laut.de-Kritik

Die Folkelemente sind nur noch schmückendes Beiwerk.

Review von

Letzte Instanz sind mittlerweile eine Institution im dunklen Gothic- und Folkrock-Genre. Ihre szeneübergreifende Relevanz spielt auf Augenhöhe mit Kollegen wie In Extremo oder Schandmaul.

Nach dem gelungenen rein akustischen Werk "Wir Sind Gold" treten sie mit "Schuldig" an, einen Rocksturm zu entfesseln. Dieser entpuppt sich aber bei Lichte betrachtet eher als laues Lüftchen.

Bratzige Stromgitarrenriffs der Marke Oomph und Rammstein auf Albumlänge allein machen nämlich noch keinen mitreißenden Rock aus. "Mein Engel" legt metallisch los. Die ehemals so charismatischen Folkelemente stehen als bloßes Beiwerk im Hintergrund, die Strophe kommt über eher banalen Sprechgesang nicht hinaus. Das fehlende Charisma in Sänger Hollys Stimme unterstreicht dies unfreiwillig. Der Refrain klingt zwar melodisch, ist aber recht simpel gestrickt. Als Hörer lockt einen so ein Opener wahrlich nicht hinterm Ofen hervor.

Das folgende "Flucht Ins Glück" ist ähnlich gelagert. Etwas Abwechslung bringt danach das Arrangement von "Dein Licht". Der Klang des Pianos und die clever eingesetzte Violine verströmen frischen Wind und zeigen, dass Letzte Instanz tolle Rocksongs verfassen können. "Die Eine" glänzt mit einem sprachlich gelungenen düster-romantischen Text und bringt geschickt einen Hintergrund-Chor ins Spiel.

Auf den folgenden Songs regiert dann leider wieder die Einfallslosigkeit. Verkrampft und vergeblich versucht die Band, stilistische Vielfalt zu präsentieren. Hier ein wenig Punktempo ("Vollmond"), da etwas Nu Metal-Spurenelemente ("Feuer"). Doch sind sämtliche Kompositionen von einer hundertfach gehörten Einfachheit geprägt, dass Gitarrengewitter die Langeweile nicht kaschieren können.

Die dünne und wenig variable Stimme Hollys drückt - trotz hörbar starken Bemühens - den Liedern zu keinem Zeitpunkt so etwas wie einen eigenen Stempel auf. Das geht alles auf Kosten der Wiedererkennbarkeit. Ausgerechnet die kraftvolle Charakterstimme der Gastsängerin Aylin Aslim degradiert Ihren Duettpartner auf dem besten Track des Albums "Der Garten" zum Statisten. Sie offenbart, wie leidenschaftlich man solche Songs singen muss und zähmen kann. Hätte sie das Lied doch nur allein gesungen. Von dieser Dame möchte man sofort mehr hören. Doch die Enttäuschung folgt auf dem Fuße. "Komm" wirkt mit seinen uninspirierten DAF/Rammstein-Outtake aus dem Papierkorb der Musikgschichte unfreiwillig komisch und bemitleidenswert.

Den wenigen souveränen Texten stehen haufenweise ausgelutschte lyrische Style-Crimes und Goth-Klischees gegenüber. Ich dachte, vor Liebe werden wir verglühen. Doch ich war zu nah am Feuer. (...) Das Licht verschwindet, die Sonne erblindet (...) dunkle Mächte ziehen durch die Nächte (...) Das Ende naht, die Zeit ist reif, für ein Leben in der Dunkelheit. Wenn das Septett hier Inspiration mit einen Fremdschämfaktor ersetzen wollte, ist es ihnen hervorragend gelungen.

Statt des ehemals beschwingten Cocktails früherer Zeiten, bietet "Schuldig" leider nur einen Kelch alten Weines voller Wermutstropfen. Wer jedoch ein paar kalkulierte 08/15-Clubkracher als Partymucke für den mittelalterlichen Scheunenball der met-seligen Dorfjugend benötigen sollte, der ist mit der Mehrheit der Lieder auf diesem Album sicherlich gut bedient.

Trackliste

  1. 1. Mea Culpa
  2. 2. Mein Engel
  3. 3. Flucht Ins Glück
  4. 4. Eisherz
  5. 5. Traumlos
  6. 6. Dein Licht
  7. 7. Die Eine
  8. 8. Vollmond
  9. 9. Feuer
  10. 10. Mein Leben
  11. 11. Der Garten ( Feat. Aylin Aslim )
  12. 12. Komm!
  13. 13. Finsternis
  14. 14. Wann

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25 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    @Hmm :D (« Ich musste heute fast kotzen, als ich auf metal.de gesehen habe, dass eine 0815 Scheibe von Eisblume dort 8/10 und die neue Instanz Platte nur 6/10. Bei allem Respekt, aber DAS ist wirklich lächerlich. »):

    ich kann dir versprechen, dass das h i e r nicht der fall sein wird. eher im gegenteil

  • Vor 15 Jahren

    Mir fällt zum neuen Album nichts ein. Kalter Glanz hatte ja noch Feuer unterm Arsch, aber die werden immer schlapper. Mit Feuer unterm Arsch ist Abwechslung gemeint. ;)
    Naja, Meinungen sind ja immer subjektiv.
    Und der Rezensent stand wohl nicht auf LI. Wenn Holly mal seine Stimme aufmotzt und die Abwechslung wieder steigt, zieh ich mir gerne wohl noch mal was von LI an.

  • Vor 15 Jahren

    Hey Leute,
    viele Grüße von der Unschuldig-Tour 2009 aus dem Rockhouse Salzburg!
    Ärgert Euch, oder ärgert Euch nicht, wir haben derweil eine saugeile Tour mit ganz vielen Fans, die 'Schuldig' wahnsinnig gut angenommen haben!
    Platz 34 in den MCC Album Top 100 war übrigens das beste Ergebnis unserer Bandgeschichte!
    Vielen Dank auch dafür!
    Benni