laut.de-Kritik

Nachsitzen in der Frankfurter Schule.

Review von

Bereits zu Zeiten von "Deutsches Demotape" galt Credibil als vielversprechender Upcoming-Artist. Flow, Inhalt und Klang: wie aus einem Guss. Das Warten auf neue Veröffentlichungen zog sich zwar zuweilen wie bei MoTrip, letzten Endes lieferte der Frankfurter jedoch immer ab. Gerade sein Konzept- und Debütalbum "Renaissance" überzeugte mit tiefgründigen, politischen und philosphischen Ansätzen. Die Freude aufs neue Album war entsprechend hoch.

Die ersten Einblicke ließen jedoch Zweifel aufkommen. Ein Liebeslied wie "Wenn Du Willst" als Leadsingle ins Rennen zu schicken? Mutig. Auch das eingängigere "Vallah" erinnert ebenfalls nur dank des Namens, der vor dem Track steht, an den Frankfurter. Gleichzeitig erweist sich das Stück nach mehrmaligem Hören durchaus als Ohwurm. "Engin" und "Was Du Nicht Siehst" (mit MoTrip) sind dagegen inhaltlich dicht gestaltet und transportieren genau den Flavour, der Credibil seine Vorschusslorbeeren bescherte. Die Zuversicht kehrte zurück. Berechtigterweise.

Wenn jemand aus Frankfurt kommt und die Fahne für Hessen hochhält, liegt eine Zusammenarbeit mit Vega und Moses Pelham vielleicht nicht direkt auf der Hand, ganz abwegig erscheint sie allerdings nicht. Insbesondere, wenn es diese Konstellation bereits auf "V" von Vega zu hören gab. Sie erfährt eine Neuauflage auf "Frankfurter Schule", in dem die drei erklären, weshalb man vor Ort "Liebe in die Zeilen packt und dich trotzdem tötet, Nutte". Auf einer Produktion der Cratez rücken zwar die Rauheit und Kälte der Stadt in den Vordergrund, die Verbundenheit zur Heimat hört man trotzdem heraus.

Vor allem, da sie ein wiederkehrendes Motiv in den Texten darstellt. Auf "Bahnhof" thematisiert Credibil erneut einige der Schattenseiten der Stadt der Europäischen Zentralbank. Er widmet den Song dem Bahnhofsviertel von der Taunusstraße hin zur Münchener Straße. Die Höhen und Tiefen, die er und andere Menschen dort durchlaufen beziehungsweise durchliefen, bilden die Grundlage für Metaphern wie "Jeder Zug ist abgefahren, ich trage den Bahnhof im Herz".

Sozialkritisch und weniger lokalpatriotisch gibt sich Credibil auf "Solang Sich's Dreht". Er äußert darin unter anderem Kritik an dem heutzutage fast omnipräsenten Gefühl, permanent erreichbar sein zu müssen. Darüber hinaus geht es um den Egoismus des Menschen oder auch um Fremdenhass. Der Song drückt den Wunsch aus, den Kopf gelegentlich in den Flugmodus zu schalten und all das Leid und die Sorgen auf der Welt zu vergessen. Zumindest bis zur letzten Strophe. Dort ruft Credibil den Hörer dazu auf, zu handeln, und appelliert an jeden, das Gemeinwohl über das Wohl des Einzelnen zu setzen. Das Ganze verpackt er in ein luftiges Instrumental von Moses Pelham und Martin Haas.

Dass Credibil Werte wie Loyalität großschreibt, zeigt der eingangs bereits erwähnte Song "Engin". Hier inszeniert sich Credibil als eine letzte, uneinnehmbare Bastion für (s)einen Bruder. Das mag an sich nicht neu sein, ist mit seinem ruhigen Touch aber allemal gelungen. Ansonsten sind noch der Part von MoTrip auf "Was Du Nicht Siehst" und der dazugehörige Beat der Cratez erwähnenswert. Der Part, weil er dem entspricht, was sich die meisten wahrscheinlich von "Mohamed Ali" erhofft hatten, und der Beat, weil er einer der besten des Albums ist.

Neben "Vallah" stehen mit "Fantasy" und "Zero Zero" zwei weitere eher minimalistische Songs. Sie trüben das Gesamtbild nicht nachhaltig, gehören aber auch nicht zu den Highlights.

Ein Semikolon drückt einen höheren Grad der Abgrenzung als ein Komma und einen geringeren Grad der Abgrenzung als ein Punkt aus. Insofern erscheint der Titel des Albums gut gewählt, und im Grunde hält er, was er verspricht: "Semikolon" kennzeichnet seine Experimentierfreude. Zum einen erweitert Credibil sein Repertoire klanglich, zum anderen probiert er unterschiedliche Herangehensweisen aus, um Inhalte zu kommunizieren. So passt er seinen Sound an zeitgenössische Entwicklungen an, ohne Individualität einzubüßen.

Trackliste

  1. 1. Semikolon
  2. 2. Hallo
  3. 3. Vallah
  4. 4. Frankfurter Schule (feat. Vega & Moses Pelham)
  5. 5. Fantasy (feat. PA Sports)
  6. 6. Glaub An Dich (feat. KD Supier & Puls)
  7. 7. Vay Vay
  8. 8. Engin
  9. 9. Was Du Nicht Siehst (feat. MoTrip)
  10. 10. Zero Zero
  11. 11. Bahnhof
  12. 12. Solang Sich's Dreht
  13. 13. Step By Step
  14. 14. Wenn Du Willst

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