laut.de-Kritik

Mit Liebe im Herzen wird alles gut.

Review von

Wenn jemand über die Ursprünge, die Geschichte und die Entwicklung von "Reggae Music" dozieren darf, dann ja wohl Jimmy Cliff. Seinen Status als Legende seines Genres zementierte er längst: vor Dekaden, mit "The Harder They Come". Sein altes Material klingt frisch wie der junge Morgen. Eine Wiedergeburt: im Grunde nicht nötig.

Tim Armstrong stört das herzlich wenig. Der Ska-Punk-Rocker aus den Reihen von Operation Ivy und Rancid, hat sich als Geburtshelfer von "Rebirth" zur Aufgabe gemacht, die betagten Lorbeeren zu entstauben.

Er arbeitet nicht zum ersten Mal mit seinem jamaikanischen Kollegen zusammen: Das merkt man. Armstrongs Gespür für den Vibe von Cliffs Musik durchdringt das ganze Album. Seine Studioband The Engine Room erweckt die 60er, wie sie auf Jamaika geklungen haben, mit Energie, untadeligem Handwerk und Liebe zum Detail zu neuem Leben.

In der Ruhe liegt die Kraft? Davon will Jimmy Cliff auch mit deutlich über 60 noch nichts wissen. Von Beginn an geht er überraschend schmissig, temporeich und energiegeladen zu Werke. Seinen Gesang flankieren Ratschgurken, Bläser, hübsch pluckernder Bass, blecherne Drums und fröhlich orgelnde Keyboards.

Zugegeben: Ein wenig befremdlich mutet es schon an, wenn Cliff in vergnüglichster Kulisse die üblen Zustände in einer sich immer schneller drehenden Welt besingt: Düdelüüüh! - "crime and violence" - dülüüüh! - "poverty and starvation" - dumdidum - "too much injustice" - düdeldum. Die Botschaft soll aber eben, bei allem Elend in "World Upside Down", positiv ausfallen. "With love in our heart everything's alright."

"What's wrong with humanity? What about the love?" So lauten die zentralen Fragen, die Jimmy Cliff seiner Hörerschaft ans Herz legt. Nein, er hat noch lange nicht alles gesagt, führt durchaus noch den einen oder anderen Pfeil im Köcher, hat immer noch eine weitere Kugel im Lauf - und entsprechend "one more song to sing".

Ungebrochen besitzen seine Texte, etwa die Systemkritik in "Children's Bread", politische Sprengkraft, gerade weil sich Jimmy Cliff einfacher Sprache und leicht einleuchtender Bilder bedient. Wenn er The Clashs "Guns Of Brixton" covert, das seinerseits schon ehrfürchtig in Richtung "The Harder They Come" grüßte, schließt sich ein Kreis.

Gefühlvoll wirds im liebevollen "Cry No More", in "Blessed Love" oder dem beinahe schon als Karibik-Schlager durchgehenden "Ship Is Sailing". Cliffs Tage als "Rebel Rebel" sind trotzdem noch nicht gezählt. Er scheint sich in der Position als "Outsider" ganz wohl zu fühlen.

Mindestens so wohl fühlt man sich in Jimmy Cliffs Gesellschaft, egal, ob man nun auf der Hafenmauer sitzend mit baumelnden Beinen gen Horizont blickt oder in der grandiosen Spaghetti-Western-Atmosphäre von "Bang" auf den Spuren El Cattivos in den Sonnenuntergang reitet.

Recht hat er auf jeden Fall mit der propagierten Philosophie: Man sollte alles, das man anpackt, mit Herzblut tun, mit einem "Bang!". Wenn Jimmy Cliff nur ein bisschen besser singen könnte, "Rebirth" wäre eine richtig gute Platte geworden.

Trackliste

  1. 1. World Upside Down
  2. 2. One More
  3. 3. Cry No More
  4. 4. Children's Bread
  5. 5. Bang
  6. 6. Guns Of Brixton
  7. 7. Reggae Music
  8. 8. Outsider
  9. 9. Rebel Rebel
  10. 10. Ruby Soho
  11. 11. Blessed Love
  12. 12. Ship Is Sailing
  13. 13. One More

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"So as sure as the sun will shine / I'm gonna get my share now of what's mine / And then the harder they come the harder they'll fall, one and all." Jimmy …

3 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    "Zugegeben: Ein wenig befremdlich mutet es schon an, wenn Cliff in vergnüglichster Kulisse die üblen Zustände in einer sich immer schneller drehenden Welt besingt: Düdelüüüh! - "crime and violence" - dülüüüh! - "poverty and starvation" - dumdidum - "too much injustice" - düdeldum."

    Ist das nicht eines der zentralen Stilelemente des Reggae? Soll nicht abwertend sein, ich mag das Genre ja. Aber so oder so ähnlich laufen doch tausende Reggae-Songs ab: Fröhliche Musik, nachdenkliche bis finstere Texte.

  • Vor 11 Jahren

    ja. das macht es aber nicht weniger befremdlich, in meinen ohren. :uiui: ... und ich mag das genre auch.

  • Vor 11 Jahren

    Jimmy Cliff kann nicht singen? Interessant: Das ist mir neu!