut.de-Kritik

Über die ewige Suche nach Frieden mit sich selbst.

Review von

Mal ein bisschen mehr Acht auf sich selbst geben und sich Pausen nehmen, wenn man sie braucht, ganz ohne sich dabei schlecht zu fühlen. Das ist manchmal gar nicht so einfach in unserer Gesellschaft, mit den Ansprüchen, die wir häufig an uns selbst stellen. Gerade in der Pandemie scheint es so, als müsse man ständig aktiv und produktiv sein, neue Hobbys für sich entdecken und bloß nicht verzweifeln. Der in Hessen geborene Rapper Mädness findet sich in diesem Gefühl offensichtlich wieder und behandelt die Problematik des 'Endlich mal zur Ruhe kommens' auf seinem neuen Album "Mäd Löve".

"Mäd Löve" ist das vielleicht egozentrischste Album des Rappers, den man sonst auch im Duo mit seinem Bruder Mädness & Döll kennen könnte. "Mäd Löve" klingt in erster Linie so, als hätte Mädness es für sich selbst gebraucht. Auf zehn Tracks thematisiert er vor allen Dingen Beziehungen - zu sich selbst, seinen Mitmenschen und irgendwie auch zur gesamten Gesellschaft. Musikalisch unterstützt wurde er dabei von verschiedenen Produzenten, maßgeblich entscheidend für den finalen Sound zwischen Boom Bap und souligen Vibes sind aber besonders die tribez.

Bereits auf den ersten beiden Anspielstationen macht Mädness schnell klar, aus welcher Position heraus er dieses Album heute veröffentlicht. Nicht nur einmal betont der selbsternannte OG die Liebe für seine Rap-Branche, nennt man sie nun Erwachsenen-Rap, Grown-Man-Rap oder einfach Conscious-Rap. Mit souliger Attitüde und der ganz persönlichen Feststellung "Ist nicht mehr de Gude, ist de Beste" ("Endlich") wirkt das Album von Sekunde Eins an zuversichtlicher und erwachsener als je ein Mädness-Release zuvor. Doch die Kehrtwende kommt schnell, denn der Großteil von "Mäd Löve" handelt eben nicht vom zufriedenstellenden Blick auf die Vergangenheit, sondern drehen sich um Momentaufnahmen kritischer Zeiten und dem Versuch, diese zu verbessern.

Selbstreflexion spielt in fast jedem Song eine Rolle, sei es in Form der Thematisierung der eigenen Erfahrung mit Alkoholismus ("Klar feat. Knixx") oder aber als Selbstmotivation, das Beste aus der Zukunft herauszuholen. Mit Singles wie "Handbremse" setzt er sich selbst aussagekräftige Erinnerungen: "Alle Vollgas aber am Ende / Ich lass' rollen gerade, zieh' die Handbremse / Das hier soll mich erinnern, wenn ich nicht daran denke / Auch wenn ich kurz stehen bleib', die Dinge hier gehen ihren Weg".

Doch was wäre schon ein Rap-Album über Menschlichkeit, wenn nicht auch romantische Beziehungen eine Rolle spielen würden? "Mäd Löve" erzählt neben der Suche nach dem Frieden mit sich selbst indirekt auch eine Liebesgeschichte. Besser gesagt, das Ende eben dieser. Auf der Single "Was Habe Ich Getan" gibt Mädness eindeutig zu verstehen, dass Beziehungen bei ihm an der Hingabe für das Rap-Geschäft scheitern. Abgehakt ist das Thema damit zunächst nicht, bis auf "Es Tut Gar Nicht Weh" dann doch versöhnliche Einsicht mit sich selbst und der vergangenen Beziehung gezeigt wird.

Mit dem vorletzten Track "Wir Haben Recht Behalten", dessen Instrumental so klingt, wie sich ein Sternenhimmel wohl anhört, findet "Mäd Löve" eigentlich ein gutes, harmonisch-melancholisches Ende. Auch wenn Instrumentals und Text keine überwältigenden Innovationen bieten, fühlen sie sich gut an. Doch zum Schluss schlägt Mädness dann noch einmal einen neuen Weg ein. Mit einer antifaschistischen Hymne ("Mittelfinger") setzt er zwar ein unfassbar wichtiges Statement, nimmt dem Release aber den passenden Abschluss, den es nach neun Tracks hätte haben können.

Authentisch ist und bleibt "Mäd Löve" trotzdem, denn so unerwartet die der Themenwechsel kurz vor Ende kommt, spielt eben auch das Leben mit seinen guten und schlechten Seiten - eben das, wovon "Mäd Löve" erzählt. Fernab davon, ob das Album musikalisch gefällt oder nicht, erreicht es aber definitiv sein Ziel und bietet nicht nur für Mädness selbst eine mentale Stütze für die Zukunft, sondern bietet auch Fläche für Zuhörer:innen, sich selbst zu reflektieren und im besten Falle mal wieder eine kleine Auszeit zu gönnen.

Trackliste

  1. 1. 2 Cent
  2. 2. Endlich
  3. 3. Handbremse
  4. 4. Was Habe Ich Getan?
  5. 5. Boot feat. Mine
  6. 6. Klar feat. Knixx
  7. 7. Mantra
  8. 8. Es Tut Gar Nicht Weh
  9. 9. Wir Haben Recht Behalten
  10. 10. Mittelfinger

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