laut.de-Kritik

Zeitgenössischer Retro-Soul mit kraftvoller Stimme.

Review von

Zeitlose Soulmusik und neue Impulse vereint der zweite Solo-Longplayer der Australierin Emma Donovan. Mit diversen Bands ist die Sängerin schon seit 20 Jahren aktiv. Auf "Crossover" vereint die kehlig und kraftvoll zeternde 39-Jährige hartkantige und kuschelige Spielarten souliger Sounds.

Psychedelische Riffs und Harmonie-Sprünge ("Don't Give Up On Me") stehen für die rauere Seite der Sängerin und ihrer Band The Putbacks, ebenso wie Rhythm'n'Blues mit starker elektrischer Bassgitarre und funky Drum Pattern ("Hold On"). Verträumten Midtempo-Country-Soul bieten "Pink Skirt" und das zarte "Pretty One", der zurückhaltende Opener "Crossover" und auch die perkussive, geheimnisvolle Ballade "Warrell Creek Song" markieren in schwerelos entspanntem Rhythmustreiben die ruhige, sanfte Seite des Albums.

Höhepunkt ist das fremdländisch betitelte "Yarian Mitji". Die Sprache des gesamten Tracks scheint aus der Aboriginee-Kultur der Yamatji zu stammen, einer Bevölkerungsgruppe im Südwesten Australiens. CD, Website, PR-Text, Bandcamp und andere Plattformen hüllen sich über Details sowieso in Schweigen, wobei sich der Exotik-Faktor von Band und Album keinesfalls zu verstecken braucht. Vor Keyboarder Simon Marvins interessanter Late Sixties-Spieltechnik sollte selbst Ray Manzarek noch staunend erblassen. Die Kenntnis alter Soul-Classics und eine spirituelle Haltung fließen in einer sehr ernst gemeinten Form von musikalischer Meditation und Katharsis zusammen, Spannung und Entspannung halten das Album dynamisch im Yin und Yang.

Das Überkreuzen von Musiktraditionen führt zu manch ungehörter Tonlage auf dieser Platte. Emma ist familiär eine Gumbaynggirr und Yamatji, Mama und Papa führen in verschiedene Kulturen, doch entscheidenden Einfluss auf Emma Donovans Musikstil nahmen Stax-Platten und die Erfahrung, als Kind kirchlichen Gospel im Chor zu singen. Auch im "Warrell Creek Song" taucht ein Chor, der Marliya Choir, auf. Unkirchlich, aber doch sakral hören sich die angejazzten Momente in der schnellen Nummer "Leftovers" an. Was auf Distanz hält, wenn man sich der Musik zu nähern sucht, ist die unklare Intention. Hier sollen zwar Erinnerungen verarbeitet, aber auch wiederum Protest ausgedrückt werden.

In Summe wirkt "Crossover" bei aller Expressivität von Stimme und Instrumenten introvertiert und in seiner Bubble eingesperrt. In dieser Filterblase ist gesetzt, dass James Brown gottgleich war, Aretha die Queen, Sharon Jones unerreichbar. Über Australiens Probleme erfährt man aber deutlich weniger als zum Beispiel bei der weltreisenden Aboriginee-Reggae-Botschafterin Nattali Rize. Ein wirklich runder, klarer Eindruck bleibt von diesem zu kurzen Album mit seinen neun stand-alone-Tracks auch nicht recht haften.

Obwohl sich die wunderschönen Momente also hermetisch im engen Expertenkosmos des Nischen- und Nerd-Rare Groove abriegeln, führen sie schwungvoll vor, wie zeitgenössischer Retro-Soul von der Emotionalität und vibrierenden, klagenden Gesangstechnik Charles Bradleys mit einer weiblichen Stimme klingen. Und bei aller Sperrigkeit: "Crossover" ist mit starken Kompositionen, super Performances, Vielseitigkeit, Intensität und brillanter Tonqualität gut gelungen. Sehr speziell, doch lohnt das Reinhören.

Trackliste

  1. 1. Crossover
  2. 2. Don't Give Up On Me
  3. 3. Hold On
  4. 4. Mob March
  5. 5. Pink Skirt
  6. 6. Yarian Mitji
  7. 7. Leftovers
  8. 8. Warrell Creek Song
  9. 9. Pretty One

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