laut.de-Kritik

Ich will Spaß, ich geb' Gas!

Review von

Aha, da hat sich ja in 20 Jahren nicht viel verändert, denkt man bei den ersten Tracks des neuen Extrabreit-Albums. Gleich der Opener "Neues Spiel" könnte mit seinen flächigen Gitarrenriffs, dem simplen Rhythmus und dem eingängigen Mitsing-Refrain ganz gut auch Anfang der Achtziger entstanden sein. Ist vielleicht kein Wunder, sind doch mit Sänger Kai Hawaii, Stefan Kleinkrieg an der Gitarre und Rolf Möller an der Schießbude die wichtigsten Protagonisten noch die selben wie anno dunnemals.

Musikalisch hauen auch die folgenden Songs in die 'fröhlicher Schweinerock'-Kerbe. Das ist kein Punk (weil viel zu lieb) und schon gar kein Indierock (weil zu simpel). Das sind Extrabreit, wie man sie aus früheren Tagen kennt, die schauen nicht zurück und schon gar nicht voraus, die geben unbeschwert und fröhlich Gas.

Man muss schon auf die Texte hören, um festzustellen, dass die Jahre auch an den Spaß-Dadaisten der Neuen Deutschen Welle nicht spurlos vorüber gegangen sind. Tatsächlich thematisiert Hawaii gleich in mehreren Stücken das Alter, die verlorenen Illusionen und die Frage, wie lange sich das alles noch durchhalten lässt. Andere Texte setzen sich kritisch politisch mit den "Multis & Der Staat" auseinander, aber der Tenor bleibt immer der Gleiche. Hauptsache nicht unterkriegen lassen, und das ist doch mancher Plattitüde und vielen Nanananas zum Trotz eine schöne Maxime.

Thematisch passt das Barry Ryan-Cover "Die Zeit Macht Nur Vor Dem Teufel Halt" natürlich bestens in diesen Kontext, musikalisch fällt der Track mit seinem quasi unaufhaltsamen Maschinenrhythmus etwas aus dem Rahmen. "(K)ein Traum" zeigt mit seinen Dark Wave-Keyboardflächen, dass Extrabreit auch anders könnten, wenn sie wollten.

Ein zweiter stilistischer Ausreißer ist das mit einer melancholischen gestopften Trompete angejazzte "Dies & Das & Jenes". Hier nähern sich Extrabreit erstmals dem Betroffenheits-Deutschrock und vermitteln damit vor allem die Erkenntnis, dass Stefan Kleinkrieg sich unbedingt vom Mikro fernhalten sollte.

Weitere Totalausfälle sind die billige Malocher-Folklore von "Männer Ohne Gleichen" und das überaus kitschige "All Die Goldenen Jungs". Insgesamt aber kann sich das Album durchaus hören lassen, gerade weil es nicht krampfhaft versucht, modern zu wirken. Extrabreit müssen sich nicht neu erfinden, sie haben mit dem, was sie können und was nicht, offenbar ihren "Frieden" geschlossen.

Trackliste

  1. 1. Neues Spiel
  2. 2. Ewig singt die Balalaika
  3. 3. Nr. 17
  4. 4. Männer ohne gleichen
  5. 5. (k)ein Traum
  6. 6. Die Multis und der Staat
  7. 7. Die Zeit macht nur vor dem Teufel halt
  8. 8. Ahoi!
  9. 9. Süchtig
  10. 10. Psychokiller
  11. 11. Dies & Das & Jenes
  12. 12. Schönes Lied
  13. 13. All die goldenen Jungs

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