18. August 2015

"Ich würde gerne jedem Nazi dieser Welt ins Gesicht spucken"

Interview geführt von

Vögel, Katzen und Delfine: Die drei Jungs von der Frittenbude scheinen bei der Wahl ihrer Albumtitel immer "tierischen" Spaß zu haben. Auch ihr neuester Studiostreich gibt sich animalisch, diesmal geht es um die "Küken Des Orion."

Nach drei Jahren gibt es endlich wieder Frisches von der Frittenbude auf die Teller. "Küken Des Orion" heißt das mittlerweile vierte Studiowerk der drei Exil-Bayern Martin Steer, Johannes Rögner und Jakob Häglsperger. Darauf beschäftigt sich das Trio abermals mit knarzigen Bässen, hibbeligen Effekten und jeder Menge Lyrik-Irrsinn. Wir verabredeten uns mit Frontmann Johannes in Berlin und plauderten über Verschlusssachen, Kuscheltiere und Michael Jackson.

Hi Johannes. In zwei Wochen erscheint euer neues Album "Küken Des Orion". Ihr habt knapp zwei Jahre an der Produktion gefeilt. Euer reifstes Album bisher?

Johannes Rögner: Ich denke schon. Es steckt zumindest mit Abstand am meisten Arbeit drin. Wir sind's jetzt aber auch leid. Wir wollen, dass die Scheibe endlich rausgeht.

Das Album ist ja nun auch schon fast seit einem halben Jahr im Kasten. Habt ihr es ordentlich rumgereicht?

Das ist bei uns ganz unterschiedlich. Jakob und Martin gehen mit dem Material ziemlich offen um. Sprich: Da gibt es im engeren Bekanntenkreis wohl keinen mehr, der das neue Album noch nicht gehört hat. Ich hingegen versuche alles noch so gut wie möglich unter Verschluss zu halten. Auf die Meinung von Freunden und Familienangehörigen kann man in so einem Fall eh nichts geben. Da kommt immer nur positive Resonanz bei rum. Man will ja keinem wehtun (lacht).

Ich muss da gleich einhaken – zumindest oberflächlich. Für mich rangiert der Titel des Albums nämlich schon jetzt ganz oben auf meiner ganz persönlichen Albumtitel-des-Jahres-Hitliste. Vor wem von euch darf ich mich dahingehend denn verneigen?

Der Albumtitel war eigentlich ein Unfall. Jakob ist ja unser allerliebster Hobby-Astrologe. Und manchmal zerrt er uns halt nachts irgendwo auf die Wiese und zeigt uns obskure Sternbilder. Naja, und irgendwann auf Tour – ich glaube, es war in Kiel – lagen wir also wieder einmal leicht beschwipst auf dem Rücken und schauten in die finsteren Weiten des Alls, als Jakob plötzlich den Gürtel des Orion entdeckte. Ich war aber nur halb bei der Sache und hab dann irgendwie statt Gürtel Küken verstanden. Das war's dann. So ist der Titel entstanden.

Nach der Nachtigall, Katzen und Delfinen, kommt ihr also mit extraterrestrischen Küken um die Ecke. Ihr habt's irgendwie mit Tieren, oder?

Eigentlich wollten wir ja bei diesem Album mit der Tradition brechen. Aber irgendwie hat sich kein schönerer Titel angeboten. Keine Ahnung, warum wir von den Tieren nicht loskommen. "Katzengold" sollte ja auch eigentlich "Plörre" heißen. Das haben wir damals auch nicht durchgezogen. Ich weiß nicht, woran das liegt.

Ich natürlich auch nicht. Aber ich find's cool. Wegen mir könnt ihr gerne so weitermachen.

Na, mal sehen. Wie gesagt, eigentlich sollte das Tier-Dingens schon längst begraben sein. Vielleicht gelingt uns ja mit dem nächsten Album der große Befreiungsschlag (lacht).

"Bayern ist halt ..."

Neben dem Album- gibt es auch jede Menge Songtitel, die den Hörer erst einmal vor den Kopf stoßen. Lust auf ein kleines Spielchen?

Klaro. Immer.

Ich stell dir zu einigen ausgewählten Songtiteln eine Frage, die nicht unbedingt mit dem Inhalt des jeweiligen Songs zu tun hat. Und du guckst einfach mal, was dir so spontan dazu einfällt, ok?

Leg los. Ich bin gespannt.

Erster Song: "Army Of Küken". Meine Frage: Welchem Land dieser Welt würdest du dieser Tage gerne eine Armee aus Küken unterjubeln?

Die mir zur Verfügung stehende Armee aus Küken würde ich wohl aufteilen. Und zwar auf alle Länder, die derzeit die Säbel rasseln lassen. Ich hab's nämlich nicht so mit Krieg. Ich könnte mir aber auch vorstellen, alle Küken in Bayern zu stationieren. Eine Begründung dafür muss ich dir allerdings schuldig bleiben. Bayern ist halt ... Naja, du weißt schon. Ich will da jetzt gar nicht weiter groß drauf eingehen.

Ok. Nächster Song: "Die Möglichkeit eines Lamas". Hast du in deinem Leben schon jemals einen Menschen angespuckt?

Nein.

Gibt es denn irgendjemanden, den du gerne mal anspucken würdest?

Ich würde gerne jedem Nazi auf dieser Welt ins Gesicht spucken.

Treffer!

High Five!

Weiter im Programm mit "Stürzende Helden". Welcher Heldensturz hat dich so richtig schockiert?

Puh, da gibt es so einige. Gerade als Musiker oder Künstler trifft man im Laufe der Jahre zwangsläufig auf Persönlichkeiten, die einen in der Jugend geprägt haben. Wenn man dann allerdings feststellt, dass sich der einstige Held als armseliger Vogel entpuppt, ist das schon hart. Ich will auch hier nicht zu sehr ins Detail gehen. Du wirst also keine Namen aus mir herauskitzeln können. Aber ich kann dir versichern, dass diverse Ikonen der Branche ganz schön einen an der Latte haben.

Ich kann mich an nen Kollegen erinnern, dem fast die Tränen in die Augen geschossen sind, nachdem sich sein Held Marilyn Manson im Laufe eines Roundtable-Interviews als verdrogter Meister des Monologs entpuppte. Den armen Kerl musste ich danach im Fahrstuhl stützen. Der wäre sonst vor Enttäuschung zusammengebrochen.

Definitiv kein Einzelfall.

"Das Ende von East 17 hat mich damals umgehauen."

Schwamm drüber. Kommen wir zum nächsten Song, der da heißt: "Endlich Unendlich". Welches Band-Ende würde dich persönlich am Sinn des Lebens zweifeln lassen?

Dieses Tal habe ich glücklicherweise schon durchschritten. Jetzt kriegst du auch mal nen Namen von mir (lacht).

Oh, ich bin ganz Ohr.

Als ich damals vom East 17-Ende aus der Presse erfuhr war ich am Boden zerstört. Das hat mich echt umgehauen.

Das muss ein Schock gewesen sein.

Ein ganz schwerer sogar.

Nächster Song: "Ostsee, California". Meine Frage: Wo würdest du gerne mal auftreten, wenn du dir einen Ort auf dieser Welt aussuchen könntest?

Ich würde gerne mal auf einer Bühne am Strand stehen – natürlich mit Blick aufs Meer. Die Leute würden dann alle im Wasser tanzen. Das wäre genial.

An der Ostsee? Oder lieber Kalifornien?

Ach, das wäre mir egal. Wenn die Sonne scheint, ist es doch an jedem Strand schön.

Da hast du auch wieder Recht. Kommen wir zum Song "Rave Ist Kein Hobby". Womit würdet ihr wohl heute euer Geld verdienen, wenn die Musik nicht dazwischengefunkt hätte?

Martin wäre wahrscheinlich Journalist geworden. Bei Jakob wird es schon schwieriger. Der kann nämlich nichts, außer sich mit Musik beschäftigen. Das ist jetzt aber nicht abwertend gemeint. Ganz im Gegenteil. Der hat's dahingehend total drauf. Ich hingegen hätte wahrscheinlich irgend ne geile Firma gegründet. Was Kleines. Vielleicht hätte ich aber auch ne Szene-Bar aufgemacht um den reichen Schnöseln die Kohle aus den Taschen zu ziehen.

Du klingst gerade etwas enttäuscht. Oder kommt mir das nur so vor?

Das kommt dir nur so vor. Ich bin glücklich. Es gibt nichts Geileres als einer von der Frittenbude zu sein.

Was meinst du? Wäre Michael Jackson auch gerne einer von der Frittenbude gewesen?

Schwer zu sagen. Aber ich weiß jetzt auf jeden Fall, um welchen Song sich deine nächste Frage drehen wird.

Bingo! Der letzte Song eures neuen Albums heißt "Michael Jackson Hatte Recht". Da frage ich mich doch: Womit hatte Michael Jackson denn Unrecht?

Ich kann mich da eine Situation erinnern, die ich ihm jahrelang übel genommen habe. Da war dieses James Brown-Konzert, irgendwann in grauer Vorzeit, bei dem der Maestro Michael Jackson aus dem Publikum auf die Bühne holte. Der informierte James Brown im Laufe der Performance darüber, dass auch ein gewisser Prince vor der Bühne stehen würde. Naja, der Rest ist Geschichte. Prince musste auch auf die Bühne und kackte völlig ab. Der arme Kerl war total unvorbereitet. Da hat der Michael einem feinen Kollegen einen Bärendienst erwiesen. Pfui!

An was du dich alles erinnern kannst ... Respekt!

Kannste mal sehen (lacht).

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