laut.de-Kritik

Keine Musik von und für Waschbrettbäuche.

Review von

Da sitzt dieser J.Rawls im ländlichen Ohio, abseits aller gängigen Hip Hop-Treffpunkte und veröffentlicht alle Schaltjahre ein Album. Seine Produktionen sind dabei aber so stichhaltig, so organisch, dass es dem geneigten Head immer wieder die Sprache verschlägt. So gelingt es jetzt dem begabten Produzenten sogar, ein Soul-Album zu veröffentlichen, das an keiner Stelle in die so oft verschrieene sterile Klebrigkeit, der herrschenden Soul-Realität abdriftet.

Wer sich darunter nichts vorstellen kann, dem sei so viel gesagt: Beim süßen Gesang über die Sonnen- und Schattenseiten der Liebe (zu 95% geht es im Soul darum) kommt es doch häufig vor, dass sich alles ja ganz nett anhört. Nach mehrmaligem Konsum geht einem nicht nur die reduzierte Themeneinfalt, sondern eben auch die limitierte musikalische Abwechslung auf die Nerven. Und genau dafür braucht der Soul Freidenker bzw. Genrefremde wie J.Rawls, die die Zutaten und Mischverhältnisse kennen und das verwaschene Genre auf das Nötige reduzieren – eben auf die Essenz.

Und genau das macht J.Rawls auf "The Essence Of Soul". Keine unnötigen Melodien, keine geheuchelten "Uuuhs" und "Aaahs", keine Musik von und für Waschbrettbäuche (Sorry Usher, sorry J.Rawls). Das ist schlicht Soulmusik mit dem einzigen Effekt, den Soulmusik haben sollte: man soll sich dabei gut fühlen.

Der Grund für solch ein Album ist dabei so simpel wie nachvollziehbar. Als Reaktion auf seine Beats bekam Rawls von den meisten Rappern eines gesagt: auf die Instrumentals müsse gesungen werden. Gesagt, getan. Mr. Rawls hat Kontakte geknüpft und mehr oder weniger bekannte Vertreter der singenden Gilde für sich gewonnen. Und Tavaris, Eric Roberson, Middle Child, Venus Malone, Jonell, Sol Uprising und Aloe Blacc machen "The Essence Of Soul" zu einem durch und durch angenehmen und ausgezeichneten Hörvergnügen. Die Stimmung bleibt ruhig, aber stets emotional. J.Rawls lässt lockere Drums klatschen, sphärische Streicher klingen, smoothe Samples laufen und kreiert so eine durchgehend wohlig-warme Spielwiese für astreinen Soulgesang.

Höhepunkte zu nennen, fällt bei derart geballter Qualität und musikalischer Geschlossenheit schwer. Trotzdem: Middle Childs "Soul (Again & Again)" bezaubert als lieblich-traurige Ode (inklusive orientalischem Sax-Solo), Tavaris stellt sich auf einem wunderbaren Piano-Sample die Frage nach der wahren Liebe ("Questions") und Jonell versprüht einfach nur pure Lebensfreude auf "Miss You". Mit "What If" setzt J.Rawls seinem Schaffen schließlich die Krone auf. So klingt lateinamerikanisch angehauchte Black Music! Schnelle Bongos, gezupfte Gitarren und dann ein Bläsersatz, der die fesselnde Eintönigkeit des Beats wunderbar zunichte macht. Da ist Reggaeton und J.Lo ganz schnell vergessen.

Auf der einen Seite ist es ja schön, dass sich J.Rawls für seine Produktion so viel Zeit nimmt. Immerhin kommt dabei stets Großes heraus. Aber wieder vier Jahre warten? Das wird echt hart!

Trackliste

  1. 1. The Interview
  2. 2. Smile Again
  3. 3. Pleasure Before Pain
  4. 4. Woman Enough
  5. 5. Soul (Again & Again)
  6. 6. Inhale, Exhale
  7. 7. Questions
  8. 8. Inside Of Me
  9. 9. Miss You
  10. 10. Ill Connect
  11. 11. What If
  12. 12. Bailar

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