laut.de-Kritik

Ideenreiche und respektvolle Würdigung der rheinischen Punkformation.

Review von

Gute Zeiten dürfen nicht vergessen werden und damit die für die Entwicklung der deutschsprachigen Musik – im speziellen von Punk und New Wave – so wichtigen Family 5 nicht ins Niemandsland geraten, veröffentlicht das neue Wuppertaler Label Paul! als ersten Tonträger eine Tribut-CD mit 13 Interpretationen der rheinischen Punkformation. Die hatte ihre bedeutendste Zeit Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre. Als Maßstab für unkonventionelle und aufgeladene Protestmusik gelten Family 5 noch heute und Sänger Janie, auch bekannt als Peter Hein, wird wohl auf immer als Vorbild für Ausdruck und musikalische Verschmelzung dienen.

Farin Urlaub, Lichtgestalt des Punkrocks, eröffnet die CD mit einer bitteren Version von "Stein des Anstosses". Ein Klanggewitter leitet über zu einer einzigen Provokation, doch endlich den Stein zu schmeißen und die Wut heraus zu lassen. Gehörte es zu den Tugenden der Family 5, unkonventionell und provozierend an die Instrumente zu gehen, reproduziert Farin Urlaub zudem auch die Kälte. Noch eisiger wird es mit Subterfuge, die mit "Der Schlaf der Vernunft" (übrigens dreimal auf der CD interpretiert) eine Endzeitstimmung beschwören. Subterfuge scheinen erschöpft die weißen Schäfchen am grauen Himmel der Monotonie zu zählen.

Zu den absolut hörenswerten Stücken gehören "Der dunkle Grenzbezirk" von Uncle Ho, "Überstunden" von Blizzfrizz, "Der Schlaf der Vernunft" in den Versionen von Der Profi und Calling Karina sowie "Kinder im Rhein" von Atomixx. Allen Formationen gelingt es, aus ihrem eigenen Stil heraus eine Harmonie mit den Ideen der Family 5 zu erzeugen. Die vielen unterschiedlichen Ausdrucksformen einer Grundidee machen gerade die Aufregung einer solchen CD-Zusammenstellung aus, und "Die Zeit ist reif..." verdient sich hier einen Bonuspunkt.

Michel Arevalo gelingt sicherlich der interessanteste Tribut mit "Du wärst so gern dabei". Selten habe ich jemanden so höhnisch-lächelnd sagen gehört: "Wir lassen Dich nicht rein", während die Musik im Stile von Roxy Music eher an neuneinhalb Wochen erinnert. Und am charmantesten geht A Certain Frank mit seiner gefühlvollen Version von "Mittochs in..." mit den Family 5 um.

Die Zeit scheint tatsächlich reif für diese dreizehn Versionen, unter denen viele bemerkenswerte Stücke und variable Interpretationen und Stilmittel zu hören sind. Ohne überflüssigen Ballast ist hier eine glänzende Zusammenstellung gelungen.

Trackliste

  1. 1. Farin Urlaub - Stein des Anstosses
  2. 2. Subterfuge - Der Schlaf der Vernunft
  3. 3. Uncle Ho - Der dunkle Grenzbezirk
  4. 4. Blizzfrizz - Überstunden
  5. 5. Mama Gunesch - Wir bleiben
  6. 6. Der Profi - Der Schlaf der Vernunft
  7. 7. Die Konsequenzen - Alles ganz einfach
  8. 8. A certain Frank - Mittwochs in...
  9. 9. Boxhamster - Japaner in Düsseldorf
  10. 10. Atomixx - Kinder im Rhein
  11. 11. Shy - Mit Fug und Recht
  12. 12. Calling Karina - Der Schlaf der Vernunft
  13. 13. Michel Arivalo - Du wärst so gern dabei

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