20. März 2003

"Der Druck auf uns wird unglaublich sein!"

Interview geführt von

Ende 2000 läuft der Track "One Step Closer" der bis dahin völlig unbekannten Band schon vier Wochen vor Veröffentlichung bei allen Major-Radiosendern auf Rotation, verhilft dem Album aus dem Stand zum Sprung in die Top 20 der Billboard Charts und wird schon nach drei Wochen vergoldet. Nicht viel anders ergeht es dem Debüt-Album der Kalifornier - kein Wunder, dass die Erwartungen an den Zweitling "Meteora" schier in den Himmel wachsen.

Eure Vorabsingle "Somewhere I Belong" ist stilistisch nahe am Sound des letzten Albums. War dies ein Grund, warum ihr euch für den Song entschieden habt?

Chester: Wir wählen die Singles nicht aus, das überlassen wir lieber den Profis bei der Plattenfirma. Wir sind emotional mit jeder Nummer sehr eng verbunden, so dass von unserem Standpunkt aus jeder Song eine potenzielle Single ist.

Brad: Wir schreiben ja ein Album und nicht nur einzelne Songs. Also sind wir so oder so glücklich, egal wie sich die Plattenfirma entscheidet.

Auf der Single sind zwei Livetracks enthalten. Werden demnächst auch Stücke veröffentlicht, die es nicht aufs Album schafften?

Chester: Es gibt tatsächlich einige Songs, die wir nicht auf "Meteora" drauf genommen haben, einfach weil sie nicht ins Gesamtkonzept des Albums gepasst hätten. Ich kann nicht sagen, wann sie veröffentlicht werden, aber es könnte gut sein, dass etwas davon auf kommenden Maxis erscheint.

Gestern habt ihr hier in Hamburg einen Clubgig gespielt. Wie empfandet ihr die Reaktionen der Fans?

Rob: Es hat verdammt großen Spaß gemacht, da es ein ziemlich kleiner Laden war. Wir haben fast ein Jahr kein Konzert mehr gegeben und gestern war es erst das zweite nach dieser langen Auszeit. Ich denke die Reaktion war großartig und das Gefühl, plötzlich zwei Alben in die Songauswahl miteinbeziehen zu können, war irre aufregend. Die neuen Songs sind dann auch sehr gut angekommen. Als wir "Easier To Run" vom neuen Album spielten, versuchte eine Gruppe von Leuten gegen Ende der Nummer die Worte mitzusingen, einfach nachzusingen, was sie von uns hörten. Sie wollten eben auch an den neuen Sachen teilhaben, die sie noch nicht kannten.

Habt ihr auch die Emil Bulls gesehen, eure Vorband?

Brad: Emil Bulls sind top. Ich mag ihre Musik sehr.

Chester: Ja, die sind wirklich gut.

Kanntet ihr sie schon vor eurem Gig?

Brad: Ich hörte sie zum ersten Mal, als ich hier in Hamburg auf einer Party im Docks war. Ich fragte den DJ nach einem Song, er gab mir die CD und es waren die Emil Bulls.

2001 habt ihr mehr als 300 Shows gespielt. Kann solch ein Marathon nicht einen negativen Effekt auf die Bandchemie haben?

Chester (grinst): Nein, ich denke, es hat genau den umgekehrten Effekt. Je mehr du spielst, desto besser wirst du. Vielmehr wird es dann schwierig, wenn du über einen längeren Zeitraum nicht gespielt hast. Du musst dich erst wieder an diesen Rhythmus gewöhnen, an diese unterbewusste Kontrolle darüber, was du tust. Das Unterbewusste muss zur Normalität werden, muss zu einer bewussten Sache werden. So denkst du zum Beispiel am Anfang ständig darüber nach, was du gerade spielst, einfach weil du lange nicht mehr gespielt hast. Wir müssen uns auch gerade erst wieder einspielen, uns an die Zeitabfolgen gewöhnen und den Groove zusammen finden. Sobald wir wieder ein paar Monate auf Tour sind, wird alles angenehmer und läuft unbewusster ab.

Im April spielt ihr zusammen mit X-Zibit, im Juli spielt ihr mit Metallica und den Deftones. Wie fühlt man sich, wenn man die Bühne mit solch großen Namen teilen darf?

Chester: Es ist ein Privileg und eine große Ehre, mit Leuten auf einer Bühne zu stehen, die man bewundert. Ich meine, X-Zibit und Metallica, das sind fette Acts. Letztes Jahr durften wir schon mit Cypress Hill spielen. Diese Gruppen sind alle etabliert, sie haben sich über Jahre hinweg immer wieder bewiesen und veröffentlichen qualitativ hochwertige Musik.

Brad: Wir sind schon ziemlich aufgeregt, bei solch einem großen Line Up wie Rock Am Ring teilzunehmen. Es wird verdammt schwer werden, nach so vielen coolen Bands zu spielen. Der Druck auf uns wird unglaublich sein ... (lacht).

Euer Song "One Step Closer" stürmte die Charts in Zusammenhang mit dem Film "Das Experiment". Wie kam dieses Projekt zustande?

Chester: Beim Thema Film ist es normalerweise so, dass die Produzenten des Films auf die Band zukommen. Sie informieren uns, wovon der Film handelt und fragen uns, ob wir generell Interesse daran hätten, einen Song beizusteuern. Die Art und Weise, wie uns "Das Experiment" beschrieben wurde, klang sehr vielversprechend. Und natürlich ist es schön, einen guten Song zu einem guten Film beisteuern zu können.

Auf eurem Remix-Album "Re-Animation" wurden viele Songs weit von den Originalen weg getragen. Wie fandet ihr die Ergebnisse?

Rob: Eigentlich gut, denn wir planten ursprünglich gar kein Remix-Album. Wir wollten es erst realisieren, als wir die Remixes hörten. Angefangen hat die ganze Sache mit einem Remix der Humble Brothers für die Deftones. Wir fragten sie, ob sie auch Lust hätten, einen Remix von "One Step Closer" für uns zu machen, was ihnen fantastisch gelungen ist. Ab da lief es dann von selbst, wir gaben die Songs aus der Hand und bekamen wirre Sachen zurück, die wir unseren Fans nicht vorenthalten wollten.

Würdet ihr es als reguläres zweites Linkin Park-Album ansehen?

Chester: Ich denke schon, einfach weil es so anders ist. Aber vor allen Dingen war es eben eine gute Möglichkeit, unseren Fans etwas zurück zu geben und ihnen die Zeit zum nächsten Studioalbum zu verkürzen. Für uns war es auf der anderen Seite schön, all die Underground-DJs und HipHopper zu treffen, die wir bewundern. Vielleicht hat es ein paar Fans von uns auch unserem eigenen Background näher gebracht.

Chester, du hast mit deiner Frau ein paar Klamotten für "Replicant Clothing" designt. Möchtest du auch in Zukunft auf diesem Gebiet kreativ sein?

Chester: Das wurde mir eigentlich angeboten, ich hatte das nie geplant. Ein Freund von mir hatte mit der Firma zu tun und fragte mich, ob ich Lust hätte. Es war eine sehr interessante Sache, all das Aufzeichnen, Schneiden und so. Aber ich habe das nicht als Zukunftsprojekt geplant. Es war etwas, das mir für eine Weile großen Spaß machte und ich denke nicht, auf dem Gebiet weiter aktiv zu sein. Andererseits, wer weiß das schon genau ...

Letzte Frage: Wie steht ihr zu einem möglichen Irak-Krieg seitens der US-Administration?

Chester: Wir sind Musiker, keine Politiker.

Was antwortet ihr, wenn Linkin Park-Fans wissen wollen, was die Band über die schwierige politische Situation derzeit denkt?

Chester: Wir wollen keine Meinung dazu äußern, sorry. Go to your local congressman! Setzt euch mit euren zuständigen Abgeordneten in Verbindung!

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