laut.de-Kritik

Der Stoff, aus dem Kopfnickerträume sind.

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Zuweilen steht es einem überdeutlich vor Augen: Wenn man sich, als sei es erst gestern gewesen, an den Flash erinnert, den einem eine Platte verpasst hat, die vor 13 (in Worten: dreizehn!) Jahren erschien, machen wir uns nichts vor, dann wird man alt. Gurus erste "Jazzmatazz"-Ausgabe verteidigt seitdem mühelos ihren Platz auf dem Plattenteller, Nummer zwei konnte mithalten. Der Versuch, mit "Jazzmatazz: Streetsoul" die R'n'B/Neo-Soul-Welle zu reiten, hinterließ dafür einen recht faden Nachgeschmack.

Wohl auch beim Meister selbst: "Durch die Mitwirkung zu vieler Produzenten verlor die Musik ihr organisches Flair", so Guru. Für "Jazzmatazz Vol. 4" bewegt sich Mr. Keith Elam aka Gifted Unlimited Rhymes Universal zurück zu den Wurzeln und überantwortet die Produktion wieder einem einzigen Partner - und der erweist sich in der Tat als Superproducer. Vom wuchtigen Bass des Openers "Cuz I'm Jazzy" bis hin zum angemessenen dichten Rahmen für David Sanborns virtuos gehandhabtes Saxophon in "Living Legend" reiht Solar ein musikalisches Bonbon ans nächste.

Der Jazz tritt dabei zwar ein wenig in den Hintergrund, hinterlässt aber ein feines Aroma, das einen Großteil der Tracks zumindest unterschwellig begleitet. Dennoch bleibt kein Zweifel: "We got the jazz, we got the jazz." Das Gespann Guru und Slum Village, das die Reise "Back To The Future" eröffnet, darf sich wahrhaftig als "jazzy like Jeff" adeln. Melodie und geschickt zurecht geschnittene Streicher tragen das Ihre dazu bei, "Cuz I'm Jazzy" zu einem angenehm groovenden Hochgenuss zu erheben.

Solar entpuppt sich als Herr über starke Kontraste. Tiefe, kraftvolle Bässe treffen auf helle Melodiebögen, Licht auf Schatten, aktuelle Produktionsweisen auf den Geist der Vergangenheit. Ein Saxophon würzt die unaufdringliche Melodie von "Look To The Sun", Gitarren beherrschen "Wait On Me". Gurus Reflektionen über die immerwährende Liebe scheinen hier bereits den eiskalten Hauch der Vergänglichkeit in sich zu tragen - sehr berührend, wenngleich mir der Gesang Raheem DeVaughns den Schmalz schon wieder eine Idee zu dick aufs Brot schmiert.

Unverwechselbarer gerät der Beitrag Omars, der in "The Jazz Style" von klimperndem Piano flankiert wird. Dionne Farris liefert in "Fly Magnetic" eine üppige Darbietung ab, die viele der Plastikstimmchen, die den aktuellen R'n'B überfluten, verblassen lässt. Funk-geladener Bass, perlender Rap und eine opulent gesungene Hookline ... Wenn das nicht der Stoff ist, aus dem Kopfnickerträume gemacht sind!

Shelley Harland bleibt in "Follow The Signs" angenehm unaufgeregt. Die Basis dieser produktionstechnischen Großtat bildet der grummelnde Bass, während Gitarrensaiten an den Nervenenden kitzeln. Ein sich geduckt anschleichende Beatmonster hält seinen massenhaft enthaltenen Bombast sittsam bedeckt: Eigentlich hätte dieser Track den Titel "This Is Art" verdient.

Brownman stellt die gedämpfte, Melancholie verströmende Trompete zu "Universal Struggle", Bob James sitzt bei "State Of Clarity" an den Keyboards. Bobby Valentino sorgt "International" für einen weiteren Exkurs in den R'n'B, während sich "This Is Art" auf die Qualitäten der Oldschool besinnt. Die Drums hier sollten Kems Frage "Do you think it's funky enough?" hinlänglich beantworten.

Eine weitere Referenz an "Summer Breeze" wäre zwar nicht nötig gewesen, Vivian Green nähert sich der oft kopierten Vorlage allerdings erfreulich unkonventionell. Auch die Frage, ob man unbedingt noch einmal "Apache" samplen muss, muss erlaubt sein, gibt es doch so viele so schöne andere Nummern da draußen. Als allzu störend empfinde ich diesen Umstand angesichts der zahllosen erfreulichen Komponenten in "Jazzmatazz Vol. 4" dann aber auch wieder nicht.

Locker und lässig flowt ein in sich ruhender Guru durch Track um Track, gestattet Einblick in flüssige Gedankengänge und demonstriert dabei überragende Präsenz. Zudem: "These ain't just words that rhyme." Stets steckt eine Botschaft in und zwischen den Zeilen. "The hip hop jazz messenger": Auch dieser Titel kommt nicht von ungefähr. "I speak to those who hear me, I speak to open minds."

Was Guru dabei an Abwechslungsreichtum abgeht, gleicht die beeindruckende Gästeliste mühelos aus. Erwähnte ich Damian Marley? Common? Blackalicious? "I get respect from all the best", so Gurus unbescheidene Selbsteinschätzung, die nach dieser Leistung nur einen Kommentar gestattet: Ehre, wem Ehre gebührt.

Trackliste

  1. 1. Cuz I'm Jazzy feat. Slum Village
  2. 2. State Of Clarity feat. Common and Bob James
  3. 3. Stand Up feat. Damian Marley
  4. 4. Look To The Sun
  5. 5. Connection feat. Kem
  6. 6. Fine And Free feat. Vivian Greene
  7. 7. Wait On Me feat. Raheem De Vaughn
  8. 8. International feat. Bobby Valentino
  9. 9. This Is Art feat. Ronnie Laws
  10. 10. Fly Magnetic feat. Dionne Farris
  11. 11. The Jazz Style feat. Omar
  12. 12. Follow The Signs feat. Shelley Harland
  13. 13. Universal Struggle feat. Brownman
  14. 14. Infinite feat. Blackalicious
  15. 15. Kissed The World feat. Caron Wheeler
  16. 16. Living Legend feat. David Sanborn

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