laut.de-Kritik

Wenn der Electro-Doktor zum Tanz bittet ...

Review von

Belgien, in den 80er Jahren einst eines der Ursprungsländer elektronischer Musik, pflegt seit Jahren eine ganz spezielle Szene. Während sich in Deutschland oftmals Genregrenzen als unüberwindbare Gräben herausstellen, die keinerlei gegenseitige Befruchtung mehr zulassen, geht man bei den belgischen Nachbarn die Sache weniger verbissen an. Disco, Elektro, Techno, Rock, Funk und was weiß ich noch alles, heben hier zur gemeinsamen Groove-Walze an.

Kein Wunder, dass Acts, wie The Glimmerss, TLC oder Starski & Tonic hier ihre Heimat haben. Freestyle heißt das Motto. Einer der ebenfalls eine Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten abdeckt, wenn er in die Plattenkiste greift, ist der geheimnisvolle Dr. Lektroluv. Sein Gesicht kennt niemand. Eines ist dennoch gewiss. Hinter der leuchtend grünen Maske verbirgt sich ein Liebhaber waviger, elektronischer Musik. Das zumindest legt sein halbes Dutzend Mix-CDs nahe, die bei Front 242 beginnen, kurz bei Silicon Soul Station machen und schließlich bei Adult landen.

Der neuste Streich des Doktors "Dr. Lektroluv Presents Elektrik Planet" macht da keine Ausnahme. In seinem medizinischen Sammelsurium finden sich dieses Mal wieder reichlich hochdosierte Elektro-Tabletten. Aber auch auf angenehme Techno-Injektionen müssen die Patienten des Dr. Lektroluv nicht verzichten. Seit dem ersten Mix im Jahr 2002 hat sich die Behandlungsmethode des Belgiers als äußerst wirksam erwiesen.

Er vertraut auf die heilenden Kräfte von LCD Soundsystem, die mit ihrem "Disco Infiltrator" schnell klar machen, dass Dr. Lektroluv seine Patienten auf der Tanzfläche sehen möchte. Dort ist man spätestens mit Front 242s Klassiker "Headhunter" auch angelangt, um kurz darauf mit Alden Tyrells "Disco Lunar Module" alle Krankheiten auf einmal abzuschütteln. Eine Wohltat, die den ganzen Körper um Jahre verjüngt.

Im Vergleich zu seinen älteren Compilations verlässt Dr. Lektroluv mit "Presents Elektrik Planet" die inzwischen ausgetretenen Electroclash-Pfade und wendet sich der wavigen Seite aktueller Produktionen zu. Verbunden in einem locker fließenden Mix, der runter geht wie Hustensaft, bleibt nach 70 Minuten nur eine Erkenntnis: auf die Behandlung des Dr. Lektroluv ist in jedem Fall Verlass.

Trackliste

  1. 1. Mikkel Metal - Sprang (2003)
  2. 2. Michoacan - 2 Bullet (Disaster)
  3. 3. Silicon Soul - Who Needs Sleep Tonight (Abe Duque Remix)
  4. 4. LCD Soundsystem - Disco Infiltrator
  5. 5. In Flagranti - Nonplusultra
  6. 6. Bangkok Impact - 111
  7. 7. David Carretta & D.I.P. - Contact
  8. 8. Front 242 - Headhunter
  9. 9. Savas Pascalidis - Boccaccio Life
  10. 10. Alden Tyrell - Disco Lunar Module (U4ria's Superdunkel Mix)
  11. 11. Mysterymen - Infrared
  12. 12. Sterac Electronics - R-Funk
  13. 13. The Emperor Machine - The TV Extra Band
  14. 14. Informatics - Proximity Switch (Accident In Paradise)
  15. 15. Plastic Bertrand - Tout Petit La Planète

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