laut.de-Kritik

Viel fehlt nicht zum Meisterwerk.

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Vor drei Jahren haben Dornenreich mit dem herausragenden Album "Flammentriebe" das Genre Black Metal lässig im Alleingang weiter entwickelt und aufgewertet. Schon damals spürte man: Musikalische Grenzen und Szenezwang sind nicht Sache von Bandchef Eviga. "Freiheit" befreit die spannende Band nunmehr komplett von jeglicher kreativen Richtungsbegrenzung. Heraus kommt ein stilistisch vielseitiges Konzeptalbum, dessen Skala von lieblich bis brachial reicht.

Einmal mehr steht thematisch die Kreatur Mensch im Mittelpunkt. Waren es auf der Vorgängerplatte meist wütende Zeilen über Machtstreben und Egomanie, zeichnet das aktuelle Werk ein weniger dornenreiches Bild unserer Spezies. Vielmehr geht es um den archetypischen Weg des Lebens von der Wiege bis zur Bahre. Doch geht es hier nicht – wie so oft im Metal – um große Taten, Ehrgeiz und Ruhm des Kriegers.

Hier öffnet man stattdessen das große Fass der ganzheitlichen Betrachtungsweise jeglicher Existenz. Erhabene Erkenntnisse ohne erhobenen Zeigefinger treffen auf eine nahezu buddhistische Philosophie, die zwanglos zeigt, wie schön alles sein könnte, so sich unsere Gattung ein wenig mehr am Riemen risse. "Deine Allverwandtschaft ist dein Mitgefühl./ Dein Mitgefühl ist dein Mut!" Dafür würde sogar der Dalai Lama dem guten Eviga mehr als einmal auf die Schulter klopfen.

Die Arrangements der Lieder legen Dornenreich überwiegend akustisch an. Das tut der Vielseitigkeit keinen Abbruch. Alles passiert gleichzeitig. Lieder wie "Blume Der Stille" muss man jedem ans Herz legen, der sich schon immer fragte, wie wohl Metallicas Akustik-Passagen – etwa von "And Justice For All" - klängen, so man diese zu kompletten Songs aufpumpt. Ansonten zieht sich der mal kammermusikalische, dann wieder dynamische Dialog zwischen Geige und den Gitarren wie ein roter Faden durch die Platte. Anspieltipps: das fast schon spanisch angeschlagene "Von Kraft Und Wunsch Und Jungen Federn" sowie der poetische Ruhepol "Des Meeres Atmen".

Die fette Metalkeule packen sie dabei nur punktuell aus. Das seltene, dabei höchst eruptive Spiel mit der Aggression macht die Ausbrüche noch intensiver als sonst. Großartig, wie Eviga in "Das Licht Vertraut Der Nacht" das innere Tier gerade so lang von der Leine lässt, bis die filigrane Stille wieder Oberhand gewinnt. Ein Lied wie ein Wechselbalg, und der Hörer bleibt gebannt zurück. Mit dem rhythmischen Heuler "Aus Mut Gewirkt" machen Dornenreich den Sack dann so richtig zu.

Viel fehlt "Freiheit" nicht zum Meisterwerk. Am Stück gehört ermangelt es den acht Liedern trotz ihrer musikalischen Vielschichtigkeit hie und da an einer wirklich mal zündenden Melodie. Da sind auch Evigas im Grunde ausdrucksvolle Vocals keine echte Hilfe. Denn: so unterschiedlich innovativ die instrumentalen Teile der Tracks auch sein mögen. Das ewiglich gleichförmige Wiederholen gehauchten Wisperns und leidenschaftlichen Schreiens lässt den Transport eines echten Gesangsthemas mehr und mehr vermissen.

Trotz dieser Schwäche haben Dornenreich mehr zu bieten und zu sagen als die meisten Genrekollegen. "Freiheit" ist ein weiterer Schritt in Richtung Emanzipation von jeglicher Schublade. Weiterhören mit anderen Individualisten wie Ulver oder Sunn O))).

Trackliste

  1. 1. Im Ersten Aller Spiele
  2. 2. Von Kraft Und Wunsch Und Jungen Federn
  3. 3. Des Meeres Atmen
  4. 4. Das Licht Vertraut Der Nacht
  5. 5. Aus Mut Gewirkt
  6. 6. Im Fluss Die Flammen
  7. 7. Traumestraum
  8. 8. Blume Der Stille

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