laut.de-Kritik

So viel R.E.M. und Pop wie nie zuvor.

Review von

Der Midtempo-Opener "Love Steals Us From Loneliness" legt mit Ohoho-Chören noch die Fährte Richtung Powerpop. Verzerrte Gitarren auf dem Melodienolymp - also alles beim Alten? Falsch gedacht. Vielmehr ist mal wieder alles neu bei Idlewild: Sänger Roddy Woombles mittlerweile strähnig-langes Haar und das neue Lineup künden von einem erneuten Wandel im Sound der fünf Schotten. Und in der Tat: "Warnings/Promises" besitzt fast nichts mehr vom ursprünglichen Punkspirit. Die Aggressivität früherer Sturm-und-Drang-Tage weicht auf Platte Nummer vier endgültig melancholischer Introspektive. Unsicherheit und Heimatlosigkeit bilden textlich das brüchige Fundament.

Mit "Welcome Home" nehmen denn die Jungs von Mehr-Idle-als-Wild den anfänglichen Druck sofort wieder raus. Die folkige Widmung an den weit gereisten Heimkehrer besorgt ein wunderbares Wärmegefühl in der Magengegend. Dem eher nervigen R.E.M.-Soundalike "I Understand It" folgt das mitreißende "As If I Hadn't Slept". Catchy Hymnen schütteln Idlewild nach wie vor mit unnachahmlicher Lässigkeit aus dem Ärmel. Siehe auch "Blame It On Obvious Ways", das vor lauter Leidenschaft eigentlich einen "Hoch entzündlich!"-Sticker braucht.

Mit Cello-Support zitiert das bluesige "Not Just Sometimes But Always" Britpop-Balladen der Mittneunziger. Auf zu neuen Ufern heißt auch der Schlachtruf für das Highlight "The Space Between All Things": Beinahe progrockigen Gitarren-Noise setzen uns die sonst so zielgerichteten Insulaner da in Minute drei vor. Und der schmeckt genauso gut wie die Pianotupfer im nächsten Track "El Capitan". Schwedens Songwriter Kristofer Aström lässt grüßen.

Wirklich klassisch nach vorne rockt nur das nach stumpfen Brotmessern auf rostigem Stahl klingende "I Want A Warning". Schwach ist "Too Long Awake": Das Gitarrengeschrammel wirkt ziellos und verstirbt in einem harten Fade Out. Dass im Hause der Highlander zuletzt die Bright Eyes im CD-Player rotierten, verrät das Country-Flair im gefälligen "Disconnected". Pedal Steel und depressive Fluchtgedanken im Text erinnern stark an die Kollegen aus Nebraska.

Idlewild haben sich für "Warnings/Promises" mit Produzent Tony Hoffer (Beck, Air) so viel Zeit gegönnt wie nie zuvor. Als Lohn fährt die aktuelle Scheibe das Reifezeugnis in Sachen Popappeal locker ein, und auch die Emo-Kür gelingt ohne große Abstriche. Obwohl es einige Durchläufe braucht, finden hieran alle Gefallen, die schon den Durchbruch "The Remote Part" ins popaffine Herz geschlossen und vorn im Regal platziert haben.

Trackliste

  1. 1. Love Steals Us From Loneliness
  2. 2. Welcome Home
  3. 3. I Want A Warning
  4. 4. I Understand It
  5. 5. As If I Hadn't Slept
  6. 6. Too Long Awake
  7. 7. Not Just Sometimes But Always
  8. 8. The Spase Between All Things
  9. 9. El Capitan
  10. 10. Blame It On Obvious Ways
  11. 11. Disconnected
  12. 12. Goodnight

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