laut.de-Kritik

Wie ein Fünf-Sterne-Menü ohne Nachtisch.

Review von

Am 16. Juni 2015 gastierte Herbert Grönemeyer in der Wiener Stadthalle. Augenzeugen berichteten von einem "großen Tag" für die österreichische Anhängerschaft. Deutschlands erfolgreichster Pop-Interpret der letzten 30 Jahre hatte mal wieder groß aufgetischt. Alles war am Start: eine beeindruckende Lichtshow - projiziert auf diverse Bühnenleinwände – eine Background-Band, mit der der Sänger bereits seit drei Jahrzehnten den Tourbus teilt und eine Setlist, die keine Wünsche offen ließ.

Ewige Klassiker wie "Bochum", "Flugzeuge Im Bauch" und "Kinder An Die Macht" standen ebenso auf dem Programm wie aktuellere Perlen á la "Wunderbare Leere", "Unser Land" und "Uniform". Ein "Medley" gab es natürlich auch. Das gelungene Potpourri aus "Männer", "Was Soll Das" und "Vollmond" ließ die Wiener Massen genauso ausflippen wie das extra für die Österreicher aus dem Archiv gekramte "Ich Hab Dich Lieb".

Dieser Tage dürfen sich nun auch all jene auf die Schenkel klopfen, die an diesem Abend nicht vor Ort waren. Der Konzertmitschnitt "Dauernd Jetzt Live" macht's möglich.

Der Fan vor dem heimischen Bildschirm wird – oberflächlich betrachtet – nicht enttäuscht. Bild, Ton, Schnitt: alles passt. Man fühlt sich schnell mittendrin im opulent inszenierten Geschehen.

Während tonnenweise buntes Konfetti von der Hallendecke fällt, ermöglicht ein langer Bühnensteg sogar den Besuchern in den hinteren Reihen mit ihrem Idol auf Tuchfühlung zu gehen. Der genießt das Bad in der Menge sichtlich. Wie ein junger Hüpfer tänzelt Herbert Grönemeyer im dunklen Sakko und mit schneeweißen Klett-Sneakern an den Füßen von links nach rechts. Zwischendurch wird immer wieder gewitzelt.

Herbie ist gut drauf. Und der Zuschauer mittendrin. Nahaufnahmen ohne Ende zeigen einen losgelösten Pop-Entertainer, der bereits nach wenigen Minuten aus jeder Pore seines Körpers schwitzt. Es macht Spaß ihm zuzusehen, wie er den junggebliebenen Derwisch mimt oder am Klavier sein Innerstes nach außen kehrt.

Respektable 23 Mal verbeugt sich Herbert Grönemeyer vor der johlenden Menge. Nicht übel für einen Mann, der im kommenden April 60 Geburtstagskerzen ausblasen wird. Also, alles tutti, oder? Leider nicht ganz; denn an jenem Abend wurde noch wesentlich mehr geboten – nämlich diverse weitere Songs. Die kehrt man auf der Nachbetrachtung aber allesamt unter den Teppich.

Kein "Alkohol", kein "Stück Vom Himmel", kein "Fisch Im Netz": Schade eigentlich. So fühlt sich der eingefleischte Fan am Ende ein bisschen wie der Gast in einem Fünf-Sterne-Restaurant, dem aus unerklärlichen Gründen der Nachtisch verweigert wird. Bonusmaterial gibt es nämlich auch keins. Warum nicht? Nobody knows. Nicht einmal der Künstler selbst hat darauf eine Antwort: "Ich guck mir solche Sachen nicht an", verriet er erst kürzlich einem völlig verdattert dreinblickenden Stefan Raab. Das sollte er sich aber vielleicht mal angewöhnen.

Trackliste

  1. 1. Unter Tage
  2. 2. Wunderbare Leere
  3. 3. Fang Mich An
  4. 4. Unser Land
  5. 5. Uniform
  6. 6. Bochum
  7. 7. Schiffsverkehr
  8. 8. Medley (Männer, Was Soll Das, Vollmond)
  9. 9. Neuer Tag
  10. 10. Flugzeuge Im Bauch
  11. 11. Der Weg
  12. 12. Roter Mond
  13. 13. Musik, Nur Wenn Sie Laut Ist
  14. 14. Mensch
  15. 15. Bleibt Alles Anders
  16. 16. Morgen
  17. 17. Kinder An Die Macht
  18. 18. Zeit, Dass Sich Was Dreht
  19. 19. Ich Hab Dich Lieb
  20. 20. Feuerlicht
  21. 21. Fang Mich An (Hoopieshnoopie Remix)
  22. 22. Pilot
  23. 23. Der Mond ist aufgegangen

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Herbert Grönemeyer

Vor seinen ersten Plattenerfolgen arbeitet er als musikalischer Leiter des Schauspielhauses Bochum und als Filmschauspieler - unter anderem im Welterfolg …

1 Kommentar

  • Vor 8 Jahren

    1/5..wegen der Veöffentlichungspolitik ..das konzert gekürzt...und nicht ein estra dabei
    wenn man schon nicht das ganze konzert auf der dvd bring, sollte man wenigstens das eine oder andere extra draufpacken ..dann gäbe es eine bessere beurteilung