Details

Mit:
Datum: 22. Juni 2001
Location: Max-Schmeling-Halle
Am Falkplatz 1
10437 Berlin
Website: Offizielle Homepage des Veranstaltungsorts
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

In der Scheune mit Madonna - "affentittengeil"!

Review von Joachim Gauger

Die 11.000 geladenen Gäste lassen an diesem wunderbaren Abend keine Zweifel aufkommen: Es ist Staatsbesuch in Berlin. Und diejenigen, die an Madonnas kleiner elitärer Empfangsstunde teilnehmen durften, sind an diesem Abend alle mit leuchtenden Augen nach Hause gegangen. Die erstaunlichste Wahrnehmung ist für mich, dass wir zwar alle eine fehlerlos eingespielte Show gesehen haben, aber in dieser Mischung aus Hollywood- und Las Vegas-Glamour zum Anfassen gönnt Madonna sich und ihrem Publi-kum immer noch zahlreiche private Momente, die einen geradezu an die "Unplugged"-Konzertreihen erinnern.

Nach der Eröffnung des Konzerts mit einem sanft gehauchten "Drowned World" spielen sich Madonna, Band und Tänzer mit "Impressive Instant" richtig warm. Zu "Candy Perfume Girl" sehen wir schließlich zum ersten Mal, was die Fotoagenturen zuvor in Bildern bereits um die Welt geschickt haben: Madonna hängt sich eine schwarze Gibson Les Paul um und spielt ein ohrenbetäubendes Riff, als hätte sie ihr Leben lang schon böse Gitarrenmusik gemacht. In das atonale Crescendo des Songs lehnt sich Madonna mit siegesbewusster Slash-Pose und schickt gleich ein krachendes "Ray of Light" und "Beautiful Stranger" hinterher, das sie knapp und passend auf deutsch mit "affentittengeil" à la Mike Myers kommentiert. Shagadelic, baby! - wie das ganze Konzert.

In den nächsten 20 Minuten bestimmen Madonna als Geisha in ein überdimensionales japanisches Gewand gehüllt und fernöstliche Motive das Bühnengeschehen. "Frozen" wird im Gegensatz zur Studioaufnahme mit einem pumpenden Rhythmus unterlegt, und zu "Sky Fits Heaven" fliegt das gesamte Bühnenpersonal inklusive Cheffin Kung Fu kämpfend wie im Film "Tiger and Dragon" und scheinbar schwerelos durch die Luft. Spätestens hier entrückt die Show den Zuschauer der Wirklichkeit, der innehält und spricht "Ist das schön anzuhören und anzuschauen!". Bevor sich im dritten Akt wieder ein neues Bühnenuniversum auftut, klingt das zweite Szenenbild im Hintergrund mit einem melodisch ver-fremdeten und zugleich programmatisch zu verstehenden "Open Your Heart" aus, da sich nun die Scheunentore zum Privatempfang öffnen.

Auf zwei Strohballen am rechten Bühnenrand sitzend sehen wir Madonna jetzt im Cowgirl-Look. Ganz allein auf der Bühne und mit einer Akustikgitarre im Schoß folgt nun mit "I Deserve It" der intimste Teil der Show. Professionell schlägt sie mit dem rechten Stiefel den eigenen Takt und konzentriert sich ganz auf den Song und die Akkordfolge, bis sie einem allzu penetranten Fan in der ersten Reihe vor die Füße rotzt und ihm im Abgang ein "Excuse me, I have a problem with you" entgegenschleudert. Es werden noch mehr Strohballen aus der Tiefe der Bühne wie von Zauberhand hochgefahren, und schon wird mit "Don't Tell Me" zum gemeinsamen Tanz in der stilisierten Scheune aufgespielt. Das Heu duftet, die gutaussehenden Cowboys aus dem Video fegen nun im wirklichen Leben mit ihr über die Bühne, Cowboyhüte und Hüften werden höchst sexy geschwungen, und das gesamte Akustik-Set gleitet in ein veritables Country-Honk ab, über das sich Madonna und ihre zwei längjährigen Freundinnen und Co-Sängerinnen diebisch zu freuen scheinen.

Zu den Klängen von "Don't Cry For Me Argentina" wird die Bühne erneut umgebaut. Madonna singt nun in einer spanischen Version "What It Feels Like For A Girl" und räkelt sich dazu in der Spitze einer surrealistisch gewachsenen Ledersäule. Passend zum Ausflug ins Spanische schlägt eine einsame Gitarre wenig später die zwei Grundakkorde von "La Isla Bonita" an. Madonna kommt mit zweiter Gitarre hinzu und sammelt das Ensemble nochmals um sich herum, das den Song gemeinsam und mit allerhand Instrumenten bewaffnet zum furiosen Flamencofinale trägt.

Gegen Ende rastet das Publikum bei "Holiday" schon mal vor-sichtig aus, und beim abschließenden "Music" brennen uns vollends alle Sicherungen durch. Die Halle kreischt frenetisch auf, als sich Madonna und ihre Leute zu den letzten Tönen ein letztes Mal vor allen verneigen. Man kann gar nicht anders, als von dieser überirdischen Vorstellung hingerissen zu sein. Perfekte Musiker, perfekte Tänzer und eine von allen zu recht hochbewunderte Frau geben alles, um die Leute in 100 Minuten restlos in Entzücken und Ekstase zu versetzen.

Wir stellen fest: Mission gelungen ... auf der Genussskala von 1-12 vergeben wir 12 Punkte. Madonna, please don't tell us to stop.

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Artistinfo

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