laut.de-Kritik

Kristin Hersh überrascht, um es vorsichtig auszudrücken.

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Das letzte Jahr ging vorüber, ohne ein wirkliches Lebenszeichen von Kristin Hersh zu vernehmen. Die Ikone des amerikanischen Underground war dennoch nicht untätig. Wer ihr das unterstellen wollte, der kennt das Energiebündel nicht. Zahlreiche Liveauftritte, die Pflichten ihrer vierfachen Mutterschaft sowie ihr neuestes Projekt Fifty Foot Wave hielten Hersh auf Trab. Die Früchte ihrer Arbeit präsentiert die Throwing Muses-Frontfrau nun auf dem Longplayer "Golden Ocean".

Und das Ergebnis überrascht, um es vorsichtig auszudrücken. Denn was Fifty Foot Wave auf "Golden Ocean" darbieten, ist handgemachter Rock, der druckvoll und schnörkellos aus den Boxen wummert. Zwar kündete schon das letzte Throwing Muses-Album aus dem Jahr 2003 von der neu erwachten Freude an dreckig rockenden Grooves.Gleichzeitig schlug Frau Hersh mit ihrem Soloalbum "The Grotto" aber auch leise und zerbrechliche Töne an.

Davon ist auf "Golden Ocean" absolut nichts mehr zu hören. Unterstützt von ihren beiden Throwing Muses-Kollegen, Bassist Bernard Georges und Drummer Rob Ahlers, lässt es Kristin Hersh mächtig krachen. Atemlos vom ersten Chord an, rotzen Fifty Foot Wave die elf Songs von "Golden Ocean" raus, als gelte es die ganze Welt an die Wand zu spielen. Das mag einem von früheren Throwing Muses-Releases her noch halbwegs bekannt vorkommen, trotzdem überrascht die Heftigkeit von "Bone China" allemal. Leugnen hilft nicht.

Mit den ersten gesungenen Textzeilen traut man seinen Ohren noch viel weniger. Eine der lieblichsten Stimmen des Alternative Rock röhrt und brüllt hier ins Mikrofon, als habe sie die Nächte vor den Aufnahmen in einer schummrig beleuchteten Spelunke mit Tom Waits bei mehreren Flaschen Whiskey zugebracht. Von wegen heavenly voices! Unverkennbar bleibt, trotz des rauhen Charakters von "Golden Oceans", die typische Melodieführung von Kristin Hersh wie bei "Clara Bow".

Nach knapp 40 Minuten endet "Golden Oceans" so schroff und abrupt wie es begonnen hat. Zurück bleiben die Zuhörer mit einem staunenden Ausdruck auf dem Gesicht. Fifty Foot Wave zeigen mit "Golden Ocean", wer die wahren Helden des amerikanischen Underground sind, und das seit rund 20 Jahren.

Trackliste

  1. 1. Long Painting
  2. 2. Bone China
  3. 3. Pneuma
  4. 4. Clara Bow
  5. 5. Petal
  6. 6. Dog Days
  7. 7. Sally Is A Girl
  8. 8. Ed Dorado
  9. 9. Ginger Park
  10. 10. Diving
  11. 11. Golden Ocean

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