22. Januar 2016

"Die Story ist der Dreh- und Angelpunkt"

Interview geführt von

Bereits Anfang Dezember fand das Gespräch mit John Petrucci statt, dem Gitarrist und Hauptsongwriter der New Yorker Prog-Institution Dream Theater. Ein paar Tage vorher durften ein paar Journalisten erste Eindrücke vom über zweistündigen neuen Konzeptalbum erhaschen.

Man muss sich mit der Scheibe mönchisch beschäftigen. "The Astonishing" et labora, sonst nix. Nebenherhören scheint zum Scheitern verurteilt. Entsprechend selbstbewusst, aber auch relaxt ob des Bewusstseins, etwas Großes geschaffen zu haben, gibt sich Petrucci während des halbstündigen Gesprächs.

Hi John!

Hey, wie geht's dir?

Sehr gut. Ich habe mittlerweile Jahre mit dem Hören eurer Musik verbracht - schön einen der Urheber dieser Musik an der Strippe zu haben.

(Lacht) Das ist mal nett. Ja, ebenfalls toll, mit dir zu sprechen.

Lass uns über die neue Platte sprechen. "Dream Theater", euer letzter selbstbetitelter Output, war dir zufolge ein Konzept-Album ohne ein richtiges Konzept. Und nun präsentiert ihr ein Doppel-Album mit einem ausufernden Konzept. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen?

Die Entstehung des neuen Albums nahm eine lange Zeitspanne in Anspruch, die sich über die letzten zweieinhalb Jahre erstreckte. Es war meine Idee, dieses immense Projekt anzugehen. Ich wollte eine Story schreiben, aber es begann nicht unbedingt als Konzept-Album. Der Hintergedanke war, eine besondere Live-Show in ausgewählten Venues aufzuziehen und das Album mit richtigem Orchester und Chor aufzunehmen. Mit der Zeit entwickelte sich die Story immer mehr. Es entstanden die vielen Charaktere und gemeinsam mit der opulenten Live-Show ergab sich unser Masterplan.

Ich startete damit, die Story zu schreiben, sammelte nach und nach die ersten musikalischen Ideen und schloss mich dann mit meinem Songwriting-Partner Jordan (Rudess, Keyboards) zusammen. Wir haben die Musik zusammen ausgearbeitet. Daneben schrieb ich noch die Lyrics für dieses verrückte Projekt, was zusammengenommen zwei Stunden und fünfzehn Minuten Musik und Lyrics ergeben. Zusätzlich kümmerten wir uns um die Orchestrierung. Wenn man ehrlich ist, dann haben wir das Ganze noch nicht ganz beendet, denn wir befinden uns immer noch in der finalen Mixphase. Und es steht noch einiges an.

Der 45-minütige Auszug, den wir hören durften, klingt schon mal sehr vielversprechend ...

Und das ist nur ein geringer Teil.

Es fehlen ja noch eineinhalb Stunden.

Diese Relationen sind total verrückt.

Am Ende kann man es wohl eher als Rock-Oper bezeichnen.

Da hast du wohl recht, das haben auch schon andere Hörer gemeint. Es gibt halt diese Story, die durch die Musik illustriert wird, sowie die vielen Charaktere. Das trifft die Definition einer Rock-Oper ziemlich gut.

Wo siehst du die Unterschiede zu eurem letzten Konzept-Album "Scenes From A Memory"? Und denkst du "The Astonishing" bewegt sich auf dem gleichen Level?

Im jetzigen Fall passt alles noch mehr zusammen und ist eine Dimension größer. "SFAM" basierte auf einer Story, die nicht so viele Details besaß wie in diesem Fall, und war nur halb so lang. Nun basiert das Konzept auf einer komplett ausgearbeiteten, originellen Story mit viel Tiefgang.

Es wird eine für sich alleinstehende Show geben. Man kann es auch mehr als ein Ganzes bezeichnen. Es gibt ein Screenplay, es wird Animationen in 3D geben. Dies ergibt insgesamt einfach mehr Schichten, die zusammen gehören. Zu den Ähnlichkeiten gehört, dass beide Alben Konzept-Alben sind. Aber da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf.

Du hast gerade davon gesprochen, dass die gesamten Lyrics auf deine Kappe gehen. Warum waren die anderen Mitglieder, speziell James LaBrie als Sänger, nicht in den Prozess der Erstellung der Lyrics involviert?

Ich habe tatsächlich sämtliche Lyrics verfasst. Der Grund dafür ist, dass ich sichergehen wollte, dass die Lyrics alle Details ausdrücken, die für die Story relevant sind. Diese Entscheidung hatten wir bereits zu Beginn getroffen. Das ganze Konzept sollte einen roten Faden bekommen. Die Charaktere, mit ihren Wünschen und Zielen, müssen glaubhaft rüberkommen und für sich sprechen. Ich spürte, dass die Umstände es diesmal verlangten, dass jemand allein für den Prozess zuständig ist. Das wäre nicht möglich gewesen, hätte man die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt. Als alleiniger Schreiber ist man einfach fokussierter.

"Musik ist essentiell für unser Leben und unsere Kultur"

Insgesamt klingt das Resultat mehr organisch und weniger gekünstelt. Vergegenwärtigt man sich die Alben der Jahre 2000 bis 2011, so fallen diese wesentlich technikbetonter aus. Bereits auf der letzten Platte habt ihr euren Sound einige Veränderungen unterzogen, hin zu einem deutlich melodischeren und weniger technischen Stil. Wie siehst du diesen Veränderungsprozess?

Die Story ist der Dreh- und Angelpunkt auf der neuen Scheibe. Du hast bislang nur einen kleinen Eindruck bekommen. Insgesamt gibt es 34 Tracks zu hören, somit fehlt ein gehöriger Teil des Albums. Alle Songs fallen unterschiedlich aus, denn sie basieren allesamt auf der Story. Wenn ein Song ein Thema behandelt, das eine Stimmung erfordert, die düster, heavy und mysteriös rüberkommt, dann entwickelten wir den Song in diese Richtung.

Somit hört man die unterschiedlichsten Stile. Einerseits klingt es sehr progressiv und verrückt, weil die Story nach dramatischen Momenten verlangt. Dann gibt es ein Twist hin zu einer traurigen Stimmung oder einer gefühlsbetonten Stimmung. Die ganze Musik ist getrieben von der Story, ja wird förmlich von deren Fortspinnen geformt. Das ist der Grund, warum dieses Album wahrscheinlich eine Sonderstellung in unserem Backkatalog einnimmt, weil es sich sehr vom Rest unterscheidet. Dream Theater sind weiterhin der Hauptbezugspunkt und es klingt unverkennbar nach uns. Aber es liegt eine unterschiedliche Inspiration zu Grunde.

Ich höre viele progressive Teile heraus, aber eher in der Intention des Progressiven in den Siebzigern und Achtzigern und weniger nach der Definition des Progressive Metal oder Einflüssen aus dem modernen Metal.

Ja, da hast du Recht. Es gibt noch mehr Songs in unserem Konzept, die diesen Vibe des Progressive Rock der Siebziger atmen. Es scheint so einfach natürlicher zusammenzupassen. Indem wir dem Gedanken des Siebziger-Prog folgen, verleiht das unserer Herangehensweise eine gute Atmosphäre, in der wir unsere Geschichte ausbreiten können.

Ihr benutzt dieses Mal den Begriff Prog im Sinne von Innovation.

So etwas hört man natürlich gerne.

Um auf die Einflüsse für die Story zurückzukommen. Welche Filme haben euer Konzept beeinflusst?

"Hunger Games", "Game Of Thrones", "Escape From New York", "Star Wars", "Lord Of Rings", "Jesus Christ Superstar" und noch weitere Filme und Serien hatten einen großen Einfluss auf "The Astonishing".

Auf literarischer Seite könnte ich mir auch noch gut George Orwell oder Aldous Huxley vorstellen.

George Orwell sicherlich, natürlich Brave New World und wie man sich vorstellen kann auch Tolkien. Dessen Einfluss ist sicherlich groß.

Ich musste auch direkt an "1984" oder "Brave New World" denken. Denn es gibt diese omnipräsenten NOMACS, die sowohl für die Überwachung als auch für den Einheitssound zuständig sind.

Um kurz auf die Story zurückzukommen. Diese ist in der Zukunft angesiedelt, in ca. 300 Jahren. Es ist ein dystopisches Setting. Es kam zu einem gesellschaftlichen Zusammenbruch. Alles wendet sich zurück zu einer Zeit der Königreiche, die von Herrschern geführt werden, und spielt dennoch in der Zukunft. Es gibt einen großen Graben zwischen der Aristokratie und dem normalen Volk.

Ein Grund, warum sich das alles so zugetragen hat war, kann man bereits in unserer Gegenwart beobachten: Viele Abläufe und Prozesse werden von Maschinen und Robotern übernommen. Menschen verlieren ihre Jobs. Mein Gedanke war nun, was passiert, wenn Musik und Kunst nicht von Menschen kreiert werden, sondern Maschinen dies übernehmen.

Und die NOMACS machen die einzige Form von Musik in dieser Zukunftswelt. Das klingt richtig schauderhaft. Elektronische Musik, die keinen Sinn ergibt und keine Seele besitzt. Die Menschen verspüren eine große Leere, sie vermissen etwas. In einem abgelegenen Teil des Landes wird ein Mensch geboren, der die Gabe der Musik besitzt. Die Menschen haben so etwas seit Jahrhunderten nicht gehört und wissen nicht, was sie darüber denken sollen. Aber sie spüren, dass es sehr befreiend sein muss. Und diese Person inspiriert zu einer Revolution gegen die Tyrannei.

"Along for The Ride" oder "The Spirit Carries On" spielen mit einer religiösen Thematik. Was denkst du über Religion im Allgemeinen und spielen religiöse Themen eine Rolle im Konzept für das neue Album?

Religion nimmt für viele Menschen einen großen und wichtigen Teil in ihrem Leben ein und hilft ihnen am Boden zu bleiben und sie zu erden. Sie vereint Familien und hilft dir, eine Art Kompass im Leben zu besitzen. Im Falle von "The Astonishing" gibt es keine religiöse Aussage. Ich bin ein großer Fan von "Jesus Christ Superstar" und damit groß geworden. In unserem Fall habe ich sicherlich ein paar Elemente der Jesus-Story übernommen. Es gibt diesen Auserwählten, den Retter aus dem Dorf Ravenskill, und seine Gabe ist die Musik. Er wird von den Menschen als derjenige betrachtet, der sie befreien kann. Somit gibt es diese Thematik, die zwar nicht religiöser Natur ist, aber sich der Jesus-Story in symbolischer Weise bedient. Es gibt ebenfalls einen Verrat in unserer Story, die mit Gabriels Bruder zu tun hat. Man spielt somit mit diesen Themen, aber ohne einen konkreten religiösen Unterton.

Du sprachst von dem dystopischen Charakter des Settings und davon, dass es in einer fernen Zukunft angesiedelt ist. Aber sind die NOMACS nicht auch eine Kritik an 24/7 Beschallung und Verfügbarkeit von Musik und dessen beliebiger Machart heutzutage?

Da gibt es sicherlich Parallelen zur heutigen Zeit. Das ist ein weiteres Thema, das mitschwingt. Es gibt eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, alles ist immer und überall via Streams verfügbar. Man kann alles downloaden. Es geht in ein Ohr rein und direkt wieder raus. Die Menschen nehmen sich nicht mehr die Zeit, sich hinzusetzen und in die Musik hineinzuversetzen. Nicht alle, aber die meisten. Wir als DT haben immer den gegensätzlichen Weg gewählt. Wir machen Alben in Aufnahmestudios, wir benutzen richtige Instrumente wie Klavier und Orchester. Mit diesem Projekt bringen wir auch zum Ausdruck, wie essentiell Musik für unser Leben geworden ist, aber auch wie wichtig Musik für unsere Kultur ist, für die Gesellschaft und für Beziehungen.

Man hat eine sogenannte Elite, die versucht, die Leitmedien zu kontrollieren. In eurem Fall sind das The Great Nothern Empire Of The Americas und als Konterpart die Rebellen die Ravenskill Rebel Militia. Gibt es denn nicht Parallelen zu unseren heutigen Konflikten?

Je mehr Macht sich in einer kleinen Gruppe konzentriert, desto größer ist die Gefahr, dass wir einen Rückfall in eine Diktatur oder Tyrannei erleiden. Darin liegt eine wesentliche Gefahr

Was sind denn deiner Ansicht nach die größten Aufgaben, vor denen die westliche Welt heute steht, um gerade einen sozialen Kollaps zu vermeiden, der dann in einer Feudalgesellschaft endet wie ihr sie in eurem Konzept beschreibt?

In unserem Fall ist das eine Art romantische Idealisierung. Wir spielen darauf an, dass Kunst und Musik möglicherweise nicht mit der technisierten Umgebung, in der wir leben, zusammenpassen. Auch nicht zu dem schnelllebigen und verrückten Lebensstil, der in Mode ist. Dabei ist sie dermaßen wichtig für die Seele und den Geist der Humanität und sollte einen Platz in unserem Leben behalten. Musik und Kunst machen einen großen Unterschied. Ansonsten endet es vielleicht in einer großen Apokalypse. Das ist das Narrativ, das den roten Faden unseres Konzeptes bildet

Ich finde euer Thema passend gewählt, da Musik und Kunst eine Voraussetzung für das menschliche Bewusstsein sind, gerade um zur Seele der Menschen vorzudringen. James singt in "The Gift Of Music": "People Just Don't Have The Time For Music Anymore". Das ist schon ein starkes Statement gegenüber denjenigen, für die Musik einzig Entertainment und ein Accesscoire darstellt, um ein wenig Zeit zu verlieren. Und eure Antwort darauf ist ein zweistündiges Konzeptalbum.

(Lacht) Yeah, man muss sich die Zeit dafür nehmen.

"Die Story ist der Dreh- und Angelpunkt"

Viele Fans stehen still auf ihrem Platz und verfolgen gebannt eure Live-Shows. Sie wollen einfach keine einzige Note verpassen. Wer von euch in der Band ist der Tänzer, der der Tango-Teil in Lord Nafaryus initiiert hat und vielleicht demnächst euren Fans Beine macht?

(Lacht) Das Lustige daran ist, dass der Tango-Part auf einen Fehler zurückgeht. Als Jordan und ich die Musik für diesen Part ausgearbeitet haben und während wir ihn aufgenommen haben, wies die Aufnahme-Software an dieser Stelle eine Störung auf und veränderte das Feeling des Click-Tracks. Auf einmal klang der Rhythmus nach einem Tango. Ich horchte auf und meinte, dass wir daraus einen Tango machen sollten (lacht). So ist es passiert.

Wenn man die Schurken in der Story betrachtet, trifft man auf Lord Nafaryus. Man vertieft sich in das Album und hört sich die Musik an, die man mit dem Bösewicht verbindet. Dann besitzt sie oft einen ironischen und konterkarierenden Vibe. Der Tango ergibt an dieser Stelle das Gefühl, dass dieser Typ total aufgeblasen, nur mit sich selbst beschäftigt und over the top ist. Das fanden wir an dieser Stelle ziemlich cool.

Du hast eben angesprochen, dass Jordan und du den Großteil der Musik komponiert habt. Mike Manginis Schlagzeugspiel fällt sehr charakteristisch aus. Kannst du seine Rolle im Songwriting-Prozess ein wenig näher beleuchten?

Mike hat zwar nicht die Musik mit uns beiden mitgeschrieben, aber als Jordan und ich im Wesentlichen mit der Musik fertig waren und den restlichen Bandmitgliedern die Musik zugesandt hatten, arbeitete sich Mike richtig rein. Als er ins Studio kam, um die Drum-Parts für die bereits vorhandene Musik auszuarbeiten, war er unglaublich. Er kam herein und in einigen Fällen meinte er nur, drück den Aufnahmeknopf, fing dann an zu spielen und haute einen unglaublichen Drum-Track heraus, der den Song richtig zum Leben erweckte. Und das im ersten Take. Er hatte direkt einen Zugang und ein tiefes Verständnis zur Musik und was sie benötigt. Ich denke, dass Schlagzeugspiel auf dem Album ist phänomenal. Es ist sehr musikalisch, es ist auch immer passend zur Musik. Mike hat einen richtigen Killer-Job abgeliefert.

Ich finde, ihr klingt alle auf den Punkt und songdienlich.

Jeder hat in der Tat sein Bestes gegeben und ich denke auch, dass James einen großartigen Teil dazu beigetragen hat. Er singt die Parts dieser unterschiedlichen Charaktere. Jordan war ein toller Writing-Partner. Unser Mixer und Aufnahme-Leiter Rich Chycki war unser sechstes Bandmitglied, er hat soviel Zeit in das Projekt reingesteckt und seinen Teil dazu beigetragen, dass es so gut klingt wie es klingt. Ich bin sehr glücklich damit, in welche Richtung sich alles entwickelt hat.

Lass uns über die durchgängige Orchestrierung mit Orchester und Chor sprechen. Ihr habt mit Dave Campbell kollaboriert, der auf etlichen Alben als Komponist, Dirigent und Arrangeur mitgewirkt hat. Wie kam es dazu und warum habt ihr ihn ausgewählt?

Wir wussten schon von Beginn an, dass die ganze Musik für Orchester und Chor arrangiert werden sollte. Es war auch klar, dass es eine erhebliche Menge an Musik geben würde. Wir brauchten somit jemanden, der viel Erfahrung mitbringt und bereits Filmmusik verfasst und mit Rock- und Pop-Künstlern zusammengearbeitet hat. Dave Campbell war somit die offensichtliche Wahl. Dieser Typ kann wirklich alles. Er war auch die erste Person, an die ich dachte und die wir angefragt hatten und zum Glück hat er ja gesagt. Und er hat sich sehr in die Materie rein gearbeitet. Es war sehr aufregend mit ihm zu arbeiten. Er hat so viel Arbeit und Stunden in das Projekt gesteckt und soviel Zeit, alles zu organisieren wie das Orchester aufzunehmen. Es gibt einen Konzertchor und einen Gospelchor, all diese unterschiedlichen Elemente mussten zusammengefügt werden. David konnte all dies realisieren. Er hat einen phänomenalen Job abgeliefert. Ein toller Typ ist er obendrein.

Einige Projekte wie Score oder die letzte Live-Veröffentlichung hatten spezielle Spots für die klassischen Parts, aber jetzt wird die Musik nahezu durchgängig mit Orchester und Chor begleitet. Wie wollt ihr das auf die Bühne bringen?

In diesem Fall haben wir uns für die gesamte Tour überlegt, dass wir das Album in voller Länge als eigene Show präsentieren. "The Astonishing Live" in zwei Akten. Woran wir gerade arbeiten ist folgendes Set Up: Ein Bühnenaufbau mit einer Kombination aus Licht-Show und speziellen Video-Panels. Die Bühne wird in die unterschiedlichen Settings der Story wie die Stadt Ravenskill transformiert und die ganze Zeit über gibt es 3-D-Einspielungen zu sehen. Alle Video-Einspielungen und visuellen Begleitungen werden zu einem Code abgespielt, der im Hintergrund abläuft. Wenn dieser läuft, läuft gleichzeitig auch die Orchesterspur, die David aufgenommen hat, im Hintergrund mit. Und die Band spielt zu dem Ganzen. Die Band spielt live und alles andere was noch aufgenommen wurde, wird mit uns abspielt als Teil der Video-Animationen.

Es ist sehr kompliziert und bedeutet einiges an Arbeit, aber das Endresultat dürfte ziemlich cool ausfallen. Logistisch ist es nicht möglich ein Orchester und einen Chor mit auf Tour zu nehmen, das wäre zu aufwändig. Zu viele Leute und viel zu teuer. Wenn wir das Ganze filmen, halten wir ein paar Wochen Rehearsals ab mit dem Orchester, aber das wäre nur ein spezieller Event. Alles andere macht logistisch keinen Sinn.

Dream Theater stehen für qualitativ hochwertigen Progrock und Progmetal mit einer immens hohen Musikalität. Es gibt so viele Fans, die einen speziellen Blick auf euer Schaffen haben. Wie geht ihr mit diesen Erwartungen um, die grob zwischen den Polen Innovation und Trademark liegen?

In diesem Fall war der Sachverhalt klar, dass sich alles auf die Story fokussiert und diese den Taktgeber markiert. Als die Story fertig war, wusste ich, dass wir die Grundlage für etwas Besonderes gelegt hatten. Wir hatten uns über Einflüsse von außerhalb keinerlei Gedanken gemacht. Wir haben nicht über Vorlagen nachgedacht. Unser einziger Antrieb war, die Musik zu schreiben, die der Story gerecht wird und dies in eine Form zu packen.

Meinst du nicht auch, dass eure Musik oft auf eure technischen Fähigkeiten reduziert wird. Es gibt ein deutsches Comic-Buch von Disney, das lustige Taschenbuch. Du kommst darin auch vor als Mitglied der Band Traumtheater, eine wahrlich fiktive Konstruktion, die in der Lage ist, 45 Noten pro Sekunde abzufeuern.

(Lacht) Das ist ja der Knaller.

Wie fühlt es sich an als Pop-Ikone?

Das ist wirklich lustig. In Italien gibt es einen Disney-Cartoon, einen Donald Duck-Cartoon, und wir treten darin als Band namens Duck Theater auf. Wir spielen ein Konzert und ich glaube, ich versuche einen Geschwindigkeitsrekord auf der Gitarre aufzustellen. Aber natürlich gibt es einen bösen Enterich, der Verlangsamungsstrahlen auf mich schießt, die mich davon abhalten sollen, den Rekord aufzustellen. Es trifft mich also nicht zum ersten Mal (lacht).

Ich denke mal, ihr könnt mit der Ironie leben.

Klar, so was ist ein Spaß, auf jeden Fall.

Die Platte erscheint am selben Tag wie eine weitere sogenannte Rock-Opera. Kennst du Avantasia?

Sagt mir nichts. Worum geht's da?

Das ist ein Projekt, das von Tobias Sammet, dem Sänger und Songwriter der deutschen Metal-Band Edguy, ins Leben gerufen wurde. Er arbeitet mit unterschiedlichen Sängern wie Russel Allen oder Jorn Lande zusammen. Ähnlich wie Arjen Lucassens Ayreon, mit dem auch James schon zusammengearbeitet hat.

Ah ich verstehe. Und das kommt am selben Tag heraus?

Genau, das werden Festtage für alle Fans von Konzeptalben.

Das wusste ich in der Tat nicht. Das muss ich mir mal anhören.

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