laut.de-Kritik

Miami Bass mit Gästen wie Akon und Nelly Furtado.

Review von

Vor Jahren hörte ich den schweizerischen Autor und Radiomoderator Christian Gasser im Rahmen einer Vorlesung über peinliche Lieblingslieder referieren: Jeder kennt sie, jeder weiß, dass sie Schrott sind - und man dreht trotzdem lauter. "Du! Du hast auch eins!", unterstellte der Redner einem Hipster im Publikum. Dieser, erkennbar peinlich berührt, gestand ein Faible für Eiffel 65s "Blue".

Als mir die ersten Töne von Flo Ridas "Sugar" ins Ohr bratzen, möchte ich mir schier den Kopfhörer vom Schädel reißen: "Blue", da war es wieder! Entrinnen unmöglich, herzlichen Dank. Mit der Erinnerung ist auch das debile, breite Grinsen wieder da. Ein erbärmlicher Scheißsong, und ich liebe ihn. Verdammt!

Ohne Witz, mit derlei Momenten hätte ich auf dem Zweitling des Mannes, der einst im Dunstkreis der 2 Live Crew operierte, nicht gerechnet. In Flo Rida, dem Verkaufszahlenwunder aus dem dreckigen Süden vor allem eins zu stecken: "ein 70er-Baby, ein 80er-Kind", um Dendemannsche Worte zu bemühen.

Was Mr. Dillard dahin gehend alles aus dem Hut zieht, passt in keine Wundertüte. Ritt die Vorab-Single "Right Round" bereits den unkaputtbaren Tanzboden-Dauerbrenner "You Spin Me Round" von Dead Or Alive, baut "Gonna Get It" auf ein Sample aus "Private Dancer".

"Available", Gastspiel von Akon inklusive, orientiert sich noch weiter zurück und bemüht "Take Your Time", einst angeraten (Zu hülf!) von der S.O.S. Band. Wiedersehen macht Freude. Im Verbund mit breitflächigen Synthieproduktionen gerät derlei Sample-Sport zu einer sicheren Investition.

Eine Reise nach Afrika habe Flo Rida inspiriert, sich auf seine Wurzeln zu besinnen, weiß der Beipackzettel. Die stecken, wenn sie sich ausnahmsweise nicht in die 80er-Plattenkiste verirren, unüberhörbar im Miami Bass. Obwohl diverse Produzenten von Dr. Luke über Stargate zu Will.I.Am an der musikalischen Ausstattung schrauben, wartet "R.O.O.T.S." mit einer recht einheitlichen Soundästhetik auf.

Flo Rida zeigt sich zwar voll untadeliger Rap-Fertigkeiten, brilliert aber, obwohl er sich auf unterschiedlichsten Themenfeldern versucht, nicht gerade als Held des Abwechslungsreichtums. Ob Abschlepp-Nummer, Bargeld-Hymne, Rückbesinnung auf kluge mütterliche Ratschläge ("Never say you can't. No. Never!") oder getragenes Gedenken an verlorene Liebste: Lediglich die Worte verraten die Thematik, die Stimme bleibt stoisch.

Dennoch: Auf die geladenen Gäste hätte ich problemlos verzichten können. Eine völlig ausdruckslose Nelly Furtado ("Jump") oder gewohnt schnulziger R'n'B von Ne-Yo ("Be On You") steigern zweifelsohne das erhebliche kommerzielle Potenzial noch weiter. "R.O.O.T.S." hätte sich aber ohne deren Beteiligung ebenso astrein aus dem Cabrio pumpen lassen. Wenn man eins hat. Sonst tuts auch der Kopfhörer. Aber: Obacht! Ohrwürmer lauern überall.

Trackliste

  1. 1. Finally Here
  2. 2. Jump feat. Nelly Furtado
  3. 3. Gotta Get It (Dancer)
  4. 4. Shone feat. Pleasure P
  5. 5. Right Round feat. Ke$ha
  6. 6. R.O.O.T.S.
  7. 7. Be On You feat. Ne-Yo
  8. 8. Mind On My Money
  9. 9. Available feat. Akon
  10. 10. Touch Me
  11. 11. Never
  12. 12. Sugar feat. Wynter
  13. 13. Rewind feat. Wyclef Jean

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