laut.de-Kritik

Handarbeit und Programming im Gleichgewicht.

Review von

Interessant konstruierte Beats, clevere Reime, versierter Vortrag? Das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal, das geht nun wirklich nicht. In der Vorweihnachtszeit gelten allerdings andere Regeln. Cyne betätigen sich als Wunscherfüller, ihr "Pretty Dark Things" glänzt und funkelt in vielerlei Hinsicht.

Akin und Cise Star am Mikrofon erweisen sich einmal mehr als würdige Vertreter ihrer Zunft. Ohne sich besonders in Szene zu setzen, dominieren die beiden Rapper. Flüssig und vollkommen unaufgeregt perlen ihre Zeilen über und durch die akustischen Kulissen, die Speck und Enoch an den Reglern vor ihnen ausbreiten.

"The pen's overflowin'": Auch ohne zu wissen, dass das Quartett aus dem sunshine state mit "Pretty Dark Things" in diesem Jahr bereits das zweite Album vorlegt (ihr "Spaceship Utopia" startete hierzulande ärgerlicherweise nahezu unbemerkt), glaubt man das sofort.

Mit Ausnahme gelegentlicher Sticheleien in Richtung kommerz-aufgeschlossenerer Kollegen spart man sich bei Cyne branchenübliche Respektlosigkeiten. Statt dessen nimmt sich die Crew Themen an, die nicht nur an der Oberfläche kratzen. Dafür bedarf es, siehe "Never Forget Pluto", oft kaum länger als einer Minute.

"The Dance" mit über vier Minuten Spielzeit bildet die Ausnahme. Die knackige Kürze der Mehrzahl der Tracks wirkt zwar gelegentlich geradezu empörend, gerät insgesamt aber höchst erfrischend. Statt eine Idee bis zum Erbrechen und weit darüber hinaus auszunudeln, hören Cyne auf, wenn alles gesagt wurde. Dann ist es gleichzeitig oft am schönsten.

Daran trägt nicht zu geringem Teil die fantastische Instrumentierung Schuld. Von Beginn an beherrschen exzellent gespielte Drums, an denen selbst ein ?uestlove Gefallen finden dürfte, das Bild. Gitarren, eine gedämpfte Trompete, Rhodes und Percussioneinlagen, die aus dem Afrofunk-Fundus Fela Kutis stammen könnten, treffen auf Stimm- und andere Samples, Chilloutlounge-taugliche Synthieflächen und allerlei Geräusch-Spielereien.

Von reduzierter Schlichtheit, wie sie in "Calor" zelebriert wird, spannt sich der Bogen bis hin zu den vielschichtig angelegten "Prototypes". Der geradezu beschwingte Soul-Touch in "Fuzzy Logic" wirkt ausgesprochen freundlich. Das bewahrt aber noch lange nicht vor der direkt im Anschluss wieder um sich greifenden Melancholie ("Never Forget Pluto").

Handarbeit und Programming, organisch Gewachsenes und Technik halten sich dabei ebenso fein austariert die Waage wie Inhalt und Groove. Der alte Irrglaube, Hip Hop bilde das Betätigungsfeld für alle, die mit "richtigen Instrumenten" nicht klarkommen, schwankt angesichts der gebotenen Leistung wie einige Mitarbeiter auf dem Heimweg von der Weihnachtsfeier: erheblich.

Trackliste

  1. 1. Just Say No
  2. 2. Runaway
  3. 3. Calor
  4. 4. Escape
  5. 5. Money Parade
  6. 6. Pretty Black Future
  7. 7. Elephant Rome
  8. 8. The Dance
  9. 9. Opera
  10. 10. Prototypes
  11. 11. Fuzzy Logic
  12. 12. Never Forget Pluto
  13. 13. Pianos On Fire
  14. 14. Radiant Cool Boy
  15. 15. Excite Me
  16. 16. Scattered

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2 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    ist auch an mir gänzlich vorbeigegangen das album. wie himself schon sagt, ist ja erst vor kurzem starship utopia erschienen. aber gut zu wissen, wird natürlich gleich mal probegehört. hab hohe erwartungen!

  • Vor 15 Jahren

    allerdings, ja.

    ich wusste davon, hab's auch schon mal angehört. aber wirklich nur an-gehört. sind im moment noch nicht viele tracks hängengeblieben, außer elephant rome, welches auch dermaßen stark ist.
    naja, cyne alben lohnen immer. irgendwo in dem bereich von unglaublich perfekt bis weniger unglaublich, trotzdem perfekt.
    so gesehen kann man nichts falsch machen.